Nürnberg, 14.5.2004, Siemens-Betriebsrätetagung anläßlich der drohenden Vernichtung und Verlagerung von bundesweit 74.000 ArbeitsplätzenBilder

Reine Profitgier

Einschätzung auf der Anti-Offshoring-Seite der IG Metall, 23.4.2004

Den "systematischen Rückzug aus Deutschland" plant Siemens nach Einschätzung von Gesamtbetriebsrat und Betriebsräten des Unternehmens. Am Rande einer Tagung der Arbeitnehmervertreter fand heute in Erlangen eine Protestkundgebung gegen die aktuellen Pläne des Unternehmens statt (siehe "Bildergalerie"), bei der die Siemens Betriebsräte im wesentlichen die Einschätzung bestätigten, die der GBR bereits am ersten April in einem entsprechenden Positionspapier veröffentlich hatte (siehe "Download"): In letzter Konsequenz ist demnach der Standort Deutschland für Siemens komplett in Frage gestellt, die derzeit von Unternehmensseite offiziell bekanntgegebenen Zahlen stellen nur den Anfang einer massiven Abwanderung dar.

GBR-Vorsitzender Ralf Heckmann kündigte in bei der Kundgebung harten Widerstand gegen diese Pläne an, die er als Programm zur Arbeitsplatzvernichtung bezeichnete, hinter dem "die reine Profitgier" stehe. Es bedeute eine existenzielle Bedrohung nicht nur für den Großteil der Beschäftigten, sondern für den gesamten Industriestandort Deutschland. Heckmann forderte auch die Politik zum Eingreifen auf, da die Arbeitnehmer durch die Globalisierung erpressbar geworden seien und der Personalabbau so eine neue Dimension erhalte.

Der GBR will alle vorgeschlagenen Maßnahmen des Zentralvorstands auch von externen Beratungsfirmen betriebswirtschaftlich prüfen lassen. Die unter der Bezeichnung "Globale Wettbewerbsfähigkeit" offiziell begonnene Siemens-Strategie, Umsatz und Wertschöpfung einander in den jeweiligen Märkten anzugleichen, könnte in Deutschland den Abbau von 74.000 Arbeitsplätzen bedeuten. Im Gegensatz zu ähnlichen, bereits früher durchgeführten Umstrukturierungen betrifft diese Arbeitsverlagerung nun auch höher qualifizierte Jobs in Entwicklung und Verwaltung.

Quelle: http://www.stop-offshoring.de


Deutschland: Drohender Abbau der Belegschaft um 74.000 Mitarbeiter

Positionspapier des Gesamt- und Konzernbetriebsrates der Siemens AG, Erlangen, 22.04.2004

1. Siemens Globalisierungsstrategie gefährdet Standort Deutschland

Die auf der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 31.03.2004 vorgestellten Maßnahmen werden vom Gesamtbetriebsrat und vom Konzernbetriebsrat abgelehnt. Abbau, Konzentration und Verlagerung von Arbeitsplätzen sind die falschen Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung. Der Standort Deutschland wird dadurch nachhaltig geschwächt. Besonders bedenklich ist, dass der Rückzug von Siemens aus Deutschland mit den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht abgeschlossen ist, sondern damit erst eingeläutet wird.

2. Der Rückzug wird systematisch betrieben

Die Siemens AG verfolgt mit dem „Siemens Management System“ (SMS) eine Unternehmensstrategie, in deren Folge gezielt und in großem Umfang Arbeitsplätze von Deutschland in Niedriglohnländer verlagert werden sollen. Es steht ein Personalabbau bevor, der qualitativ und quantitativ eine neue Dimension eröffnet. Diese Strategie ist eine existentielle Bedrohung für einen Großteil der Belegschaft, für zahlreiche Firmenstandorte und für den Industriestandort Deutschland als ganzes.

Zum einen sollen weltweit Umsatz und Wertschöpfung in den jeweiligen Märkten einander angeglichen werden. Für Deutschland impliziert dieses Ziel einen drastischen Personalabbau. In Deutschland beschäftigt Siemens zurzeit 170.000, d.h. 41%, der weltweit 417.000 Mitarbeiter. Dem steht ein Umsatzanteil von 23% gegenüber. Eine konsequente Umsetzung des „Anpassungsziels“ würde für Deutschland einen Abbau der Belegschaft um 74.000 Mitarbeiter bedeuten.

Darüber hinaus verfolgt die Siemens AG das Ziel, die globale Wertschöpfung zu „optimieren“, das heißt, die gesamte Palette der Tätigkeiten, von der Entwicklung und Fertigung bis zu den betriebsinternen Dienstleistungen, so weit wie möglich, auch länderübergreifend, zusammenzufassen und unabhängig von Umsatz und Ergebnis möglichst kostengünstig zu platzieren. Mit diesem Ansatz ist eine noch radikalere Arbeitsverlagerung verbunden. In letzter Konsequenz wird dadurch der Standort Deutschland komplett in Frage gestellt.

Im Rahmen des neuen „Siemens Management System“ (SMS) werden unter dem Stichwort „Globale Wettbewerbsfähigkeit“, folgende Initiativen betrieben:
  • Weltweites Fertigungskonzept
    Mit dem „Weltweiten Fertigungskonzept“ wird das Ziel verfolgt, die Produktion, unabhängig von der Ertragslage, in Niedriglohnländer zu verlagern. Erste konkrete Maßnahmen sind bereits angekündigt, weitere sind zu erwarten. Für Deutschland hat dies die Schließung ganzer Standorte und den Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen zur Folge.
  • Shared Services
    Mit der Initiative „Shared Services“ sollen interne Dienstleistungen aus den Standorten herausgelöst und standortübergreifend zusammengefasst werden. Diese Zusammenfassung ist zunächst mit einer unmittelbaren Arbeitsplatzeinsparung verbunden. Mittelbar droht aber auch hier ein Totalverlust, da die von den Standorten entkoppelten Service Einheiten im nächsten Schritt in Niedriglohnländer verlagert werden können. Die Umsiedlung der Finanzbuchhaltung nach Prag wird kein Einzelfall bleiben.
  • Softwareentwicklungs-Initiative
    Die Kosten für die Software-Entwicklung sollen weltweit um 25% reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll der Anteil der Softwareentwicklung in Niedriglohnländern in etwa verdreifacht werden. Der Softwareentwicklung in den Hochlohnländern, insbesondere in Deutschland, steht ein entsprechender Abbau von Arbeitsplätzen bevor.
3. Der Personalabbau bei Siemens erhält eine neue Dimension
  • Anders als bisher wird das globale Engagement jetzt nicht mehr als Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung in Deutschland propagiert sondern als eigenständiges Ziel, der „Optimierung“ der globalen Wertschöpfung, mit anderen Worten der Profitmaximierung. Weit über die normalen Rationalisierungsmaßnahmen hinaus werden so gezielt und unabhängig von der Ertragslage, in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut, weil durch eine Verlagerung, zumindest kurzfristig, mit einer Kosteneinsparung gerechnet wird.
  • Von der Verlagerung sind nicht nur, wie bisher, Beschäftigte in der Produktion betroffen, sondern Mitarbeiter in allen Tätigkeitsbereichen z.B. auch in Entwicklung und Verwaltung. Bei den Dienstleistungen wird eine Unterscheidung in standortgebundene und standortunabhängige Tätigkeiten eingeführt, wobei die letzteren in größere Einheiten zusammengefasst und verlagert werden sollen.
  • Von der Verlagerung sind nicht nur einfache Tätigkeiten im Niedriglohnbereich betroffen sondern zunehmend auch höher qualifizierte Tätigkeiten. Die gut bezahlten Jobs wandern den schlechter bezahlten hinterher. Die „Greencard“ Diskussion, bei der es darum ging, qualifizierte ausländische Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen, ist damit obsolet. Die Arbeitsplätze sollen jetzt ins Ausland wandern.
4. Siemens will aus dem Sozialkonsens aussteigen

Durch die Globalisierung haben sich die Kräfteverhältnisse in der Sozialpartnerschaft zu ungunsten der Arbeitnehmer verschoben. Die Firmenleitung, die einen ungleich größeren Aktionsradius und wesentlich mehr Handlungsoptionen besitzt als die Arbeitnehmer, versucht, diesen Vorteil auszunutzen um den Abbau sozialer Errungenschaften in Deutschland voranzutreiben. Zur Disposition gestellt werden die hohen deutschen Standards beim Schutz von Arbeitnehmern. Gefordert werden der Ausstieg aus den Flächentarifverträgen und die Abschaffung der Mitbestimmung.

Die Arbeitnehmer in Deutschland werden vor die Alternative gestellt, entweder länger zu arbeiten und auf Einkommen zu verzichten oder ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

5. Die Siemens-Strategie schadet Deutschland

Diese ausschließlich am „Shareholder Value“ orientierte Firmenstrategie und der damit geforderte politische Klimawandel haben für die Arbeitnehmer in Deutschland sowie für die gesamte Republik dramatische Auswirkungen:
  • Es sollen in einem großen Umfang Arbeitnehmer entlassen werden. Angesichts der angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt hat die große Mehrheit von ihnen keine Aussicht, anderweitig Beschäftigung zu finden.
  • Die daraus entstehende Arbeitslosigkeit sprengt die Leistungsfähigkeit der ohnehin überstrapazierten sozialen Sicherungssysteme.
  • Abgesehen von den davon betroffenen menschlichen Schicksalen, verhindert die dadurch erzeugte Nachfrageschwäche eine Belebung der Binnenkonjunktur. Das gleiche gilt für die geforderten Einkommensabschläge.
  • Die Standortverlagerungen haben Steuerausfälle zur Folge, die den Staat bei der Erfüllung seiner ureigensten Aufgaben nachhaltig beeinträchtigen und letztendlich handlungsunfähig machen.
  • Die Konzentration innerhalb Deutschlands verschärft regionale wirtschaftliche Gefälle.
  • Der mit Verlagerung verbundene Abfluss von Know-how schadet dem Standort Deutschland nachhaltig.
  • Die geforderte Arbeitszeitverlängerung erhöht die Arbeitslosigkeit und belastet die öffentlichen Kassen.
  • Insgesamt führt die wirtschaftliche und politische Entwicklung nach dem neuen „Siemens-Modell“ zu einer Verschlechterung des Wohlstands, der sozialen Sicherheit und der Lebensqualität in Deutschland.
6. Siemens wird seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht

Inwieweit dies es an kurzfristigen Ergebnissen orientierte Verhalten unternehmerisch längerfristig sinnvoll ist, sei dahingestellt. Der gesellschaftspolitischen Verantwortung, zu der sich Siemens in seinem Leitbild verbal bekennt, und der im Grundgesetz verankerten Sozialpflichtigkeit des Eigentums wird es jedenfalls nicht gerecht. Es ist nicht in Ordnung, wenn sich ein Unternehmen wie Siemens, das am Standort Deutschland groß geworden ist, das von der hohen Qualifikation und vom Engagement der Arbeitnehmer, vom sozialen Frieden, von der politischen Stabilität und nicht zuletzt auch von öffentlichen Aufträgen und Fördermitteln enorm profitiert hat, jetzt anonymen Kapitalgebern mehr verpflichtet fühlt als den Menschen und dem Staatswesen, dem es seine heutige Position zu verdanken hat.

Unser Forderungen - 11 Punkte zur Sicherung des Standortes Deutschland:

1. Oberste Priorität für Arbeitsplatzsicherung

Die Sicherung bestehender Arbeitsplätze und Standorte muss bei unternehmerischen Entscheidungen Vorrang vor ausschließlic h an kurzfristigem Profit orientierten Überlegungen erhalten. Der Standort Deutschland muss durch aktive Standortpolitik auch von Firmenseite gesichert werden.

2. Die Ent-Industrialisierung Deutschlands muss gestoppt werden

Globales Engagement darf nicht z u einem Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland führen. Für Siemens, wie für alle anderen weltweit operierenden Unternehmen, muss in Deutschland als Mindestanforderung eine ausgeglichene Arbeitsplatzbilanz gelten. D.h. Arbeitsplatzverluste durch Verlagerung müssen durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Land ausgeglichen werden.

3. Keine öffentliche Förderung von Arbeitsplatzverlagerungen

Standortverlagerungen dürfen nicht mit öffentlichen Geldern oder durch Steuervorteile gefördert werden. Für die Vergabe von EU-Fördermitteln an europaweit tätige Firmen soll die Zustimmung der betroffenen europäischen Betriebsräte vorgeschrieben werden.

4. Deutschland als integrierten Standort erhalten

Die Fertigung muss im Land gehalten werden. Die Vision von Deutschland als reinem Dienstleistungs- oder Entwicklungsstandort ist nicht realistisch. Wenn die Fertigung abwandert, wandern die Entwicklung und die anderen dazugehörigen Dienstleistungen hinterher. Das globale Engagement führt so unweigerlich auch zum Abfluss von Know-how.

5. Errungenschaften verteidigen, nicht preisgeben

Unser erreichter Lebensstandard, Errungenschaften bei der sozialen Sicherung, beim Umweltschutz und bei den Arbeitnehmerrechten dürfen nicht einer Globalisierung ohne Spielregeln zum Opfer fallen. Unternehmen und Politik müssen gemeinsam darauf hinwirken, dass die besten Standards und nicht die schlechtesten im globalen Wettbewerb als Zielmarken gesetzt werden. Erreichte Standards müssen notfalls durch Local-Content-Quoten und durch Anti-Dumping Gesetzgebung vor einem ruinösen Wettbewerb gesichert werden.

6. Politische Kriterien für Investitionsentscheidungen

Rückstände bzw. Defizite in punkto Rechtstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte, Umweltschutz und soziale Standards sind fragwürdige Standortvorteile, die nicht durch Investitionsentscheidungen belohnt werden dürfen. Siemens muss sich dazu verpflichten, keine Investitionen in Ländern vorzunehmen, die die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kriterien, wie sie für eine Aufnahme in die EU und in den ILO*-Normen definiert sind, nicht erfüllen.

Die Bundesregierung und die EU werden aufgefordert:
  • Die von der internationalen Arbeitsorganisation ILO* definierten Kernarbeitsnormen zum Bestandteil der weiteren Verhandlungen über die Liberalisierung des Welthandels (WTO und GATS-Abkommen) zu machen.
  • Keine Entwicklungshilfen und Bürgschaften für Länder und Projekte zu gewähren, in bzw. bei denen die ILO* Kernarbeitsnormen nicht eingehalten werden.
* International Labour Organisation

7. Standortentscheidungen langfristig treffen

Es ist unternehmerisch höchst riskant, auf wirtschaftlich oder politisch instabilen Regionen zu setzen. Politische und wirtschaftliche Stabilität – dazu gehört auch eine gesunde Binnennachfrage - sind eine unverzichtbare Grundlage für eine längerfristige Unternehmensentwicklung, die nicht leichtfertig aufgegeben oder gar durch eigenes Handeln aufs Spiel gesetzt werden darf. Ein bewährter und stabiler Heimatstandort darf nicht aufgegeben werden. Ebenso ist bei Spekulation auf Währungsentwicklungen Vorsicht geboten. Was heute vorteilhaft erscheint, kann sich morgen als verhängnisvoller Fehler herausstellen. Die Sicherheit vor Währungsschwankungen im Euro-Raum ist ein wichtiger langfristiger Standortvorteil, der nicht vernachlässigt werden darf.

8. Herausforderungen kreativ bewältigen

Siemens muss einen eigenen Beitrag dazu leisten, die Standortkrise in Deutschland zu überwinden. Abwanderung ist die am wenigsten einfallsreiche Antwort. Zum Wohle der Menschen, die hier leben und arbeiten sind kreativere Lösungen gefragt. Hier bieten sich Herausforderungen bei deren Bewältigung echte Managementqualitäten bewiesen werden können.

Auch das Potential der Mitarbeiter sollte – ganz im Sinne des alten Siemens TOP-Programms – in diesen Prozess viel stärker eingebracht werden. Die Arbeitnehmervertreter stehen für eine Zusammenarbeit in diesem Sinne uneingeschränkt zur Verfügung.

9. Mit Kundennähe und Innovationen Marktanteile gewinnen

Siemens definiert sich nicht durch möglichst billige Produkte, sondern durch Spitzentechnologie und Kundenerfolg. In diesem Sinne müssen Entwicklung und Vertrieb immer noch besser an den Erwartungen der Kunden orientiert werden. So können verloren gegangene Marktanteile zurückerobert werden. Das Engagement in der Forschung und Entwicklung ist weiter voranzutreiben. Der Abfluss von Know-how, der bei dem Drang auf fremde Märkte in Kauf genommen wird, fügt dem Unternehmen langfristig Schaden zu und muss gestoppt werden. Die Kooperation mit den öffentlichen Forschungseinrichtungen und den Bildungsträgern in Deutschland muss vertieft werden. Der Siemens-Bereich Medical Solutions dient hier als gutes Vorbild. An dieser Stelle ist auch die Politik im Bereich Bildung und Forschung gefordert, ihren Beitrag zu leisten.

10. Qualifikation der Mitarbeiter fördern

Die Zurücknahme der Ausbildung ist ein Schritt in die falsche Richtung. Einer qualifizierten Personalentwicklung in Deutschland wird hierdurch die Grundlage entzogen. Die Signalwirkung ist äußerst kontraproduktiv. Es ist ein Fehler, Mitarbeiter nur als Kostenfaktor zu betrachten. Qualifizierte Mitarbeiter sind die Basis jedes unternehmerischen Erfolgs. Nur so können Innovationen und Kundennähe auch in der Praxis stattfinden. Anstatt die Mitarbeiter zu verunsichern, muss das Management den Mitarbeitern eine positive Perspektive aufzeigen und ihnen verstärkt Möglichkeiten zur Weiterqualifikation anbieten.

11. Gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen

Im „Siemens-Leitbild“, in dem die Leitsätze und Werte des Unternehmens formuliert sind, heißt es: „Wir tragen gesellschaftliche Verantwortung – und engagieren uns für eine bessere Welt. Unsere Ideen, Technologien und unser Handeln dienen den Menschen, der Gesellschaft und der Umwelt.“ Weiter wird betont: „(Dieses) Leitbild macht aber nur dann Sinn, wenn wir es täglich leben… Leben wir es vor.“ Ganz in diesem Sinne werden die Verantwortlichen bei Siemens aufgefordert, das Siemens Management System zu überarbeiten und die oben stehenden Forderungen umzusetzen.

Wir handeln:
  • Wir werden jede Standortveränderung kritisch hinterfragen.
  • Wir fordern von der Firmenleitung zu jeder vorgeschlagenen Maßnahme umfassende Auskunft und eine genaue Kostenrechnung.
  • Wir fordern die Firmenleitung auf, Alternativkonzepte zur Schließung und Verlagerung von Betrieben vorzulegen.
  • Wir werden uns dafür einsetzen, dass die ILO (International Labour Organisation) Kernarbeitsnormen als Mindeststandards für Siemens verbindlich in den Siemens Business Conduct Guidelines festgeschrieben und deren Einhaltung regelmäßig überprüft werden.
  • Wir werden innerbetriebliche Öffentlichkeit zu den bevorstehenden Maßnahmen herstellen. Wo Argumente und Appelle nicht mehr weiter helfen, muss von Seiten der Mitarbeiter Druck auf die Firmenleitung erzeugt werden.
  • Wir werden auch eine öffentliche Diskussion führen, da die aktuelle Firmenpolitik gesellschaftliche Auswirkungen weit über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hat.
  • Wir werden uns auch mit den politisch Verantwortlichen in Verbindung setzen, damit auch die notwendigen politischen Schritte unternommen werden, um der Arbeitsplatzverschiebung Einhalt zu gebieten.
Quelle: http://www.igm-bs.de
(abrufbar auf der website der IGM-Vertrauensleute bei Siemens TS Braunschweig)


Will Siemens 74.000 Arbeitsplätze vernichten oder ins Ausland verlagern?

Rote Fahne News, 22.04.2004

Der Gesamtbetriebsrat von Siemens gab gestern in einer Pressemitteilung bekannt gab, dass der Konzernvorstand ein "Arbeitsplatz-Vernichtungsprogramm" plant, das "qualitativ und quantitativ eine neue Dimension eröffnet".

Mit dem sogenannten "Siemens Management System" (SMS) will der Konzern den Inlandsanteil der Beschäftigten - der gegenwärtig bei 41 Prozent der weltweit 417.000 Beschäftigten liegt - dem Inlandsanteil des Umsatzes von 23 Prozent am weltweiten Umsatz "anpassen". Nach Berechnungen des Gesamtbetriebsrats sind dadurch 74.000 Arbeitsplätze in Gefahr, die zu einem großen Teil "gezielt ... in Niedriglohnländer verlagert werden sollen".

Erpressungsmanöver oder rücksichtslose Umstrukturierung?

Entweder handelt es sich bei der von Siemens neu vorgelegten Konzernstrategie um eine weitere gigantische Umstrukturierung auf dem Rücken der Beschäftigten oder um ein unglaubliches Erpressungsmanöver, um die Belegschaft für die Durchsetzung der Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich und die Kürzung von Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld weich zu kochen. Die Ankündigung dieser Maßnahmen durch Siemens-Chef von Pierer stieß in den letzten Wochen in den Siemens-Betrieben auf Empörung und wachsenden Widerstand.

So oder so ist die Solidarität der gesamten Arbeiterbewegung herausgefordert, um diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung zu machen. Zumal gegenwärtig in fast allen Konzernbelegschaften ähnliche Auseinandersetzungen stattfinden. So haben gestern auch Philips und MAN erklärt, die 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich einführen zu wollen.

Die provokativen Pläne der internationalen Monopole können nur mit der länderübergreifenden Koordinierung des Kampfs der Konzern-Belegschaften durchkreuzt werden. Alles andere setzt eine verhängnisvolle Spirale nach unten in Gang.

Siemens-Vertrauensleute: Kampf um jeden Arbeitsplatz!

In einem heute veröffentlichten Positionspapier haben die Vertrauensleute der IG Metall bei Siemens in Bocholt und Kamp-Lintfort bereits unmissverständlich erklärt, dass sie sich dem wachsenden Druck der Geschäftsleitung nicht beugen wollen. Siemens droht mit der Verlagerung von 2.000 Arbeitsplätzen von Bocholt nach Umgarn. Völlig zurecht stellen die Vertrauensleute fest, dass nur Siemens vom Verzicht auf erkämpfte Errungenschaften profitieren würde. "Das wollen wir nicht - wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen", heißt es unmissverständlich in ihrer Erklärung.

Quelle: http://www.rf-news.de