Reise durch Palästina, Dezember 2004 / Januar 2005, Reportage von Ellen DiederichBilder

Krieg und Globalisierung im 'Heiligen Land'

Artikel von Ellen Diederich in 'junge Welt', 7.3.2005

Im Dezember und Januar fahre ich in den Nahen Osten, nach Palästina und Israel. Seit 1948 ist hier kein Tag ohne militärische Gewalt, Vertreibung, Folter, Zerstörung von Umwelt und Ökonomie vergangen. Zu keiner anderen Region der Welt habe ich derart widersprüchliche Gefühle. Da ist die Geschichte Israels, untrennbar mit den Greueln des Holocaust verbunden. Erinnerungen an die heutigen Gedenkstätten ehemaliger Konzentrationslager, die ich besucht habe, Ravensbrück, Theresienstadt, Majdanek, Neuengamme, Buchenwald, Auschwitz, kommen hoch. Bei den Besuchen war ich jedes mal bis in die Grundfesten erschüttert, so wie damals, als ich mit elf Jahren das erste Buch über ein Konzentrationslager gelesen habe: Den Bericht von Walter Poller: „Arztschreiber in Buchenwald“. Der Journalist war dort inhaftiert und gezwungen, die Protokolle medizinischer Versuche zu schreiben. Ich hatte mich unter den Schreibtisch meines Vaters verkrochen und wollte gar nicht mehr herauskommen.

Diese Erfahrung hat mein Leben bestimmt. Seit der Zeit befasse ich mich mit Krieg und Gewalt, versuche, daran mitzuarbeiten, daß jede Form von Krieg und Gewalt, wo immer sie auftritt, abgeschafft wird.

Lange Jahre hatte ich eine große Scheu, mich kritisch mit der Politik Israels auseinanderzusetzen. Durch einen jüdischen Freund aus Israel ich diese Scheu verloren. Gideon hatte als Dreijähriger 1938 gerade noch mit seiner Mutter aus Deutschland nach Palästina fliehen können, wurde später in Israel Lehrer und Elitesoldat. Mit Beginn des Krieges Israels gegen den Libanon wurde er zum erklärten Gegner der Militärpolitik, gründete mit anderen zusammen die Bewegung der Kriegsdienstverweigerer, nahm viele Nachteile in Kauf. Heute ist er Sprecher der Bewegung für einen ABC-Waffen freien Nahe Osten und des Komitees für Mordechai Vanunu. Er gehört zu den Friedensgruppen in Israel, in denen es viele Menschen gibt, die sich ernsthaft friedliche Konfliktlösung bemühen.

So wie die Frauen in Schwarz, deren Mitglied ich bin. Wir machen eine gemeinsame Aktion gegen die Besetzung der Palästinensergebiete in Tel Aviv. Jüdische und moslemische Frauen, und Frauen aus verschiedenen Ländern beteiligen sich. Die Frauen machen regelmäßig Checkpoint Beobachtung, organisieren Fahrten an verschiedene Teile der Mauer, machen Mahnwachen.

In diesem Bericht geht es vorwiegend um die Lage der PalästinenserInnen. Ich schreibe an gegen eine Berichterstattung in der das zweite Wort hinter Palästinenser in der Berichterstattung der Medien fast immer das Wort Terrorist ist. Ich versuche, einen Mangel auszugleichen, einen Mangel an Berichterstattung über das, was wirklich in den besetzten Gebieten heute geschieht. Ich wehre mich gegen jeden Vorwurf des Antisemitismus. Gerade weil mich die deutsche Geschichte mit der Vernichtung der Juden nicht los läßt, habe ich hieraus die Verpflichtung angenommen, alles dafür zu tun, daß sich so etwas nicht wiederholt, Aber auch daß Krieg und Gewalt, wo auch immer, nie Lösungen sein können. Ich kann auch in dieser Region die Augen nicht schließen.

Der Wunsch der Überlebenden des Holocaust danach, endlich irgendwo sein zu können, wo sie nicht wieder vertrieben, geschlagen und ermordet werden können, ist so verständlich.

Die Gründung des Staates Israel aber geschah, in dem die Menschen, die zu der Zeit dort lebten, vertrieben, geschlagen und ermordet wurden und werden. Millionen PalästinenserInnen sind Flüchtlinge in aller Welt, die nicht zurückkommen dürfen.

Die Reise

Die Lage bei der Abreise: Arafats Tod, die israelische Armee fliegt Tag für Tag Angriffe in Gaza, gezielte Tötungen, Hauszerstörungen, Verhaftungen, die ersten Kommunal- und Präsidentschaftswahlen seit vielen Jahren.

Wie bereitet man sich auf eine solche Reise in eine Region vor, mit der man sich so verbunden fühlt?

Ich treffe mich mit einer Vertreterin von ISM, der International Solidarity Movement. ISM arbeitet seit vielen Jahren in Palästina/Israel. Die Gruppe organisiert Solidaritätsaktionen während der Olivenernte, wenn israelische Siedler und Soldaten die Ernte der Palästinenser zu verhindern suchen. ISM versucht, Familien und Häuser zu schützen, die bedroht sind. Bei realen oder vermuteten Verwandschaftsverhältnissen zu radikalen Palästinensern reißen israelische Bulldozer Häuser ein, die Familien werden obdachlos gemacht.

Die AktivistInnen von ISM geraten bei ihren Aktionen immer mehr in Gefahr. Rachel Corrie, eine junge US Amerikanerin, ist eine von mehreren AktivistInnen, die getötet wurden. Sie wurde von einem Bulldozer mehrfach überrollt, als sie sich vor ein Haus gestellt hat, das abgerissen werden sollte.

Über die Jahre hat ISM aus all den Erfahrungen Richtlinien entwickelt, deren oberste Maxime ist: Achtung und Respekt vor dem anderen zu haben, beim Reden, Fragen, Fotografieren. Zuhören zu können ist wichtig. Die Richtlinien geben gute Empfehlungen für die journalistische Arbeit in einer Berichterstattung über Krieg und Konflikte und die Rolle der Medien in diesem Zusammenhang.

Der billigste Flug geht von Tegel aus über Budapest mit dem Nachteil von zwölf Stunden Aufenthalt dort. Gewonnene Zeit zum Beobachten und Lesen. Ich beobachte „Flughafenmenschen“. Roger Willemsen beschreibt in seiner „Deutschlandreise“ zwar Menschen am Bahnhof, für Flughäfen gilt es aber mindestens genauso: „In dieser Kultur, also auch in den Beziehungen der Menschen untereinander, hat sich der Wert der Verkäuflichkeit derart verselbständigt, daß Menschen schon deshalb degradiert werden, weil sie nicht am Warenverkehr teilnehmen können oder wollen. Dort, wo die Kälte des Konsums am exklusiven Kreis der Beautiful people exerziert wird, entsteht (oder wird) automatisch eine Atmosphäre des Wohlwollens und der Herzlichkeit (vorgegaukelt, E.D.). Roger Willemsen, Deutschlandreise, S. 40

Die Zeit zum Lesen nutze ich, verschlinge das Buch von Halima Alaiyan: „Vertreibung aus dem Paradies, Bericht einer muslimischen Palästinenserin,“ gerade auf deutsch erschienen. Ein mutiges, ehrliches, sensibles Buch. Die Einzelheiten eines Lebens, in dem Demütigungen nicht zu enden scheinen, werden so gegenwärtig, daß es unter die Haut geht. Aber auch die Schönheiten der Länder, die Zärtlichkeit in den Familienbeziehungen sind wie ein Gemälde.

Das Resümee dieses Buches ist in dem alten Slogan der Frauenbewegung zusammenzufassen: „Die Macht der Männer ist die Geduld der Frauen“. Immer noch gültig wie an dem Tag, als ich den Satz zum ersten Mal hörte.

Das Buch ist eine gute Vorbereitung auf einen Teil der Zustände, die ich in Palästina sehen werde. In all meiner Sympathie für die Lage des palästinensischen Volkes, beschäftigen mich als Feministin auch die patriarchalen Strukturen des Landes, die Frauen gegenüber so viele Gewaltverhältnisse bedeuten. Arbeitslosigkeit, Armut, soziale Konflikte, Erfahrungen von militärischer Gewalt sind ein Nährboden für die Entwicklung von Gewalt in Alltagsbeziehungen. In Palästina ist die Zeit für Frauenhäuser mehr als gekommen.

Knapp vier Stunden dauert der Flug, Wir kommen gegen drei Uhr nachts in Tel Aviv an. Ich finde Aufkleber des deutschen Zoll an meinem Gepäck, beide Taschen sind durchsucht worden, „da beim Durchleuchten das Gepäck nicht als unverdächtig identifiziert werden konnte, es wurde nichts herausgenommen“. Die sorgfältig gefalteten Blusen sind zusammengeknülllt.

Israel und die USA

Mehrere Maschinen landen gleichzeitig, die gleiche Prozedur wie in den USA, Einreisekarten mit allen möglichen Fragen, endlose Schlangen vor den Schaltern, unfreundliche Beamten. Wohin, mit wem, warum alleine, usw.

In den nächsten Tagen habe ich noch oft das Gefühl, in den USA zu sein. Die Skyline von Tel Aviv und Ber Sheva, riesige Einkaufszentren mit US-amerikanischen Ladenketten, Fast food Restaurants, Mc Donald’s is everywhere, bis hin zu den Verkehrsregelungen. Nach der Friedensaktion mit den Frauen in Schwarz in Tel Aviv gegen die Besatzung, für die Auflösung der Siedlungen, bringen wir eine US-Amerikanerin aus Chicago, die uns begleitet hat, zum elegantesten Hotel in Jerusalem. Es hat den Namen: American Colony.

In Israel leben 1/1000stel der Weltbevölkerung. Das Pro-Kopf-Einkommen rangiert an 16. Stelle der Weltrangliste. Israel erhält 40% aller US-amerikanischen Auslandshilfe. Das waren in den letzten Jahren im Durchschnitt 3.5 Milliarden Dollar. Israels Militär ist bestens trainiert, ist auf dem höchsten Stand der technologischen Entwicklung. Die Kriege, die Israel geführt hat, sind immer auch Kriege gewesen, die ein Testgebiet für neue US-amerikanische Waffen waren. Zwei Lobbygruppen in den USA sorgen darüber hinaus für weitere Hilfe: Die zionistischen Organisationen und die christlichen Fundamentalisten, zu denen auch George W. Bush gehört. Nach ihren Vorstellungen wird der Messias wieder erscheinen, wenn alle Juden der Welt auf dem Gebiet des alten Palästina vereint sind. Von daher unterstützen sie die Siedlungspolitik.

Die USA haben an der Region großes strategisches Interesse, ihr engster Verbündeter ist Israel, ausgestattet mit den jeweils neuesten High-Tech-Waffensystemen. Israel ist das einzige Land der Welt, das Atomwaffen besitzt und offiziell nicht in den Kreis der Atomwaffenmächte eingebunden ist. Somit auch nicht an den Verhandlungen über strategische Abrüstung von Atomwaffen beteiligt ist.

Solange das strategische Interesse der USA an dieser Region so groß ist, werden sie es sein, die die Politik bestimmen.

Alltag

Ich werde bei FreundInnen in Israel und Palästina wohnen. Vor zwei Jahren war ich Teilnehmerin eines Internationalen Versöhnungscamps zwischen Palästinensern, Israelis, Deutschen und US-AmerikanerInnen. Seit der Zeit sind wir in Kontakt.

Von Jerusalem aus gehe ich zu Fuß über den Bethlehem Checkpoint. Hinter dem Checkpoint wird eine riesige Anlage gebaut. Dort sollen von der allernächsten Zeit an alle israelischen LKW`s, die Waren für Palästina haben, stoppen. Sie werden dort aus- und umgeladen. Palästinensische Lkws übernehmen die Ladung und transportieren sie weiter. Es wird die Frachtkosten verteuern, die Frchtzeit verlangsamen. In Palästina selber werden wenige Dinge produziert, nahezu alle Waren kommen aus oder über Israel, von Wurst über Käse, Spülmittel, vor allem das Wasser, das ja aus den Palästinensergebieten kommt. Es wird von den Israelis abgepumpt, teilweise in Israel in Flaschen abgefüllt. Die Palästinenser zahlen für ihr eigenes Wasser den zigfachen Preis, wie die Israelis.

Israelis dürfen nur noch unter großen Schwierigkeiten nach Palästina hinein. „Sie könnten gekidnappt, ermordet werden, die IDF (Israelischen Defence Forces) könne für ihre Sicherheit nicht garantieren“, ist die offizielle Erklärung. Somit gibt es auch für diejenigen, die gutwillig sind, nur begrenzte Möglichkeiten, sich wirklich über das zu informieren, was hier geschieht.

Wie nähert man sich einem Land? In Deutschland plante ich, auf der politischen Ebene möglichst viel über die kommenden Wahlen herausfinden. Sehr schnell aber spürte ich, daß ich erst mal ein Gefühl für das Land entwickeln muß:

Gerüche wahrnehmen, sich daran gewöhnen, daß die Schrift von rechts nach links geht, morgens um viertel nach fünf durch den Muezzin geweckt zu werden, Geruch nach Pinien, dicke Wände in den Häusern, die nicht vor der in alle Fasern des Körpers kriechenden Kälte im Winter schützen. Es gibt keine Heizungen, dafür, wenn die Familien es sich leisten können, Kohle-, Gas- oder Elektroöfen.

Das Frühstück besteht aus Fladenbrot, erst eingetaucht in Olivenöl, dann in zu Pulver gemahlenem Thymian, der mit Sesamkörnern gemischt ist. Dazu gibt es Schafskäse und Tomaten, manchmal noch eine Art Joghurtquark, auch mit Olivenöl begossen, und Humus aus Kichererbsen, Sesampaste, Knoblauch, Zitrone, Salz und Olivenöl zubereitet. In den meisten Häusern, in denen ich im Laufe meiner Reise übernachte, gibt es keine Teller, alle tauchen die Brotstückchen in die selben Schüsseln ein. Der Geruch des Thymian, nach Kaffee oder Salbeitee durchziehen den ganzen Raum.

Die erste Ahnung von einer palästinensischen Großfamilie entsteht im Haus von Faten und Nicola Mukarker: Zwanzig bis dreißig mal am Tag geht die Türglocke, mindestens ebenso häufig das Telefon, Tante, Schwäger, Schwestern, Neffen und Nichten, Cousinen und Cousins, die Mutter kommen vorbei. Nahezu die ganze Straße wird von Familienangehörigen bewohnt. Alle Berufe sind vertreten vom Zahnarzt bis zum Blumenladen. Ein Teil der Großfamilie lebte von einem kleinen Betrieb mit 14 Arbeitern, in dem Gummi produziert wurde. Heute arbeitete noch nur der eine Bruder im Betrieb. Der Gummirohstoff kam aus Malaysia, mußte, wie alles, über Israel importiert werden. Palästina hat keinen eigenen Hafen und Flughafen, so kann nichts direkt importiert werden. China ist wesentlich billiger in der Produktion von Gummi, sie konnten nicht konkurrieren. Zudem werden viele Dinge, die früher aus Gummi hergestellt wurden, heute als Chemiefaser aus Öl produziert. So ging der Betrieb fast vollständig bankrott.

Die Familie besitzt noch Gärten, in denen vor allem Aprikosenbäume wachsen. Mitten durch die Gärten soll jetzt die Mauer gebaut werden. 2004 konnten sie so gut wie keine Aprikosen verkaufen. Als die Erntezeit kam, hat Israel den Markt in Palästina mit billigen Aprikosen überschwemmt, so daß für die einheimischen Früchte der Markt nahezu geschlossen war.

Alltag während der Belagerung

Die Familie von Faten und Nicola lebt im ersten Stock des Elternhauses von Nicola. Ich gehe die Treppe hoch. Sie ist durch Fatens Schilderungen bekannt geworden. Es war in der Zeit vor zwei Jahren, nach Beginn der 2. Intifada. Die palästinensischen Häuser haben keine Keller. Als die Bombardierungen und Schüsse Beit Jala im Herbst und Winter 2002 trafen, saß die Familie unter der Treppe als einzigem, unsicheren Schutzraum. In den Zimmern konnten sie sich nicht bewegen, da auf alles, was im Fenster von draußen zu sehen war, geschossen wurde. Beit Jala stand, wie viele andere Dörfer und Städte, wochenlang unter Ausgangssperre. Ausgangssperre bedeutete, nicht hinausgehen zu dürfen, nicht einkaufen zu können, man erstickte im Müll, konnte ihn nicht loswerden, mußte die Angst der Kinder auffangen. Diese konnten nahezu ein halbes Jahr nicht zur Schule gehen, mußten Zuhause beschäftigt werden. Aus den Straßen Palästinas sind die Kinder nicht, wie weitgehend in Deutschland, verschwunden. Kinder sind überall gegenwärtig. Die Straße ist ihr Ort. Wochenlanges Eingesperrtsein, unterhalb der Fenster zu kriechen, mit den durch die Bombardierungen hervorgerufenen Ängste umgehen zu lernen, sich im Haus möglichst ruhig zu verhalten, sind unmenschliche Lebensbedingungen, die so schnell nicht vergessen werden können.

Israel und Palästina im Kontext der Globalisierung

Beim Schreiben fällt mir auf, daß das Word Programm den Namen Palästina als Fehler anstreicht.

In den letzten drei Jahren bekomme ich immer stärker den Eindruck, daß der Konflikt zwischen Israel und Palästina modellhaft für die Vorstellungen der ökonomisch starken Länder in bezug auf vermeintliche Konfliktlösungsstrategien in ihrem Interesse angesehen wird.

Die eine Seite, in diesem Fall Israel, als ökonomisch und militärisch starke Macht, nimmt sich jedes Recht auf Gewaltanwendung, staatlich legitimiert, sei es Zerstörung von Land, Gebäuden, Infrastruktur und die Ermordung von Menschen durch das Militär, die sogenannten „Sicherheitskräfte“. Folter ist zwar nicht legalisiert, wird aber angewandt, Gefängnisaufenthalte finden unter unwürdigsten Bedingungen statt, oft Monate- bis Jahrelang, ohne daß ein Urteil gesprochen wird. Die israelische Armee ist bis hin zu atomaren, biologischen und chemischen Waffen mit dem letzten Stand der High-Tech-Rüstung ausgestattet. Israel kontrolliert die Zugänge zur Arbeit, zur Religionsausübung, zur Wasserversorgung und zur Landnutzung. Sie entscheidet darüber, ob Schulen, Universitäten und Krankenhäuser geöffnet sein können oder nicht.

Der ökonomisch schwachen Seite, in diesem Fall Palästina, wird jedes Recht auf Widerstand gegen die Zerstörung seiner Lebensgrundlage abgesprochen. Jede Widerstandsaktion wird als terroristisch, damit illegitim und militärisch legal zu bekämpfen definiert. Über die Menschen, ihre Kultur, wird international so gut wie nichts berichtet, sie werden als Terroristen und gewalttätig diskreditiert.

Hier wächst die Zahl derjenigen, die sich als Schahids (Selbstmordatttentäter) ausbilden lassen. Die Selbstmordattentate sind in meinen Augen unmenschliche Aktionen der Verzweiflung, sie kosten das Leben vieler unschuldiger Opfer und der Attentäter. Die Selbstmordattentate sind eine Form der Privatisierung des Krieges. Es sind nicht mehr Armeen, die sich gegenüberstehen. Einzelpersonen führen Krieg als Vertreter radikaler Gruppen. Dieser Krieg kann zu jeder Zeit an jedem Ort geschehen.

Eine Antwort auf die permanente Bedrohung durch Selbstmordattentate ist die ungeheure Aufrüstung Israels. Das Alltagsbild wird durch die Präsenz Zigtausender junger SoldatInnen geprägt. Überall sind sie zu sehen, schlendern durch Einkaufszentren, über Bahnhöfe, Busbahnhöfe, häufig die Freundin oder den Freund am Arm. Mit der einen Hand halten sie das auf dem Rücken hängende Maschinengewehr, in der anderen oft etwas Eßbares. Das Maschinengewehr als Gegenstand für alle Tage.

An zentralen Plätzen habe ich beklemmende Gefühle. Beim Warten am Taxistand oder dem Busbahnhof in Tel Aviv, an großen Kreuzungen, in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich frage Soleiman in Ber Sheva, als wir im Auto unterwegs sind, ob es dort auch Selbstmordattentate gab? Genau an dieser Kreuzung vor etwa 2 Monaten, sagt er, drei Tote gab es. Die Gefahr ist nicht faßbar, eine permanente Verunsicherung gegenwärtig. Ist das ein Teil dessen, was mit Privatisierung des Krieges beschrieben werden kann? Es gibt keine kalkulierbaren Angriffe von zwei gleichwertigen militärischen Kräften. Sofern man Krieg überhaupt je als kalkulierbar beschreiben konnte. Hier kann dich die Gewalt jederzeit in Form der Selbstmordattentate treffen. Die ständig präsenten jungen israelischen Soldaten und Soldatinnen mit dem spielerischen Umgang ihrer tödlichen Waffen, tragen nicht zur Beruhigung bei, eher das Gegenteil.

Auf einer Zugfahrt vom Norden Israels in den Süden sind nahezu die Hälfte der Fahrgäste im Zug SoldatInnen der israelischen Armee. Beim Sitzen halten die Männer das Maschinengewehr längs am Körper, den Griff auf Brusthöhe, Abzug und Lauf zwischen den Beinen, den Lauf nach vorne oder unten gerichtet. Die Soldatinnen legen das Gewehr im Sitzen quer über ihren Schoß.

Mir schräg gegenüber sitzt ein junger Soldat. Er hat das MG zwischen seine Beine gelegt, den Abzugsgriff auf Penishöhe. Der Soldat spielt mit der einen Hand am Abzug, mit der anderen Hand hält er einen rosafarbenen runden Dauerlutscher, den er in den Mund hinein- und wieder hinausschiebt. Der Lauf des MG’s ist auf mich gerichtet.

Kommen mir die Gesichter so jung vor, weil ich inzwischen alt bin oder sind es wirklich fast Kinder? Welche Lebenserfahrung können sie mit 18, 19 Jahren gesammelt haben? Aber welche Lebenserfahrung wäre das überhaupt, die Menschen vielleicht in die Lage versetzt, mit Gewaltandrohung und –anwendung verantwortlich umgehen zu können? Die israelische Zeitung Haaretz veröffentlichte im Dezember die Ergebnisse einer Umfrage: Über 20% der israelischen Soldaten haben zugegeben, daß sie das Leben eines arabischen Menschen geringer achten als das Leben eines jüdischen Menschen. Da man so etwas nicht gerne zugibt, ist die Dunkelziffer vermutlich hoch. Hier sind es so viele, so junge Gesichter, daß mir Angst und bange um die Gesellschaft wird, in der der Alltag so durch Gewaltbereitschaft bestimmt ist. Anstatt die Ursachen der Gewalt anzugehen, werden immer mehr Formen von Gewalt entwickelt.

In den nächsten Tagen frage ich Israelis, ob sie sich durch so viele SoldatInnen beschützt fühlen? Keiner bejaht diese Frage.

Die 2. Intifada

Insbesondere seit dem Beginn der 2. Intifada eskaliert die Gewalt.

„Das Wort Intifada bedeutet: Etwas von sich abschütteln, was man los haben möchte, es meint auch Beben des Körpers, der vor Wut und Aufregung von Krämpfen geschüttelt wird. Intifada wurde zur Bezeichnung für die palästinensische Volkserhebung gegen die israelische Besatzung.“ (Sumaya Farhet-Naser, Thymian und Steine, Basel 2.000, S. 121)

Im September 2001 begann nach dem provokativen Akt Ariel Scharons auf dem Tempelberg und der Ermordung mehrerer Palästinenser die 2. Intifada. Der Provokation folgten mehrere Selbstmordattentate von Palästinensern, massive Raketenangriffe und Militäraktionen Israels gegen Palästina. Bis heute sind an die 5.000 Menschen dabei ums Leben gekommen, etwa 3.700 auf palästinensischer, 1.300 auf israelischer Seite. Häuser, die Infrastruktur Palästinas wie der Flughafen im Gaza, die Selbstverwaltungseinrichtungen der palästinensischen Autonomiebehörde, wurden zerstört. Bis hin zum zentralen Katasteramt, so daß es heute sehr schwierig ist, Landbesitz nachzuweisen. Die Ökonomie in Palästina liegt am Boden, aber auch in Israel ist eine rapide Verschlechterung der ökonomischen Lebensbedingungen eines großen Teils der Bevölkerung zu sehen. 25% der israelischen Kinder leben heute unterhalb der Armutsgrenze. Die meisten von ihnen sind moslemische Kinder arabischer Herkunft.

Etwa 1.5 Millionen Olivenbäume, die Grundlage der palästinensischen Landwirtschaft, eine Million Citrus- und andere Obstbäume wurden durch Israelis in den Palästinensergebieten abgeschlagen, 1.5 Millionen Hühner getötet. Jede Form der Subsistenzproduktion der PalästinenserInnen wird behindert oder zunichte gemacht.

12.000 israelische SiedlerInnen leben in Gaza. Sie beanspruchen 2/3 des nutzbaren Bodens. Demgegenüber stehen 250.000 palästinensische Bauern, insgesamt 1.2 Millionen Menschen, für die der karge Rest bleibt.

Israel beansprucht auf 7.000 Quadratkilometern 85% der Wasserquellen Palästinas. 95% der Agrarflächen in der Westbank sind ohne Bewässerung unfruchtbar. Alle Tiefbrunnen sind in israelischer Hand. Israel eignet sich das palästinensische Wasser an und verkauft es für den zigfachen Preis, den Israelis zahlen, an die Palästinenser zurück.

Neben Kriegsfolgen gehen auch die Globalisierungsprozesse nicht spurlos an Israel und Palästina vorbei. Auch hier werden Betriebe, wie überall, geschlossen, weil anderswo billiger produziert werden kann.

Die globalisierungskritischen Bewegungen

In beiden Ländern gibt es Gruppen, die sich mit der weltweiten Bewegung gegen die konzerngesteuerte Globalisierung verbunden fühlen. Es existiert aber ein asymetrisches Gleichgewicht. Die Möglichkeit, in der Antiglobalisierungsbewegung und Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten, sind auf allen Ebenen ungleich.

Die israelischen AktivistInnen sind BürgerInnen eines etablierten Staates. Sie können die Politik dieses Staates mit relativ geringem Risiko kritisieren. Sie können sich innerhalb ihres Landes frei bewegen, haben kein Problem, sich mit internationalen Bewegungen zu vernetzen und an Treffen der globalisierungskritischen Bewegung teilzunehmen.

Die PalästinenserInnen auf der anderen Seite arbeiten im Kontext einer illegalen Besetzung, es gibt keinen etablierten Staat, an dem sich die AktivistInnen ausrichten könnten. Weiter leiden die palästinensischen Organisationen erheblich an Bewegungsfreiheit sowohl im eigenen Land als auch im Ausland. Die israelischen Sicherheitskräfte verwehrten mehrfach Mitgliedern des globalisierungskritischen Alternativen Informationszentrums die Visa zur Teilnahme an Foren und Aktionen. Während der gegenwärtigen Intifada gab es längere Perioden, in denen die PalästinenserInnen generell unter Ausgangssperre standen, sie konnten nicht einmal die alltäglichen Notwendigkeiten, wie zur Arbeit zu gehen, ausführen. Obwohl die Bedingungen so ungleich sind, ist ein Interesse in beiden Ländern da. Die verschiedenen nationalen palästinensischen Organisationen gründeten 2001 die AGM, die Alternative Globalization Movement. Eine der Organisationen ist das Zentrum für Arbeiter- und Demokratierechte, die als erste palästinensische Gruppe auf diesem Gebiet arbeitete und vor allem zu Attac enge Verbindungen aufgebaut hat. Weiter gibt es das Koordinationsnetzwerk der palästinensischen NGO’s und das Bisau Zentrum, sie vertreten die palästinensischen Organisationen im Weltsozialforum. Die dritte Gruppe ist eine Gemeinschaftseinrichtung israelischer und palästinensischer Organisationen, das Alternative Informationszentrum AIC. Von hier wurde 2002 der erste strategische Dialog zwischen der palästinensischen Sozialbewegung und AGM, in den auch israelische AktivistInnen einbezogen waren, in Beit Sahour initiiert.

Ende Dezember 2002, kurz vor dem 2. Weltsozialforum in Porto Alegre, fand das erste palästinensische Sozialforum in Ramallah statt, an dem sich hunderte von AktivistInnen beteiligten.

Im späten August 2003 dann gab es ein internationales Treffen in Bethlehem unter dem Titel: Ein Naher und Mittlerer Osten ohne Krieg und Unterdrückung ist möglich! Soweit bekannt ist, war dieses das erste Treffen mit internationaler, palästinensischer, aber auch israelischer Beteiligung in einer palästinensischen Stadt. Es wurden städtische und regionale Probleme in Verbindung zu globalen Fragen und dem Kampf gegen die neoliberale Globalisierung auf der einen und denen der Antikriegsbewegung auf der anderen Seite diskutiert. Infos aus „Globalization and the Palestinian Struggle“, in: News from within, Oktober/November 2.004, Jerusalem, Übersetzung, E.D.

Die Rolle der Weltbank

Die Ökonomie beider Länder, insbesondere aber die Palästinas, liegt am Boden.

Im Zusammenhang mit den anstehenden Wahlen in Palästina hat die Weltbank die Rolle übernommen, Bedingungen für eine Aufbauhilfe für das Land zu entwickeln. Sowohl mit Israel als auch mit Palästina wird über den Aufbau der Palästinensergebiete und der gesamten Region verhandelt. Als Voraussetzung für die Organisierung einer Geberkonferenz, bei der die teilnehmenden Länder dazu gebracht werden sollen, weitere Gelder und Kredite zu bewilligen, ist die grundlegende Forderung der Weltbank, daß Palästina ausreichende Schritte in Richtung Wirtschaftswachstum unternehmen muß.

Die palästinensische Verwaltung wird aufgefordert, im Bereich von Sicherheit, Justiz und Ökonomie weitreichende Reformen in Gang zu setzen. (Wie das geschehen soll, wenn permanent die Infrastruktur zerschlagen wird, bleibt offen. E.D.) Darüber hinaus sei die Korruption, die sich im Zusammenhang mit der palästinensischen Verwaltung entwickelt hat, zu bekämpfen, um den Geberländern überhaupt den Glauben an die Wirksamkeit weiterer Hilfen zu geben.

Die Weltbank fordert Israel auf, Sperren und Restriktionen, die die Mobilität auf dem Territorium der Palästinenser einschränken, zu lockern. Israel hat angeboten, die Abriegelung etwas zu lockern, aber das Angebot erscheint der Weltbank nicht weitgehend genug. Die Abriegelungen durch unzählige Checkpoints im Lande selber behindern ihrer Meinung den palästinensischen Handel und Export und verteuern die Transportkosten erheblich.

Die Weltbank will, daß die Übergänge und die Mauer auf der Grünen Linie, wie sie in den Osloer Verträgen und im Urteil des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag festgelegt wurde, eingerichtet werden. Weiter schlägt die Weltbank vor, daß ein Seehafen in Gaza gebaut und der Flughafen wieder hergestellt wird. (Infos nach Haaretz, vom 2.12.2004)

Die Mauer

Der Bericht der Weltbank kritisiert auf der einen Seite Israels Politik der permanenten Abriegelung, stellt aber auf der anderen Seite den Bau der Mauer, die die Interessen der Palästinenser vehement beschneidet, nicht grundsätzlich in Frage.

Wir fahren in Bethlehem zu dem Ort, an dem jetzt ein Teil der Mauer gebaut wird. 730 km lang ist sie um Palästina geplant. Die Mauer wird von Israel auf palästinensischem Gebiet gebaut, nimmt noch mal etwa 20% des fruchtbaren palästinensischen Landes ein, trennt Dörfer von ihren Feldern, zerschneidet Wohngebiete, Gärten. Zunächst sehen wir die israelische Siedlung Har Homa, auf dem Hügel, der vor dem Bau der einzige bewaldete Ort der Gegend war. Selbst von fern sieht die Siedlung bedrohlich aus. Betonklötze mit Fenstern, die wie dunkle Höhlen wirken. Kein Baum mehr. „Die Erde wird unbewohnbar wie der Mond!"

In den palästinensischen Dörfern werde ich das Gefühl von „Halbfertig sein“ nicht los. Die Häuser sind halbfertig. Die Menschen hatten angefangen zu bauen, dann die Arbeit verloren. Die Gärten können oft nicht richtig bestellt werden. Unterhalb der Siedlungen lassen die Siedler ihre Abwässer in die palästinensischen Gärten laufen, so daß diese nicht bebaut werden können. Kann ein Stück Land ein Jahr nicht bebaut werden, fällt es an den Staat. Man tippt irgendwo und eine neue Gemeinheit, die das Leben unerträglich macht, wird offensichtlich. Es liegt ein Gefühl der Lähmung auf den Menschen. Ich frage, was Arafats Tod bedeutet hat? „Es war, als ob die Erde anhält“, sagt mir eine junge Frau.

Faten zeigt mir das berühmte "Grab von Rachel". Die Straße, in der Rachels Grab liegt, ist heute eine Sackgasse, ein sehr häßliche Straße, staubig, die Häuser alle tot, Fenster zugemauert, Geschäfte geschlossen, dead end!

Um die nächste Ecke dann die Mauer. Ein ca. acht Meter hohes Monstrum, Betonplatten, unterbrochen durch Wachtürme. Im Augenblick ist nur noch an einer Stelle ein etwa fünf Meter breiter Streifen offen, durch den man auf die andere Seite blicken kann. Drei Arbeiter sind dort auf der anderen Seite, schaufeln Erde. Um einen kleinen Holzturm herum bewegen sich voll bewaffnete israelische Soldaten in Kampfmontur. Vor dem Wachturm, der ja palästinensisches Gebiet ist, ein israelisches Schild: Private property, do not enter!

Faten fragt mich: „Bald ist es ganz zu, kannst du dir vorstellen, wie uns zumute sein wird?“ Alleine traut sie sich nicht dort hin, fühlt sich sicherer, weil ich als Ausländerin dabei bin. Die Mauer ist von dieser Seite bereits bemalt, offensichtlich von mexikanischen Wandmalern. In spanisch steht da: "Existenz heißt: Widerstand", und „Es lebe ein freies Palästina, reißt die faschistische Mauer ein, es lebe die EZLN.“ Die EZLN, das ist die Bewegung der Zapatistas in Mexiko.

Gemalt sind ein Gesicht mit einem Palästinensertuch, geschlungen wie die Mütze der Zapatisten, Mais, ein Löwe, Symbol von Öl und Geld, der seine Zähne in einen Vogel schlägt, ein Drache, der alles verschlingt: ein Kind, ein Reh, einen Fötus.

Das Gefühl von eingesperrt zu sein, keine Luft zu bekommen, befällt mich immer stärker. Diese toten Häuser, die Mauer, Wachtürme, Stacheldraht. Und eigentlich wäre das alles gar nicht notwendig. Die Mauer der Ungerechtigkeit ist auch so schon zerstörerisch genug.

Meine Lieblingsstrophe, die Pete Seeger dem alten Woody Guthrie Lied "This land is your land, this land is my land" angehängt hat, fällt mir ein:

"Nobody living can ever stop me, as I go walking my freedom highway, nobody living can make me turn back, this land was made for you and me."

(Niemand, der lebt, wird mich auf meinem Freiheitsweg aufhalten, niemand der lebt, wird mich dazu bringen, umzukehren, dieses Land ist für dich und für mich gemacht).

Ich fange an zu singen, die Stimme versagt, ich muß heulen.

Später fahren wir noch nach Beit Sahour, dem Ort, in dem der Bibel nach "die Hirten auf dem Felde" waren. Wir treffen auch einen Schafhirten mit etwa fünfzig Tieren. Dort ist die Mauer ein Zaun, durchsichtig zwar, aber genau so unüberwindlich; "Life danger, do not enter", steht da. Ein mehrere Meter breiter Streifen, Natodraht, Land, Zaun, Land, Natodraht, der Zaun geht in Schlangenlinien, sehr viel Land einnehmend, vom Berg in das Tal und wieder bergauf.

Weihnachten in Bethlehem

Heute würden Maria und Joseph nicht mehr bis Bethlehem kommen, die Mauer würde sie daran hindern!

Am zweiundzwanzigsten Dezember gehen wir nach Bethlehem in die Geburtskirche. In „normalen Zeiten“ war Bethlehem zu dieser Jahreszeit total überfüllt. Christen aus aller Welt kamen, um Weihnachten in der Geburtsstadt Jesu zu verbringen.

Der Eingang ist so niedrig, daß wir uns bücken müssen, „demütig“ hineingehen. Zunächst gab es einen großen Eingang, die Eroberer ritten mit den Pferden in die Kirche, daraufhin wurde der Eingang verkleinert. Über den Vorraum hinaus durften ursprünglich diejenigen, die nicht getauft waren, nicht gehen. Auch die Frauen, die ihre Tage hatten, durften die eigentliche Kirche nicht betreten. Die unreine Frau. Welche Angst vor der Stärke der Frauen, vor dem Blut, vor der Fähigkeit der Frauen, Leben zu geben.

Die Mosaiken sind zerstört, die großartigen Säulengemälde dunkel, kaum noch zu erkennen. Erbaut im vierten Jahrhundert, muß es für die Menschen der Zeit ein wirklich „göttlicher“ Bau gewesen sein.

Ich bin nicht christlich getauft, dennoch geprägt von dieser Kultur. Die Plätze zu berühren, an dem der Legende nach Jesus geboren wurde, die Krippe gestanden haben soll und die drei Weisen gekniet haben, läßt mich still werden. Was für ein Geschichte mit welchen Auswirkungen! Wieviel Großartiges, aber auch wie viele Machtinteressen, Gewalt, Mord und Totschlag!

Vor zwei Jahren, im April 2002 erhielt die Geburtskirche eine gesteigerte internationale Aufmerksamkeit. Zu dieser Zeit begann die israelische Invasion „Schutzwall“. Hunderte von Panzern überrollten die palästinensischen Gebiete. Über ganz Palästina wurde die Ausgangssperre verhängt. Überall, wohin die Panzer unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung kamen, brachten sie Zerstörung und Tod. Besonders betroffen waren die Flüchtlingslager. Im Raum Bethlehem gibt es drei dieser Lager. Um sich vor Verhaftung und Todesdrohung zu schützen, flüchteten sowohl Zivilisten als auch palästinensische Kämpfer auf den Krippenplatz vor der Geburtskirche, in der Hoffnung, dort vor Angriffen geschützt zu sein. Die Angriffe der Israelis kamen an diesem Ort nicht durch die Panzer, sondern aus der Luft. Apache Hubschrauber feuerten Raketen in die Menschenmenge. Die Omar Moschee steht gegenüber der Geburtskirche. Sie wurde durch diese Angriffe in Brand gesetzt. Der einzige Ausweg, um ihr Leben zu retten, war für über 200 Menschen die Flucht in die Geburtskirche. Die israelische Armee belagerte daraufhin die Kirche und verlangte von den Kämpfern, sich zu ergeben. Niemand konnte die Kirche betreten oder verlassen. Die Belagerung dauerte 39 Tage an. Mehrere Menschen wurden in dieser Zeit durch die israelischen Soldaten erschossen, die Kirche geriet mehrfach in Brand.

Wir gehen durch die Altstadt, sie ist ärmlich, symbolisch: In einem Goldgeschäft stehen lauter leere Ständer, auf die früher mal Ringe und Ketten aufgezogen waren. Der Markt bietet Obst und Gemüse, wir kaufen wohlschmeckende Mandarinen, gleich fünf Kilogramm Khaki Früchte, Kartoffeln, Auberginen, Avocados, Schafskäse, für uns erschwingliche Preise, für das Durchschnittseinkommen der PalästinenserInnen sind sie entschieden zu hoch.

Auf der anderen Seite des Platzes an der Geburtskirche hatte . bis vor einiger Zeit das israelische Militär das größte Gebäude besetzt. Heute ist es, durch Finanzierung der schwedischen Regierung, zu einem Haus des Friedens und der Information umgebaut geworden. Treffen und Seminare finden dort statt, es gibt einen Buchladen, der mit ausgezeichnetem Informationsmaterial bestückt ist.

Die neue Regierung, Hoffnung und Desillusionierung

Die Wahlen sind vorbei. Kommunalwahlen haben stattgefunden. Zum ersten Mal sind sogar eine ganze Reihe Frauen auf der kommunalen Ebene gewählt worden. Mahmud Abbas ist gewählter Präsident. Zum ersten Mal seit Jahren gibt es Gespräche zwischen der palästinensischen und israelischen Regierung. Condolezza Rice besuchte seit vielen Jahren als erste hochrangige US-Politikerin Ramallah. Auf der politischen Ebene keimt so etwas wie Hoffnung auf.

Die Menschen aber haben zu viele Hoffnungsmomente in den letzten Jahren gehabt, die bitter enttäuscht worden sind. Das Land und seine Menschen sind in Hoffnungslosigkeit, Wut und Lethargie versunken. So leicht wird diese nicht zu überwinden sein, es sei denn, es entwickeln sich wirklich auf der Alltagsebene Veränderungen, einige wären:
  • Die Flüchtlinge dürfen nach Palästina zurückkehren,
  • Die Wasserversorgung wird von den Palästinensern selber geregelt,
  • Die unmenschlichen Checkpoints im Land werden geschlossen,
  • Die Gefangenen kommen in großem Maßstab frei,
  • Behinderungen werden im großen Maßstab aufgehoben,
  • Den Menschen wird ermöglicht, in Würde ihr Leben zu entwickeln, ein Leben,
  • In dem sie Arbeit haben,
  • In dem die Kinder ohne Angst zur Schule gehen können,
  • Die Menschen sich frei bewegen können,
  • Die Straßen von allen benutzbar sind,
  • Die Gesundheitsversorgung entscheidend verbessert und
  • Die Mauer eingerissen wird.
Quelle: www.jungewelt.de


Die bittere Geschichte der Beduinenfamilie es-Sanes in Lakiya - im Negev/Israel

Artikel von Ellen Diederich in 'junge Welt', 21.2.2005

Im Dezember 2004 und Januar 2005 fahre ich kreuz und quer durch Israel und Palästina. Unmittelbar an Ort und Stelle möchte ich durch Gespräche und Beobachtungen ein Bild davon bekommen, wie die Menschen die endlose Spirale der Gewalt erfahren, welche Perspektiven sie sehen. Ich sehe mir arabische Städte in Israel an, nehme an einer Aktion der Frauen in Schwarz in Tel Aviv teil, fahre in verschiedene Teile der besetzten Gebiete im Westjordanland.

„Wenn du ein umfassendes Bild von Israel bekommen willst, mußt du auch sehen, wie die Beduinen im Negev leben“, sagt Youniss, ein Freund, als ich ihn in Um El Fahem, einer arabischen Stadt in der Nähe von Nazareth, im Norden Israels gelegen, besuche. Youniss vermittelt mir den Kontakt zu seinen Freunden aus der alten Beduinenfamilie der es-Sanes., Sie leben heute weitgehend in Lakiya. Lakiya ist eine der sieben durch die israelische Regierung anerkannten Beduinenstädte. In jeder dieser Städte leben einige tausend Menschen.

Gewaltpräsenz aller Tage

Auf der Zugfahrt vom Norden Israels in den Süden sind nahezu die Hälfte der Fahrgäste im Zug SoldatInnen der israelischen Armee. In Tel Aviv muß ich umsteigen. Die Anspannung, die in diesem Land herrscht, ist körperlich spürbar. Im Bahnhof und Busbahnhof, für Selbstmordattentate bevorzugte Orte, befällt mich ein Unbehagen.

Eine Antwort auf die permanente Bedrohung durch Selbstmordattentate ist die ungeheure Aufrüstung des kleinen Landes im Alltag. Das Bild wird durch die Präsenz Hunderttausender junger SoldatInnen geprägt. Sie schlendern durch Einkaufszentren, über Bahnhöfe, Busbahnhöfe, häufig die Freundin oder den Freund am Arm. Mit der einen Hand halten sie das auf dem Rücken hängende Maschinengewehr, in der anderen oft etwas Eßbares. Das Maschinengewehr ist Gegenstand für „alle Tage“.

Beim Sitzen halten die Männer das Maschinengewehr längs am Körper, den Griff auf Brusthöhe, Abzug und Lauf zwischen den Beinen, den Lauf nach vorne oder unten gerichtet. Die Soldatinnen legen das Gewehr im Sitzen quer über ihren Schoß.

Im Zug mir schräg gegenüber sitzt ein junger Soldat. Er hat das MG zwischen seine Beine gelegt, den Abzugsgriff auf Penishöhe. Der Soldat spielt mit der einen Hand am Abzug, mit der anderen Hand hält er einen rosafarbenen runden Dauerlutscher, den er in den Mund hinein- und wieder hinausschiebt. Der Lauf des MG’s ist auf mich gerichtet.

Kommen mir die Gesichter so jung vor, weil ich inzwischen alt bin oder sind es wirklich fast Kinder? Welche Lebenserfahrung können sie mit 18, 19 Jahren gesammelt haben? Aber welche Lebenserfahrung wäre das überhaupt, die Menschen vielleicht in die Lage versetzt, mit Gewaltandrohung und –anwendung verantwortlich umgehen zu können? Die israelische Zeitung Haaretz veröffentlichte im Dezember die Ergebnisse einer Umfrage: Über 20% der israelischen Soldaten haben zugegeben, daß sie das Leben eines arabischen Menschen geringer achten als das Leben eines jüdischen Menschen. Da man so etwas nicht gerne zugibt, ist die Dunkelziffer vermutlich hoch. Hier sind es so viele, so junge Gesichter, daß mir Angst und bange um die Gesellschaft wird, in der der Alltag so durch Gewaltbereitschaft bestimmt ist. Anstatt die Ursachen der Gewalt anzugehen, werden immer mehr Formen von Gewalt entwickelt.

In den nächsten Tagen frage ich Israelis, ob sie sich durch so viele SoldatInnen beschützt fühlen? Keiner bejaht diese Frage.

Globalisierung, Tradition und Moderne

Mein erstes Ziel ist Ber Sheva, die Hauptstadt der Wüste Negev, eine moderne Großstadt mit vielen hohen Gebäuden. Sie erinnert mit riesigen Malls, in denen die Geschäfte fast alle zu US-amerikanischen Ketten gehören, den fast food Restaurants, sehr stark an US-amerikanische Städte. Die Lebensbedingungen in der Stadt sind Lichtjahre von denen entfernt, die ich in den nächsten Tagen in den Städten und Dörfern der Beduinen zu sehen bekomme.

Die Beduinen sind die Urbevölkerung des Negev. Sie sind BürgerInnen des Staates Israel. Ihre Dörfer und Städte sind das Armenhaus dieses Staates, der für sich in Anspruch nimmt, die „einzige Demokratie im Nahen Osten“ zu sein.

Hier spielt sich, dramatisch sichtbar, eine der vier Formen des Krieges ab, mit denen wir zur Zeit konfrontiert sind: Der Krieg der brutalen Globalisierung, durch den sich täglich für Millionen Menschen in aller Welt die ökonomisch Bedingungen verschärfen. Dieser Form des Krieges fallen heute die meisten Menschen zum Opfer. In diesem Krieg sind die schärfsten Waffen der Hunger, der Mangel an sauberem Wasser, die Verweigerung von bezahlbaren Medikamenten für heilbare Krankheiten. Dieser Krieg zerstört die Grundlagen eigenständiger Subsistenz-produktion, schafft soziale Abhängigkeiten dadurch, daß die Menschen keine Arbeit haben, auch keine eigenständige Landwirtschaft betreiben können, von der sie leben könnten, somit auf Almosen angewiesen sind. Die Situation ist mit permanenter Demütigung und Vertreibung verbunden.

Die Lage der Minderheit der Beduinen geht in den Analysen des Nahostkonfliktes unter. Selbst meine palästinensischen FreundInnen in Beit Jala, bei denen ich vor und nach dem Besuch im Negev wohne, sind von meinem Bericht überrascht, die Lage der Beduinen verschwindet offensichtlich hinter Berichten über Ungerechtigkeiten und Mißstände in den besetzten Gebieten der PalästinenserInnen. Um so mehr Grund sehe ich, Öffentlichkeit darüber herzustellen, was zur Zeit dort im Negev geschieht.

Die Familie es-Sanis

Es ist eine fremde Lebenswelt, in die ich unvermittelt gerate. Fares und Soleiman sind die beiden ältesten Söhne der Großfamilie es-Sanis. Wir kommen nach Einbruch der Dunkelheit in Lakiya an. Die Beleuchtung ist spärlich, die Straßen sind holperig.

Fares, bei dessen Familie ich wohne, ist der älteste Sohn der Familie. Er ist Vater von 8 Kindern. 6 leben noch zu Hause, ein Sohn ist zum Studium in Deutschland. Fares Frau hat gekocht, mir zu Ehren gibt es Reis, Hühnchen, Tomatensauce mit Bohnen, Humus, Salat und Brot. Ein Festmahl, wie ich in den nächsten Tagen feststelle.

Das Haus ist ebenerdig und in sich verschachtelt. In mehreren Räumen liegen Matratzen, Decken. Jetzt, Ende Dezember, ist es am Abend und in den Nächten bitterkalt in den ungeheizten Häusern. Ein kleiner Gasofen steht in dem Zimmer, das an die Küche angrenzt. Alle hocken sich um den Gasofen, um etwas Wärme abzubekommen. Hier steht auch der Fernseher, der, wie nahezu überall in diesem Land, permanent läuft. Aus einem Zimmer werden die Matratzen entfernt, ein Bett zurechtgerückt, hier ist für die nächsten Tage mein Schlafzimmer, Die Kinder, die sonst hier schlafen, verteilen sich auf die anderen Räume. Außer den Eltern bin ich die einzige, die in einem Bett schläft.

Rolle und Lage der Frauen und der Familien

Patriarchin der Großfamilie ist Amna, 70 Jahre alt, Mutter von 11 Kindern, Großmutter von 65 Enkelkindern, Urgroßmutter von 13 Urenkeln. Sie wohnt gleich nebenan. Amna ist eine faszinierende Frau. Mit ihren 70 Jahren ist sie von einer wunderbaren Lebendigkeit, lacht viel. Die ganze Großfamilie lebt im Umkreis von etwa 300 Metern. Am Morgen kommen Söhne, Töchter, Schwiegertöchter mit den kleinsten Kindern und viele der Enkelkinder bei Amna vorbei. Der Besuch ist Wunsch der Kinder, keine Pflicht. Auch ich als Gast bin jeden Morgen eingeladen. Die Erwachsenen bekommen mit Kardamon gewürzten arabischen Kaffee. Alle fragen, wie es der Mutter und Großmutter geht. Es geht ihr gut. Ihr ganzes Leben lang hat sie unmenschlich schuften müssen, heute kann sie sich ausruhen, wird von der Familie versorgt. Sie kann sich ganz dem hingeben, was sie bis heute gerne macht, traditionelle Handarbeiten. Sie ist eine Meisterin der Stickereiarbeit mit Kreuzstich. Diese Stickerereien machen die Kleider der Frauen so unvergleichlich anziehend. Diese Form der Handarbeit ist uralt, teilweise nennen sich die Frauen, die sie machen, die Töchter der Anat. Anat war die Göttermutter der alten Kanaaiter. Die Frauen, die keine Mathematik gelernt haben, haben ein phantastisches mathematisches Gedächtnis, da sie ja die immer wiederkehrenden Muster behalten und in ihrer Form berechnen müssen. Amna stellt auch Stoff-Friese her, die sie ebenso bestickt und mit Troddeln in verschiedenen Farben versieht. Rings um die Wände des Wohnzimmers ist ein solcher Fries gespannt.

Insgesamt hat sie fünf Vertreibungen durch die Israelis innerhalb des Landes erlebt. Sie hat die vielen Kinder ohne Strom, Waschmaschine, Gasherd großgezogen, erzählt sie mir. Der Mann ist vor über 20 Jahren gestorben. Die beiden ältesten Söhne übernahmen mit dem Tod des Vaters die Verpflichtung, das Geld für die Großfamilie zu verdienen.

10, 12 Enkelkinder kommen abends zu Amna und schlafen bei ihr im Bett oder auf den am Boden ausgebreiteten Matratzen. Manchmal bringen gleich drei oder vier Töchter und Schwiegertöchter Frühstück oder Mittagessen vorbei. Alles wird angenommen, kommt in den Kühlschrank und die Kinder werden am nächsten Tag damit bewirtet.

Die Beduinenfrauen spielten in der traditionellen Familie eine große Rolle. Sie geben das Leben, organisierten das Alltagsleben, den Haushalt und die Versorgung der Familie. Man spürt die Achtung bis heute. Sie sind selbstbewußter als andere arabische Frauen, die ich getroffen habe. Ihre schöne braune Haut ist auch im Alter noch auffallend glatt.

Nicht mehr Analphabetin sein

Etwa 90% der Beduinenfrauen über 25 Jahre sind Analphabetinnen. Amna hat sich mit 68 Jahren entschieden, daß sie Lesen und Schreiben lernen will. Sie zeigt mir eine Erstklässler Fibel, nach der sie lernt und liest mir in arabisch vor. Ich soll die arabischen Worte nachsprechen, treffe selten die richtige Aussprache. Um sie herum Enkelkinder, die bereits lesen können, sie verfolgen jedes Wort genau. Wird es etwas holprig, verbessern sie die Großmutter liebevoll. Ich soll bleiben, sagt Amna, sie könne mir Arabisch beibringen, von mir möchte sie Englisch lernen.

Die Beduinen sprechen einen arabischen Dialekt. So müssen die Kinder in der Schule zunächst Schriftarabisch, lernen, Hebräisch, und, falls sie es schaffen, lange zur Schule zu gehen, Englisch. Das ist nicht ganz einfach. Die Schulen in den Beduinengebieten liegen weit auseinander. Vorschulen in Israel sind eigentlich ab vier Jahren verpflichtend. Für die 10.000 Beduinenkinder in dem Alter gibt es aber nur vierhundert Plätze. Besonders für die Mädchen ist es sehr schwierig, die täglichen Entfernungen von 7 – 20 km zur Schule zu überwinden. Die Eltern sind sehr besorgt, daß den Mädchen nichts geschieht.

Die Zärtlichkeit und Liebe zu den Kindern

Niemals zuvor im Leben bei meinen Reisen in verschiedene Erdteile habe ich Männer erlebt, die so liebevoll und zärtlich mit den Kindern umgehen. Die ganze Familie tut das, die Frauen und Geschwister hätscheln und küssen die Kleinsten. Besonders auffällig aber ist es, daß auch die Männer streicheln, liebkosen und eine ganz zärtliche Stimme bekommen, wenn sie die Kleinen auf den Schoß nehmen. Die Kinder kuscheln sich an Mutter, Vater und die Geschwister, Cousinen, Tanten, Onkel, immer sind irgendwelche Familienangehörigen gerade zu Besuch. Das ist nicht immer konfliktfrei, klar.

Dennoch, es mitzuerleben ist eine große Herausforderung. Ich lebe, wie viele bei uns, als Single, getrennt von Mutter, Kindern, Enkelkindern., Was haben wir verloren?

Fares älteste Tochter ist Lehrerin, sie lebt in der Nähe von Tel Aviv. Aus der Großfamilie sind drei der Söhne und Enkelsöhne zum Studium in Deutschland, wollen Arzt, Apotheker und Computerfachmann werden. Die Familien hoffen darauf, daß die Söhne zurückkommen und die Lage der Beduinen verbessern. Israel gibt sehr wenige Studienplätze an die Beduinen. Sie müssen ins Ausland gehen.

Um das Studium zu ermöglichen, lebt die Familie sehr eingeschränkt. Das Frühstück besteht aus Brot, eingetaucht in Olivenöl und eine Mischung aus gemahlenem Thymian mit Sesamkörnern, vielleicht noch etwas Käse, eine warme Mahlzeit im Laufe des Nachmittags, Salat aus Gurke, Tomate, Petersilie, Reis oder Nudeln dazu eine Soße aus Tomaten mit grünen Bohnen. Abends werden ein paar Hände Mais zu einem riesigen Topf Popcorn, dazu gibt es ein Stück Brot.

Die Brüder Fares und Soleiman sprechen begrenzt Englisch, ich spreche kein Wort Arabisch außer shukran, danke. Wir wenden jedes Wort so präzise wie möglich, damit die Information möglichst genau wird. Nach und nach erfahre ich die Familiengeschichte. Sie ist vergleichbar mit der vieler Beduinenfamilien aus der Region. Im Beduinen Zentrum in Beer Sheva bekomme ich die anderen Informationen.

Geschichte und heutige Lage der Beduinen

Die Beduinen leben seit vielen Jahrhunderten in dieser Region, waren größtenteils Nomaden, Vor 1948 lebten an die 600.000 Beduinen in Palästina. Die seßhaften Beduinen verfügten über große Ländereien, lebten weitgehend von der Landwirtschaft, bauten Getreide, Weizen, Mais, Wein, Oliven- und Obst-, vor allem Apfelbäume an. Ihr Gebiet ging bis an die Region des heutigen Gaza. 1948, bei der Gründung des Staates Israel, wurden 90% der Beduinen aus ihren angestammten Regionen und Dörfern vertrieben. Ein Teil von ihnen floh in den heutigen Gazastreifen, andere in die Westbank oder nach Jordanien. Die restlichen zehn Prozent wurden durch die Israelis mit Gewalt von ihrem angestammten Land und aus den Dörfern vertrieben. Der große Teil von ihnen wurde zunächst nördlich von Beer Sheva in der Gegend um das heutige Lakyia umgesiedelt. Die vertriebenen Familien versuchten, sich einigermaßen einzurichten.

Seit 1950 hat Israel ständig hartnäckig versucht, die Beduinen in immer kleinere Gebiete und schließlich in sieben, durch die Regierung kontrollierten Städte in der Region einzugrenzen. Die Städte entstehen, ohne die Beduinen in den Planungsprozeß einzubeziehen. Diese Politik hat einen Teil der Beduinen, die in den nicht anerkannten Dörfern leben, dazu gebracht, Land weit unter Preis für grundlegende städtische Versorgungsdienste in diesen Städten zu verkaufen. Selbst diese 7 anerkannten Städte gehören zu den ärmsten Gemeinden Israels.

1952 dann wurde eine neues Gesetz gemacht, das besagte, daß alles Land, auf dem keine Araber sind, dem Staat Israel zufällt. In der Folge dieses neuen Gesetzes wurden die Familie aus Lakyia durch Soldaten, die eines Tages in die Ansiedlungen kamen, vertrieben. Man ließ den Menschen fünf Stunden Zeit, das nötigste zusammenzupacken und trieb sie bis unmittelbar an die jordanische Grenze. Jordanien hatte bereits Hunderttausende von Flüchtlingen aufgenommen, weitere Flüchtlinge wollte es nicht mehr aufnehmen.

Die Region des Negev umfaßt nahezu die Hälfte des gesamten Gebietes des Staates Israel. 8% der israelischen Bevölkerung leben hier. Weit entfernt von den wirtschaftlich entwickelten und kulturellen Zentren sind die Beduinendörfer und -städte die ärmsten Israels. Die Arbeitslosigkeit ist ungeheuer hoch, in den anerkannten Gemeinden um die 60%, in den nicht anerkannten Dörfern noch höher. Die Menschen finden keine Arbeit, das Land, auf dem sie etwas anbauen könnten, ist ihnen weggenommen worden. Da man den Bewohnern nur sehr wenig Land gelassen hat, kann kaum etwas angebaut werden. Der einzige Rest der Subsistenz sind einige Ziegen und Schafe, die in engen Pferchen gehalten und zum Weiden an die Ränder der Felder der Kibuzzim und Großgrundbesitzer getrieben werden.

So sind die Menschen abhängig von staatlicher Fürsorge, erhalten als israelische StaatsbürgerInnen eine monatliche Unterstützung von umgerechnet ca. 300 Euro pro Familie. Die Familien sind sehr groß, durchschnittlich 10 – 12 Mitglieder. Die Lebensmittelpreise liegen nur unwesentlich unter denen in Deutschland.

Der Negev, einst ausschließlicher Lebensraum der Beduinen, ist heute Israels größte Landreserve. Die Regierung will dieses Land für die Zukunft und Entwicklung der jüdischen Bevölkerung (die Beduinen sind Moslems) und als Übungsgelände des Militärs behalten. Die Beduinen haben große Familien. Von den 600.000, die 1948, bei der Gründung des Staates Israels hier lebten, wurden 90% vertrieben. Etwa 60.000 blieben übrig, heute sind es an die 170.000 Beduinen. Sie stellen 25% der Bevölkerung des Negev. Verfügten sie ursprünglich über das ganze Land, so sind ihnen heute noch 2% des Landes geblieben. Obwohl die Beduinen israelische StaatsbürgerInnen sind, haben sie keinesfalls gleiche Rechte. Die bitterste Kränkung gegenüber den Beduinen besteht darin, daß ihnen der Gebrauch und das Eigentumsrecht des Landes verwehrt wird.

Die Nicht anerkannten Dörfer

Von den etwa 170.000 Beduinen leben an die 76.000 in 45, sogenannten nicht anerkannten, Dörfern. In jedem dieser Dörfer leben zwischen 600 und 4.000 Menschen. Der Bau von Häusern in diesen Dörfern ist illegal. Den Bewohnern wird jegliche Versorgung mit Wasser- und Abfallentsorgung, sowie Elektrizität verwehrt. Darüber hinaus könnten sie sich Elektrizität auch gar nicht leisten. Eine Kilowattstunde, durch einen Generator erzeugt, kostet 20 israelische Shekel. Für die Bewohner der Dörfer ist das eine Summe, die sie nicht aufbringen können. So herrscht in den Wellblechhütten und Zelten im Sommer eine Temperatur von ca. 50 Grad Celsius, im Winter ist es nachts empfindlich kalt. Die Kochstelle ist ein Loch im Boden, im Regal sind ein paar Tassen und ein Topf. Die Wege sind so holperig, daß unser Auto Mühe hat, zu fahren.

Beschneidung der Lebensmöglichkeiten und permanente Enteignungen

Aber auch in den anerkannten Dörfern lebt die Hälfte der Bevölkerung als nicht anerkannte BewohnerInnen. Sie erhalten keine Erlaubnis, Häuser zu bauen, sind nicht an Elektrizität oder Wasserversorgung angeschlossen. Die Familien der Beduinen sind groß, wachsen rapide, brauchen mehr Platz. Auf abenteuerlichen Wegen holen sie sich Strom und Wasser, oft von Häusern, die mehrere Hundert Meter entfernt liegen.

Auch Fares und seine Familie leben als nicht Anerkannte im anerkannten Lakiya. Die Familie hatte früher in der Umgebung größere Stücke Land. Fares fährt mit mir durch die Felder, die heute zu einem Kibbuz gehören. Ich spüre seine Verbitterung. Ein kleines Stück Land ist geblieben. Es ist umzäunt, eine armselige Hütte steht darauf und ein Betonboden, auf den mal ein Haus gebaut werden soll, ist gegossen, etwas Gemüse angebaut. Wir betreten das Stückchen Garten. Seine Frau wollte hier Hühner züchten, damit die Großfamilie Eier hat. Die israelischen Soldaten sind gekommen und haben die Hühner alle getötet. Bei meinen weiteren Recherchen erfahre ich, daß auch in den besetzten Gebieten Hühner getötet wurden, insgesamt an die 1.5 Millionen.

Als wir zur Hütte kommen, sehen wir, daß an der Tür ein Zettel hängt. Es ist eine Nachricht der israelischen Polizei. Die Nachricht sagt: Die Hütte ist illegal, sie muß abgerissen werden. Auch auf dem Betonboden liegt ein solcher Zettel:, festgeklemmt mit einer Coca Cola Flasche, die mit Wasser gefüllt ist. Die Anweisung: Innerhalb von wenigen Tagen habe die Familie das Stück Land zu räumen. Das ist am 29. Dezember 2.004.

Den Bewohnern werden kommunale Selbstverwaltung ebenso wie Zugangsstraßen, öffentliche Transportmittel, ausreichende soziale und Gesundheitsversorgung, sowie angemessene Erziehung und Bildung verwehrt.

Bildung

Mein Gastgeber Fares war Lehrer für Beduinenkinder. Die Schulbücher für den Geschichtsunterricht lehrten Geschichte ausschließlich aus der israelischen Perspektive. Eines Tages sagte Fares seinen SchülerInnen: Klappt die Bücher mal zu und er erzählte ihnen von der Geschichte der Beduinen in dieser Region. Der Schulleiter erfuhr davon, Fares wurde aufgefordert, zu den Büchern zurückzukehren. Er weigerte sich, da er das Recht auf Wissen der eigenen Geschichte als wichtig ansah. Er wurde entlassen. Es gab eine Reihe von Protestaktionen gegen sein Entlassung.

Wie wichtig das Beharren auf die eigene Geschichte ist, wird mir beim Gang durch die Altstadt von Beer Sheva deutlich. Der alte arabische Teil in Beer Sheva zum Beispiel, ist heute weitgehend mit arabisch jüdischen Einwanderern aus Nordafrika besiedelt. Die Straßen wurden umbenannt. Zwar hat man das Gefühl, in einem arabischen Stadtteil zu sein. Aber die Moschee z.B. ist seit 1948 geschlossen. Die Schrift an den Läden ist hebräisch. Die Kultur der jüdischen Araber aus Nordafrika unterscheidet sich sehr von der der ursprünglichen Bewohner, die vertrieben wurden.

Alle diese Erfahrungen sind für Fares und Soleyman der Anlaß, mit anderen zusammen ein Bildungszentrum für Beduinen zu entwickeln. Hier sollen ohne Beeinflussung Geschichte, Traditionen, aber auch durch die moderne Gesellschaft geforderten Kenntnisse und Fähigkeiten gelehrt und gelernt werden. Das Ziel ist jetzt, in Lakiya selber ein solches Ausbildungszentrum, vor allem für Frauen, einzurichten, um die Rate der Analphabetinnen zu senken. Das ist dringend notwendig. Nur mit einer soliden Ausbildung wird sich die Lage der Beduinen grundlegend verbessern können.

In Lakiya sind zwei Frauenprojekte mit Unterstützung der EU und verschiedener Stiftungen entstanden. In dem einen Projekt werden aus heimischer Schafwolle wunderschöne Wollteppiche in verschiedenen Naturfarben hergestellt. Die Wolle wird selber gesponnen, gefärbt und ungefähr hundert Frauen aus der Umgebung weben die Teppiche.

In dem zweiten Projekt werden nach traditionellen Mustern Kleider, Taschen, Bilder, Schal mit Kreuzstich bestickt. Auch dort finden einige Frauen Arbeit. Was notwendig ist, ist eine gute Vermarktungsstrategie.

Gesundheit

In den nicht anerkannten Dörfern leben etwa 40.000 Kinder, 60% von ihnen unterhalb der Armutsgrenze. Die Sterblichkeitsrate bei Beduinen Kindern beträgt 17.1 % auf tausend Lebendgeburten, in der jüdischen Bevölkerung 4.5%. Die Zahlen für die Beduinen sind die gleichen, die sonst aus Dritt-Welt-Ländern bekannt sind. Die Schulwege sind bis zu 40 km weit. Im Winter versinken die unbefestigten Wege im Schlamm, Autos und Busse können dort nicht fahren. So müssen die Kinder oft kilometerweit von der Hauptstraße bis zu ihren Dörfern laufen. In keinem nicht anerkannten Dorf gibt es eine höhere Schule. Nur 27% der Beduinenkinder insgesamt erhalten einen höheren Schulabschluß.

Die Gesundheitsversorgung ist schlecht. Einige ärmlich ausgestattete Ambulanzen sollen 76.000 Menschen versorgen. Die Ambulanzen haben weder Elektrizität noch Wasseranschluß. Medikamente, die kühl aufbewahrt werden müssen, können gar nicht erst mitgenommen werden. Die behandelnden Ärzte sind zum teil jüdische Einwanderer aus Osteuropa, die die Sprache der Beduinen nicht sprechen.

Da die Dörfer keine Abfallentsorgung haben, gibt es Ratten und gefährliche Insekten. Viele Kinder werden durch Rattenbisse und Insektenstiche krank und müssen im Krankenhaus behandelt werden. Während der Sommermonate erkranken jährlich etwa 16.000 Kinder so ernsthaft an Durchfall, daß sie ebenfalls im Krankenhaus versorgt werden müssen. In der jüdischen Bevölkerung, die heute 75% der Negev Bewohner ausmacht, sind es etwa 5.000 Kinder, die an ähnlichen Symptomen leiden. Die Beduinenkinder sind jetzt, Ende Dezember, fast alle erkältet. Zwar gibt es in Israel eine medizinische Grundversorgung. Die Dörfer aber sind oft 20 – 30 km vom nächsten Krankenhaus entfernt. Die Menschen haben kein Geld für Busfahrten. Bei meinem Besuch jetzt sehe ich ein kleines Kind, das sich so schwer verbrannt hatte, daß es ärztliche Hilfe brauchte. Die Mutter mußte hin und zurück ca. 20 km weit mit dem verbrannten Kind laufen.

Insgesamt ist der Krankheitsstand bei den Beduinen Kindern etwa 10 mal so hoch wie bei jüdischen Kindern.

Ungleiche Landverteilung, systematische Zerstörungen

In der gleichen Zeit, in der sich die Lebensbedingungen der Beduinen so rapide verschlechtern, entstehen in der selben Region sogenannte individuelle Landgüter. Es sind Bauernhöfe mit riesigen Anbauflächen, die von der Regierung an einzelne jüdische Familien oder Gruppen in Verbindung mit einer voll zur Verfügung gestellten Infrastruktur und großzügig gewährter institutioneller Unterstützung gegeben werden. Der private Bauernhof von Premierminister Sharon im Negev z.B. umfaßt ein Gebiet von 5 qkm.

Der Staat Israel hat 2.000 ein berüchtigtes „Regierungsprogramm, wie mit dem Beduinen Sektor umzugehen ist“ beschlossen. Seit dieser Beschluß in Kraft trat, sind mehr als 100 Häuser zerstört worden und Tausende von Feldern mit Chemikalien besprüht worden, wodurch die Ernten unbrauchbar geworden sind. Das heißt, daß über 100 Familien ihr Zuhause verloren haben und für viele andere ihre hauptsächliche Einkommensquelle vernichtet wurde.

Die systematische Aushöhlung der traditionellen Kultur und Lebensmöglichkeiten der einzelnen Menschen haben, wie vorauszusehen war, zu extremer Armut und einer hohen Kriminalitätsrate in den Beduinenstädten geführt. Heute stehen die Menschen vor der dramatischen Zerstörung der Beduinen Kultur und ihrer Transformation in eine durch Bitterkeit, Armut und Kriminalität gekennzeichnete Gesellschaft.

Identitäten in der Zerstörung und Vernichtung bei den Beduinen und Indianern Nordamerikas

Auf dem Weg zu den Beduinendörfern kommen mir ständig Erinnerungen an den Weg, den wir so oft von Las Vegas aus zum Atomtestgebiet Nevada gefahren sind, um gegen die Atomtests zu protestieren.

Jeweils prosperierende Städte in der Wüste: In den USA ist es Las Vegas, in Israel Beer Sheva. Hier wie dort kommt man zunächst an einem riesigen Gefängniskomplex vorbei. In den USA ist es eines der größte Gefängnisse von Nevada mit unterirdischen Zellen, privat betrieben. Hier ist es das Gefängnis von Beer Sheva, in dem zur Zeit etwa 6.000 Gefangene, zumeist PalästinenserInnen, häufig ohne Gerichtsurteil, einsitzen.

Der prominenteste Gefangene Ende Dezember ist Marwan Barghouti, fünfmal zu lebenslänglicher Haft verurteilter Palästinenser. Er kandidierte um das Amt des Präsidenten Palästinas, war der Herausforderer von Abbas, der inzwischen gewählte Präsident. Viele Kommentatoren der internationalen Presse meinen, daß er zur Zeit der einzige sei, der die PalästinenserInnen vereinigen könnte. Alle Versuche, seine Entlassung zu erreichen, waren vergeblich. Barghouti zog seine Kandidatur zurück. Nach meiner Rückkehr lese ich, er ist aus fast zweijähriger Isolationshaft entlassen und in ein anderes Gefängnis in Beer Sheva verbracht worden.

Vor dem Tor wartet eine lange Schlange von Menschen, meist Frauen und Kinder mit Essenspaketen. Sie wollen ihre angehörigen Männer im Knast besuchen. Ein Bus aus Nazareth, etwa 250 km entfernt von hier, steht vor dem Tor. Die Wege der Angehörigen sind weit.

Als nächstes kommen wir an einer riesigen israelischen Polizeistation vorbei, in Nevada war es eine vergleichbar große Einheit der US-amerikanischen Luftwaffe, die vor allem Tiefflugübungen macht. Tag und Nacht donnerten Flugzeuge in sehr niedriger Höhe über unsere Köpfe hinweg. Im Negev haben die Zeitungen dieser Tage die Nachricht verbreitet, daß zusätzlich tausend Polizisten hier her verlegt werden sollen. Der Plan sieht vor, die illegalen Dörfer aufzulösen, die Bauten aus Wellblech und Abfallholz zu zerstören.

In Nevada kommt man dann an Reservate der Western Shoshone, das ist die indianische Nation, die dort seit Jahrtausenden gelebt hat. Ihr Land wurde widerrechtlich enteignet. Das Gelände des Atomtestgebietes ist etwa so groß wie Dänemark. In der Tradition der Shoshone ist die Vorstellung, Land zu kaufen oder verkaufen, völlig widersinnig.

Die Gesundheit der Shoshone ist durch die Atomtests außerordentlich beeinträchtigt. Atomtests mit der Explosionskraft von 14.000 Hiroshimabomben sind dort getestet worden. Die Krebsrate liegt bei einigen Krebserkrankungen bis zu 52% über dem Durchschnitt in den USA.

Hier im Negev, in unmittelbarer Nähe eines Teils der nicht anerkannten Dörfer produziert eines der größten Chemiewerke Israels. In den Dörfern ist die Krebsrate ebenfalls sehr hoch, es gibt auffallend viele Fehlgeburten und Kinder, die mit Behinderungen zur Welt kommen. Etwa 45 km entfernt liegt das israelische Atomkraftwerk und Atomwaffenlager Dimona.

Die Geschichte der Vertreibung, Mißachtung, Armut, Unterdrückung und Eliminierung der Beduinen erinnert fatal an die der indianischen Urbevölkerung Nordamerikas.

Quelle: www.jungewelt.de