Erfurt, 15.5.2003, 'Bleiberecht für Flüchtlinge', Protest anläßlich der InnenministerkonferenzBilder

Protest gegen die Politik der Abschiebung

Presseinformation vom 14.5.2003 von 'The VOICE Refugee Forum Jena - Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen in Thüringen' zur Innenministerkonferenz (IMK) vom 13.5. - 15.5.2003 in Erfurt

Wir, die Flüchtlinge der Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen, protestieren gegen die Politik der Abschiebung, sozialen Ausgrenzung und Isolation in Gemeinschaftsunterkünften gegen den Willen von Flüchtlingen in Deutschland.

Wir treten für Bewegungsfreiheit und das Recht in Deutschland ohne rassistische Übergriffe und Unterdrückung der Flüchtlinge und MigrantInnen leben zu können, ein.

Wir unterstützen die Protestaktionen am 15. Mai in Erfurt, und wollen dort gegen die Abschiebungen protestieren. Ab 12.00 Uhr gibt es in der Nähe der IMK eine Kundgebung von ProAsyl und Flüchtlingsräten.

Seit der Gründung der „THE VOICE „Africa" Refugee Forum im Oktober 1994 in Thüringen wurden ca. 400.000 diskriminierende Abschiebungen vom deutschen Innenministerium ohne humanitäre Abwägung durchgeführt.

Die Mehrzahl der Abschiebungen betraf vor allem die MigrantInnen und Flüchtlinge aus Osteuropa und deren Nachbarstaaten, welche fähig waren, sehr einfach nach Deutschland zu kommen und welche auch in großer Anzahl hier leben.

Die Isolation in den Camps, die Deportation und der soziale Ausschluss aus der deutschen Gesellschaft wird vor allem durch die Brutalität der Polizei, der Ausländerbehörden, die gegen Flüchtlinge und MigrantInnen sind und die rassistischen Kontrollen innerhalb und außerhalb der Grenzen realisiert.

Diese Politik der „Deutsch-nationalen Demokratie" basiert auf Diskriminierung und Assimilation der MigrantInnen, ist undemokratisch und verletzt alle Standards eines zivilisierten Landes, dass die höchste Abschiebezahlen in Europa und der Welt hat und Abschiebegefängnisse and Internierungslager (Ausreisezentren) betreibt.

Hunderte von Opfern wurden von der deutschen Polizei ermordet und getötet, ohne dass der Staat oder die Öffentlichkeit sich darüber beschwert haben. Deutschland ist nur ein Land in Europa, welches Asylbewerber mit seiner Appartheit einschränkt. Zum Beispielt muss ein Flüchtling wegen der Residenzpflicht in seinem Landkreis bleiben, wenn er keine Erlaubnis seiner örtlichen Ausländerbehörde hat.

Wir wollen diie deutschen Nationalisten und die Öffentlichkeit daran erinnern, dass Flüchtlinge und MigrantInnen Menschen sind, und dass jeder Versuch, sie zu inhumanen Wesen zu degradieren, jeder menschlichen Entwicklung und Solidarität in der deutschen Gesellschaft entegegensteht.

Wir bitten um Unterstützung durch die fortschrittlich denkenden Menschen in Deutschland und weltweit, die MigrantInnen und Flüchtlinge vor Unterdrückung zu schützen und fordern den Respekt vor der universellen Menschenwürde.

Wir dehnen unsere Solidarität auf alle Flüchtlinge und MigrantInnen aus, die sich vor der Abschiebung schützen wollen, speziell die Osteuropäischen MigrantInnen von Jugoslawien, dem Kosovo und Roma sowie Flüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan.

Wir unterstützen den Ruf des Flüchtlingsrats in Thüringen und den PRO-Asyl Menschenrechtsorganisationen für deren Forderung, dass alle Flüchtlinge ohne Drohung von Abschiebung in Deutschland bleiben dürfen.

Donnerstag, 15.5.03
Ab 12 Uhr Kundgebung am Wenigenmarkt
Anschließend (ca. 13.30 Uhr) Demonstration
Gegen 15 Uhr Abschlusskundgebung auf dem Fischmarkt

In der Solidarität mit den Protesten!
Stoppt die Abschiebungen!

Quelle: http://www.basicrights.de/


Radikalisierung der Abschiebungspolitik

Presseerklärung von Pro Asyl vom 12.5.2003 zur Innenministerkonferenz in Erfurt

PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte fordern ein Bleiberecht für Flüchtlinge

Im Vorfeld der Innenministerkonferenz am 14. und 15. Mai 2003 in Erfurt zeichnet sich eine radikalisierte Abschiebungspolitik ab. Auf der Tagesordnung stehen Rückführungskonzeptionen und Abschiebungspläne für Flüchtlinge aus Afghanistan und Jugoslawien. Einige Bundesländer wollen bereits jetzt die Abschiebung in den von den Folgen von Diktatur, Embargo und Krieg ausgebluteten Irak zum Thema machen.

Die Realität in den Staaten, in die rückgeführt und abgeschoben werden soll, interessiert offenbar nicht. So will die Innenministerkonferenz das Bundesinnenministerium auffordern, gegen bestehende Widerstände internationaler Organisationen so bald wie möglich Roma in das Kosovo und afghanische Flüchtlinge nach Afghanistan abzuschieben. Die Sicherheitslage für Roma im Kosovo ist nach übereinstimmenden Berichten von Menschenrechtsorganisationen weiterhin problematisch. Die Perspektive wäre für die Abgeschobenen ein Leben im militärisch kaum zu schützenden Ghetto.

Der Versuch, Afghanen in absehbarer Zeit nach Afghanistan abzuschieben, beruht auf kompletter Realitätsverweigerung der Innenminister. Den Medien wie den Berichten des UN-Sonder-berichterstatters Lakhdar Brahimi lässt sich entnehmen, dass nicht einmal der Großraum Kabul sicher ist. Der „Afghanistan-Kenner“ Volker Bouffier dagegen schwadroniert in seiner Funktion als hessischer Innenminister, dass dort niemand gefährdet sei, weil er afghanischer Staatsbürger ist. Seiner Meinung nach müsste eine Rückführung ab 1. Juli machbar sein.

Viele der zur Abschiebung anstehenden Flüchtlinge leben seit vielen Jahren in Deutschland und sind weitgehend integriert. Ihre Kinder sind hier geboren und aufgewachsen. Auch auf diesen Aspekt wollen die Innenminister keine Rücksicht nehmen.

Wie verlautet, soll das einzige Kriterium, das auf Vorschlag einzelner Bundesländer afghanische Staatsangehörige vor der Abschiebung bewahren soll, in wirtschaftlichen Interessen liegen. Ein Bleiberecht könnte demnach erhalten, wer im Sinne deutscher Unternehmer nützlich ist.

Die Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL kritisieren seit Jahren die Ignoranz der Innenpolitiker gegenüber den menschlichen Härten, die durch die Abschiebungspraxis verursacht werden. Gemeinsam mit Selbstorganisationen der Flüchtlinge, den Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und anderen Organisationen fordern sie ein Bleiberecht. Mit vielfältigen Aktivitäten in den Bundesländern wird auf die Lebenssituation der von Abschiebung betroffenen Menschen hingewiesen und eine politische Lösung vorgeschlagen.

Quelle: http://www.proasyl.de/


Abschied von einer seriösen Politik

Presseerklärung von Pro Asyl vom 15.5.2003 zur Innenministerkonferenz in Erfurt

Mit ihren heutigen Beschlüssen verabschieden sich die Innenminister von einer seriösen Politik. Sie nehmen weder die Realität vor Ort noch die internationale Diskussion zur Kenntnis.

Zu Afghanistan:
Die Innenminister haben vereinbart: „Die Länder bringen ihre Erwartung zum Ausdruck, dass möglichst bald mit der Rückführung begonnen wird.“ Diese Vorstellung der Innenminister steht im Gegensatz zur Diskussion im UN-Sicherheitsrat, wo letzte Woche der Sondergesandte für Afghanistan vor einer ernsten Bedrohung des Stabilisierungsprozesses gewarnt hatte. Dies gelte nicht nur für die Provinzen, sondern auch für die Hauptstadt. Die Bedrohung von Zivilpersonen sei an der Tagesordnung. Täglich komme es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Zum Kosovo:
Die Innenminister drängen auf eine „Erweiterung der Rückführungsmöglichkeiten“. Auch dies geht an der Realität vor Ort vorbei. Die Sicherheitslage von Minderheiten im Kosovo ist nach übereinstimmenden Berichten von Menschenrechtsorganisationen äußerst prekär. Zu Recht wurden bisher Roma und Serben von Abschiebungen explizit ausgenommen. PRO ASYL befürchtet, dass die Innenminister mit ihren Beschlüssen auch Abschiebungen von Roma und Serben vorbereiten wollen.

PRO ASYL appelliert an Kirchen, Wohlfahrtsverbände und Beratungsstellen die Aufklärungsarbeit bei Flüchtlingen insbesondere aus dem Kosovo und Afghanistan zu verstärken. Es muss dem psychologischen Druck der Innenminister entgegengewirkt werden, die ihre Beschlüsse in der Absicht fassen, Flüchtlinge psychologisch so zu verunsichern, dass sie ungeachtet der Gefahrensituation vor Ort ausreisen. Trotz der Verweigerung der Innenminister bleibt eine großzügige Bleiberechtsregelung, die der erfolgten Integration der Betroffenen und der Situation in den Herkunftsländern Rechnung trägt, auf der politischen Tagesordnung.

Quelle: http://www.proasyl.de/


"Wichtige Beschlüsse"

Auszug aus der Presseinformation des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen zur 172. Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK), Frühjahrstagung in Erfurt

Die Innenminister und -senatoren der Länder haben unter Vorsitz des Thüringer Innenministers Andreas Trautvetter am 14. und 15. Mai 2003 in Erfurt ihre Frühjahrstagung durchgeführt. Zu den Teilnehmern der Konferenz gehörten der Bundesminister des Innern als regelmäßiger Gast der IMK, die Ressortchefs und Staatssekretäre sowie 160 Delegationsmitglieder aus den 16 Ländern. Über die aktuelle politische Lage diskutierte die Ministerrunde auch mit dem Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel.

Schwerpunkte der Frühjahrskonferenz, bei der Thüringen erstmals den Vorsitz der IMK inne hat, bildeten Fragen der Rückführung von Flüchtlingen aus dem Irak, aus Afghanistan und dem Kosovo, der kommunalen Wasserwirtschaft, Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sowie Themen der inneren Sicherheit wie beispielsweise die Einführung des Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS).

Mit den erreichten Ergebnissen der Frühjahrstagung zeigte sich der IMK-Vorsitzende Andreas Trautvetter zufrieden. Trautvetter erklärte zum Abschluss der Konferenz: „Wir haben heute in Erfurt effiziente Ergebnisse erzielt und viele wichtige Beschlüsse gefasst. Das macht diese Innenministerkonferenz erfolgreich.“

Rückkehr irakischer Staatsangehöriger

Die Innenminister- und senatoren der Länder nehmen die Berichterstattung des Bundesministers des Innern über die aktuelle Lage im Irak zur Kenntnis. Die Innenminister und -senatoren der Länder und der Bundesminister des Innern sprechen sich dafür aus, dass irakischen Flüchtlingen möglichst vor Ort oder in Nachbarregionen geholfen wird, weil auf diese Weise mit den eingesetzten Mitteln eine raschere und effizientere Hilfe gewährleistet werden kann. Sie unterstützen die Anstrengungen der Übergangsverwaltung und der internationalen Staatengemeinschaft zum Wiederaufbau des Irak und der Errichtung einer demokratischen staatlichen Ordnung. Sie rufen die in Deutschland lebenden irakischen Staatsangehörigen auf, sich daran aktiv zu beteiligen, indem sie ihr Wissen und Können den Menschen in ihrer Heimat zur Verfügung stellen. Bund und Länder prüfen, ob die freiwillige Rückkehr irakischer Staatsangehöriger nach den bestehenden Programmen verstärkt gefördert werden kann.

Die Innenminister und -senatoren der Länder stellen fest, dass angesichts der gegenwärtigen Lage im Irak und des Fehlens von Flugverbindungen eine zwangsweise Rückführung ausreisepflichtiger irakischer Staatsangehöriger derzeit noch nicht in Betracht kommt. Sie bitten den Bund, die Länder über die weitere Entwicklung der Lage zu unterrichten, damit die Ausländerreferenten des Bundes und der Länder rechtzeitig ein abgestimmtes Konzept zur Rückführung ausreisepflichtiger irakischer Staatsangehöriger vorlegen können, sobald eine zwangsweise Rückführung möglich ist.

Rückführung von Flüchtlingen Afghanistan

Die Innenminister und -senatoren der Länder und der Bundesminister des Innern nehmen von Bund und Ländern vorgelegten Bericht einschließlich der „Abgestimmten Grundsätze für die Rückführung von ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen“ zur Kenntnis. Sie verständigen sich in Übereinstimmung damit auf folgende Grundsätze für die Rückführung:

In Abhängigkeit von den Rückführungsmöglichkeiten sollen mit Vorrang zurückgeführt werden:
  • Afghanische Staatsangehörige, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen Straftat verurteilt wurden, wobei Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen außer Betracht bleiben können,
  • Personen, bei denen sonstige Hinweise für eine die innere Sicherheit gefährdende Betätigung bestehen, wenn die Sicherheitsbedenken von dem Betroffenen nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist ausgeräumt werden. Von einem Klärungsbedarf ist insbesondere auszugehen, wenn es Anhaltspunkte für Kontakte zu extremistischen Organisationen gibt, insbesondere solche, die in den Verfassungsschutzberichten aufgeführt sind. Insoweit kann auch auf das Vorbringen im Asylverfahren abgestellt werden. Im Übrigen können die Ausländerbehörden bei den Rückführungsentscheidungen als mögliche Gesichtspunkte berücksichtigen:
  • die Dauer des bisherigen Aufenthaltes dahingehend, dass diejenigen, die zuletzt eingereist sind, wegen der im Vergleich zu anderen geringeren Eingliederung und Verfestigung des Aufenthaltes auch zuerst wieder zurückgeführt werden,
  • der Familienstand mit der Maßgabe, dass alleinstehende Erwachsene, Ehepaare ohne Kinder und Erwachsene deren Kinder und/oder Ehepartner in Afghanistan leben, grundsätzlich vor Familien mit Kindern zurückgeführt werden,
  • Arbeitslose und Empfänger von Sozialleistungen grundsätzlich vor berufstätigen Personen, die in einem bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnis sind. Zukünftig beabsichtigte Beschäftigungsverhältnisse führen nicht zu einer Zurückstellung von Rückführungsmaßnahmen.
  • die vorübergehende Aussetzung der Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung bei Schülern und Auszubildenden im Einzelfall nach Ermessen, sofern sich der Schüler oder Auszubildende bereits im letzten Schul- bzw. Ausbildungsjahr befindet oder wenn ein sonstiges Schuljahr nur noch wenige Wochen dauert. Bei den Ermessenserwägungen ist zu berücksichtigen, ob der Lebensunterhalt des Ausländers gesichert ist. Ein Anspruch anderer Familienmitglieder auf Duldung ihres Aufenthaltes kann hieraus nicht abgeleitet werden.
Über die Einleitung von Widerrufverfahren entscheidet das Bundesamt prioritär bei Straftätern und den Personen, zu denen die Ausländerbehörden dem Bundesamt das Vorliegen von Ausweisungsgründen oder - auch unter Zugrundelegung des eigenen Asylvorbringens - das Vorliegen nicht ausgeräumter Sicherheitsbedenken mitgeteilt haben.

Den zur Rückkehr verpflichteten afghanischen Staatsangehörigen soll regelmäßig eine angemessene Frist eingeräumt werden, innerhalb derer sie ihre freiwillige Ausreise vorbereiten und ggf. unter Inanspruchnahme vorhandener Möglichkeiten der Rückkehrberatung, -förderung oder sonstiger rückkehrbegleitender Maßnahmen organisieren und durchführen können.

Die Innenminister und -senatoren der Länder und der Bundesminister des Innern entscheiden über den Zeitpunkt des Beginns der Rückführungen ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger und den Zeitpunkt der Anwendung des Rückführungskonzepts, sobald die Lage vor Ort Rückführungen zulässt. Die Länder bringen ihre Erwartung zum Ausdruck, dass möglichst bald mit der Rückführung begonnen wird.

Rückführung von Minderheiten in das Kosovo

Die Innenministerkonferenz wiederholt, dass ein dauerhaftes Bleiberecht für die Minderheiten aus dem Kosovo ausgeschlossen ist. Die Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern appellieren an die Betroffenen, freiwillig zurückzukehren. Die freiwillige Rückkehr hat Vorrang vor zwangsweisen Rückführungen und wird im Rahmen der bestehenden Rückkehrförderungsprogramme von Bund und Ländern unterstützt. Die IMK bittet das Bundesministerium des Innern, mit der Mission der Vereinten Nationen zur Übergangsverwaltung des Kosovo (UNMIK) rechtzeitig die Fortsetzung und Erweiterung der Rückführungsmöglichkeiten zu vereinbaren. Die Länder verlängern Duldungen von ausreisepflichtigen Minderheitenangehörigen nur noch so lange, bis im Einzelfall die Rückführung möglich ist.

Verweigerte Mitwirkung von Ausländern bei ärztlichen Begutachtungen im Zusammenhang mit Rückführungsmaßnahmen

Die IMK stellt fest, dass es allgemein geltenden Rechtsgrundsätzen entspricht, eine Weigerung des Betroffenen, bei der Feststellung relevanter Umstände, auf die er sich beruft, mitzuwirken, zu dessen Lasten zu werten. Dies gilt auch für ärztliche Untersuchungen zur Abklärung von Vollzugshindernissen im Rahmen ausländerrechtlicher Maßnahmen, insbesondere von Feststellungen zur (Flug-) Reisetauglichkeit bei Rückführungen ausreisepflichtiger Ausländer. Mit Rücksicht auf die in Rede stehenden hohen Schutzgüter von Gesundheit und Leben und im Hinblick auf die aufgetretenen Vollzugsprobleme ist eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich. Hinsichtlich der ärztlichen Untersuchungen bittet die IMK, eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Leitung des Vorsitzlandes und unter Beteiligung des BMI bis zur nächsten IMK zu prüfen, ob bei fehlender Mitwirkungsbereitschaft, ggf. erst nach einem nochmaligen Hinweis auf die drohenden Rechtsfolgen und nicht bei evidenter Gefährdungslage, die Reisefähigkeit unterstellt werden kann.

Quelle: http://www.im.nrw.de/


Besser schnüffeln, aber wie?

Artikel von Ulla Jelpke in 'junge Welt' vom 15.5.2003

Erfurt: Innenminister beraten über Abschiebungen und Konsequenzen aus gescheitertem NPD-Verbot

Seit Mittwoch beraten in Erfurt die Innenminister von Bund und Ländern. Auf der zweitägigen Konferenz sind von den Ressortchefs 40 Tagesordnungspunkte abzuarbeiten. Im Mittelpunkt stehen Rückführungskonzeptionen und Abschiebepläne für in Deutschland lebende Flüchtlinge aus Ländern, die sich aktuell im Krieg befinden oder deren Folgekrisen zu bewältigen haben. Zudem haben sich die Minister vorgenommen, die Arbeit der Verfassungschutzbehörden und deren V- Leute nach den Pannen des NPD-Verbotsverfahrens zukünftig besser zu koordinieren.

Zur Abschiebung von Flüchtlingen lagen der Innenministerkonferenz (IMK) Anträge vor, schärfere Maßnahmen gegen jene zu beschließen, die keine Paßersatzpapiere haben. Rigoroser soll auch die Datenerhebung bei Flüchtlingen, die aus »sicherheitsgefährdenen Ländern« kommen, erfolgen. Auf Initiative einiger Bundesländer, beispielsweise Hessen, sollen Rückführungsabkommen möglichst zügig mit Ländern wie Afghanistan, Irak und dem ehemaligen Jugoslawien beschlossen werden. Schon während der Kriege in diesen Ländern zeigten die deutschen Innenpolitiker und Behörden wenig Neigung, bedrohte Menschen aufzunehmen. Bekanntlich stieg die Ablehnungsquote von Flüchtlingen aus dem Irak kurz vor Kriegsbeginn auf 80 Prozent. Frauen aus Afghanistan erhielten während des Krieges ihre Ausreiseverpflichtung. Laut Pro Asyl hatte der UN-Sonderberichterstatter Lakhdar Brahimi berichtet, daß nicht einmal der Großraum Kabul sicher ist.

Erneut steht auch die Abschiebung von Roma in den Kosovo auf der Tagesordnung, obwohl sich zahlreiche Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen für ein Bleiberecht engagiert hatten (jW berichtete).

Mit Spannung darf erwartet werden, was die IMK zur zukünftigen Arbeit der Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern vereinbart. Bislang hatte sich das Bundesinnenministerium sogar geweigert, im Innenausschuß des Bundestages nach den V-Leute-Skandalen im NPD-Verbotsverfahren neue Richtlinien zur Arbeit mit den Informanten vorzulegen. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau sollen die Verfassungsschutzämter nicht mehr »eifersüchtig« und in Konkurrenz zueinander agieren. Genau soll aufgelistet werden, in welchen neofaschistischen Organisationen wie viele V-Leute tätig sind, um dann zu entscheiden, mit welchen Kräften im einzelnen die Schnüffeltätigkeit fortgesetzt wird. Innerhalb der NPD soll jeder vierte in den Führungsetagen V-Mann sein. Gewonnene Informationen sollen künftig ausgetauscht werden. Berlins Innensenator Ehrhart Körting schlug vor, »die Länder sollten sich auf Probleme beschränken, die bei ihnen virulent sind«.Das »Überwölbende« solle der Bund beobachten. Bundesinnenminister Otto Schily lehnt allerdings eine Zentralisierung der rund 30 Schnüffelbehörden ab. Der Grünen-Politiker Volker Beck möchte am liebsten eine Stelle einrichten, die alle V-Leute registriert: »Wenn man keine organisatorische Verschmelzung vorsieht, muß man mindestens dazu übergehen, daß man eine zentrale Kartei führt« sagte er gegenüber AFP. Dennoch ist eher zu erwarten, daß alles beim alten bleibt. Denn was jetzt gefordert wird, wurde Bundesverfassungsrichtern verweigert und hat zum Scheitern des NPD-Verbots geführt.

Quelle: http://www.jungewelt.de/


Gegen Abschiebung

Artikel von Stefan Wogawa in 'junge Welt' vom 16.5.2003

Proteste von Flüchtlingsgruppen in Erfurt

Im Rahmen der Initiative »Hierbleiben - Recht auf Bleiberecht« protestierten am Donnerstag Mitglieder von Flüchtlingsräten, ProAsyl und von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge anläßlich der Innenministerkonferenz der Länder und des Bundes (IMK) in Erfurt. Mit einer »Menschenkette für Bleiberecht« und einer Demonstration wandten sie sich gegen die »inhumane Abschiebepraxis«. Viele der von Abschiebung bedrohten Flüchtlinge lebten seit Jahren in Deutschland und seien weitgehend integriert, ihre Kinder hier geboren und aufgewachsen, erklärte der Flüchtlingsrat Thüringen.

Quelle: http://www.jungewelt.de/


"Freiwillige Rückkehr vor Abschiebung"

Artikel in 'junge Welt' vom 17.5.2003

Innenminister sind sich einig: Kein Bleiberecht für Flüchtlinge und Einsatz der Bundeswehr im Innern

Die Innenminister der Bundesländer haben sich auf der am Donnerstag abend zu Ende gegangenen Innenministerkonferenz in Erfurt einhellig für den Einsatz der Bundeswehr im Innern ausgesprochen. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) erklärte nach Abschluß der zweitägigen Frühjahrskonferenz, die Bundeswehr müsse bei der Gefahrenabwehr eingesetzt werden können, wenn die Möglichkeiten der Polizei ausgeschöpft seien. Strittig ist jedoch weiterhin, auf welcher Grundlage dies geschehen soll. Während die Union auf eine entsprechende Grundgesetzänderung pocht, erachten die SPD-regierten Länder ein solches Vorgehen für nicht notwendig. Nach Aussage des nordrhein-westfälischen Innenministers Fritz Behrens (SPD) ist der Einsatz der Truppe im Landesinneren bereits auf Grundlage der Verfassung möglich. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat in Erfurt zugesagt, in überschaubarer Zeit Vorschläge für Bundeswehreinsätze zur »Gefahrenabwehr im Innern« zu unterbreiten.

Einigkeit herrschte unter den Konferenzteilnehmern darüber, daß Flüchtlinge auch in Zukunft nur begrenzte Aufnahme in Deutschland erwarten dürfen. Schily bekräftigte, daß den Betroffenen laut Grundgesetz nur ein »vorübergehender Schutz« zusteht. Mit Blick auf die »instabile Lage« in Irak und Afghanistan halten die Innenminister eine Abschiebung allerdings noch für verfrüht. Dennoch verständigte man sich darauf, afghanische Flüchtlinge »mit Vorrang« loswerden zu wollen, die straffällig geworden sind oder durch ihr Verhalten die »innere Sicherheit gefährden«. Beckstein forderte, in überschaubarer Zeit die zwangsweise Rückführung einzuleiten, da eine freiwillige nicht möglich sei. Einhellig abgelehnt wurde seitens der Innenminister auch ein dauerhaftes Bleiberecht für in Deutschland lebende Minderheiten aus dem Kosovo. Die Ressortchefs appellierten an die Betroffenen, freiwillig zurückzukehren. Freiwillige Rückkehr habe Vorrang vor einer zwangsweisen Rückführung, hieß es.

Konsens zwischen den Innenministern herrscht auch darüber, die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Verfassungsschutzämter zu verbessern und ein digitales Funknetz für die Polizei aufzubauen. In der Frage nach der Finanzierung des digitalen Polizeifunks konnte hingegen keine Annährung zwischen Bund und Ländern erzielt werden. Bislang ist der Bund bereit, zehn Prozent der Kosten zu übernehmen, während die Länder einen größeren Zuschuß fordern.

Quelle: http://www.jungewelt.de/


Links

Pro Asyl
The VOICE Refugee Forum Jena - Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen in Thüringen