Bremerhaven, 22.10.2004 - Protest gegen unbezahlte Arbeit bei den VAG-Betrieben des Schmidt+Koch KonzernsBilder

Sklaverei bei Schmidt & Koch?!

Stellungnahme von Uwe Menger, Betriebsrat Autohaus Schulte GmbH & Co.

Liebe KollegInnen, liebe MitbürgerInnen,

seit dem 1. Oktober 2004 arbeiten Beschäftigte von mehr als 20 Betrieben im Schmidt und Koch-Konzern jeweils 4 bis 5 Stunden pro Woche ohne Bezahlung. Für mich ist das eine Form von Sklaverei, die sich in jüngster Zeit in vielen Arbeitgeberkreisen ungeheurer Popularität erfreut. Zwar behaupten die Geschäftsleitungen regelmäßig, dass dieses auf rein freiwilliger Basis geschehe, ich frage mich jedoch welche Art von Freiwilligkeit soll das sein?

Stellen Sie sich einmal vor in welcher Situation sich ein Arbeitnehmer befindet, wenn er zur Geschäftsleitung zitiert wird und man ihm z.B. eine Umwandlung seines befristeten Arbeitsverhältnisses in ein unbefristetes anbietet. Hat er dann überhaupt die Chance „Nein“ zu sagen, weil er nicht bereit ist von 40 Wochenstunden nur 35 bezahlt zu bekommen?

Muss er nicht sogar mit einer Sperrzeit vom Arbeitsamt rechnen, wenn er dieses Angebot ausschlägt? Dieses, und die Angst vor Arbeitslosigkeit in einer schwierigen Zeit mit einem vom Gesetzgeber immer weiter verstärkten Druck auf alle Arbeitssuchenden lässt den Begriff der Freiwilligkeit geradezu absurd erscheinen. Könnte sich etwa auch ein Henker auf die Freiwilligkeit seiner Opfer berufen, wenn man diese zwischen Steinigung und Erhängen wählen ließe?

OK, ich bin vielleicht etwas drastisch, aber es geht mir nicht nur um die Kollegen von Schmidt und Koch, denn was hier stattfindet missachtet nicht nur die tariflichen Verpflichtungen dieses Konzerns, nein, diese - nach meiner Auffassung erpresserische -Vorgehensweise hat auch den Boden des fairen Wettbewerbs verlassen und setzt zunehmend andere Autohäuser unter Druck.

Kürzlich sagte jemand: “Früher war Erpressung ein Straftatbestand, heute nennt man das betriebliche Notwendigkeit.“ Im Falle von Schmidt und Koch ist mir allerdings noch nicht einmal bekannt, dass diese Notwendigkeit jemals nachgewiesen wurde.

Doch was wird die Geschäftsleitung unternehmen wenn die Auftragslage schlechter wird? Nach einfachen Berechnungen arbeiten seit dem 1. Oktober jeweils 10 Mitarbeiter insgesamt 40 bis 50 Stunden mehr in einer Woche als vorher. Das bedeutet schon mit 9 Mitarbeitern ist jetzt die gleiche Arbeit zu schaffen. Na, wenn das auf Arbeitgeberseite keine Begehrlichkeiten schafft!

Müssen wir uns nicht fragen, ob diese Maßnahmen nicht langfristig zu einer weiteren Verschärfung des Arbeitsmarktes führen? Arbeitslose Kfz-Mechaniker werden sich jedenfalls kaum einen neuen VW oder Audi kaufen.

Die Kosten des zusammenbrechenden Sozialstaates müssen wir schließlich alle tragen. Ich finde deshalb kann uns das Verhalten der Konzernleitung eines für unsere Region so bedeutenden Unternehmens wie Schmidt und Koch nicht egal sein.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Menger (Betriebsrat Autohaus Schulte GmbH & Co.)


Lohndumping bei Schmidt & Koch?!

Leserbrief von Uwe Menger vom 14.10.2004 für die Nordsee-Zeitung

Seit dem 1.10.04 arbeiten die Beschäftigten von mehr als 20 SCHMIDT + KOCH Betrieben 4 bis 5 Stunden pro Woche ohne Bezahlung. Die Konzernleitung verweist auf die Freiwilligkeit dieser unbezahlten Mehrarbeit. Doch was ist das für eine Form von freiwilliger Leistung? Welche Möglichkeiten haben wehrlose Arbeitnehmer wenn ihnen entsprechende „Angebote“ gemacht werden? Nach meiner Überzeugung wird hier eiskalt die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt genutzt, um Lohnkosten zu senken. Die unbezahlte Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden auf 40 Stunden bedeutet den Abbau von Arbeitsplätzen sobald die Auftragslage zurückgeht, denn was vorher 10 Arbeitnehmer schafften, kann nun von 9 erledigt werden. Der Begriff der Freiwilligkeit ist in diesem Zusammenhang einfach absurd. Außerdem entsteht durch Lohndumping und Tarifvertragsbuch eine Schmutzkonkurrenz mit erheblichen Auswirkungen auf andere (saubere) Betriebe.

Dieses geschieht - nach meinen Kenntnissen - ohne dass die Geschäftsleitung den überprüfbaren Nachweis einer betrieblichen Notlage erbracht hat. Die weitere Belastung des Arbeitsmarktes durch solche Maßnahmen, wie sie zur Zeit in den VAG Betrieben von SCHMIDT + KOCH praktiziert werden, haben wir dann alle zu tragen.

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Menger