Köln, 24.2.2005, Zweite Instanz im Prozeß der Nato-Kriegsopfer von Varvarin im ehem. Jugoslawien gegen die Bundesrepublik DeutschlandBilder

»Der Fall Varvarin ist offener als erwartet«

Interview mit Heinz-Jürgen Schneider, geführt von Peter Wolter in 'junge Welt' vom 25.2.2005

OLG Köln beriet in 2. Instanz über Schadenersatzklage der Bombenopfer aus Varvarin. Gericht zeigt sich aufgeschlossen.

* Heinz-Jürgen Schneider ist Rechtsanwalt und vertritt mit seiner Kollegin Gül Pinar Einwohner der serbischen Kleinstadt Varvarin, die am 30. Mai 1999 bei einem Raketenangriff der NATO verletzt wurden. Bei dem Angriff waren zehn Zivilisten getötet und 17 schwer verletzt worden.

F: Das Landgericht (LG) Bonn hatte Ende 2003 die Schadenersatzklage von Bürgern der serbischen Kleinstadt Varvarin zurückgewiesen, die im Jugoslawien-Krieg Opfer eines Raketenangriffes der NATO geworden waren. Am Donnerstag befaßte sich das Oberlandesgericht (OLG) Köln in 2. Instanz mit dem Fall. Gibt es ein Ergebnis?

Es ist noch keine Entscheidung ergangen, sie soll am 16. Juni verkündet werden. Die Verhandlung war allerdings überraschend positiv für uns. Kläger aus Varvarin waren zwar nicht angereist, aber der Saal war voll von Sympathisanten.

F: Vor der Berufungsverhandlung rechneten Sie damit, daß das OLG die Bonner Entscheidung weitgehend bestätigt. Sie hatten angekündigt, dann in die 3. Instanz, zum Bundesgerichtshof (BGH) zu gehen ...

Das wäre der nächste Schritt. Aber ich muß sagen, daß uns Anwälten nach der Verhandlung am Donnerstag die Entscheidung viel offener erscheint, als wir es erwartet hatten. Erstens hat sich das Gericht unserer Auffassung angeschlossen, daß die Klage zulässig ist. Zweitens hat es erklärt, das deutsche Staatshaftungsrecht, auf das wir uns berufen, sei generell auch auf Kriegsverbrechen anzuwenden. Und zwar dann, wenn eine bestimmte Schwelle überschritten ist, wenn eine bestimmte Qualität von Kriegsverbrechen vorliegt. Das ist ein deutlicher Unterschied zu der Entscheidung des LG Bonn.

In der Verhandlung ging es denn auch darum, ob das, was in Varvarin am Pfingssonntag 1999 geschehen ist, bereits diese Schwelle zum Kriegsverbrechen überschritten hat. Konkret ging es darum, ob die Auswahl einer strategisch unbedeutenden Brücke in einer militärfreien, friedlichen Kleinstadt als Raketenziel schon gegen das Völkerrecht verstößt.

Es ging auch darum, ob die Art und Weise, wie der Angriff durchgeführt wurde, den deutschen Staat zur Haftung verpflichtet. Die Stadt war damals wegen eines Marktes voller Menschen, der Angriff erfolgte genau zur Mittagszeit. Zu diesen Aspekten wurden unterschiedliche Ansichten geäußert, die das Gericht jetzt in aller Ruhe prüfen will.

F: Der BGH hatte im Falle der Schadenersatzklage der Opfer aus dem griechischen Ort Distomo, wo die Waffen-SS 1944 218 Menschen massakrierte, angedeutet, daß gegenüber früheren Entscheidungen heute ein anderer Rechtsstandpunkt denkbar ist. Spielte dieses BGH-Urteil eine Rolle?

In zweifacher Hinsicht: Zum einen sagte der Vorsitzende, für ihn wäre eine Entschädigung selbstverständlich gewesen, wenn er so etwas wie den Fall Distomo auf den Schreibtisch bekommen hätte. Und zum anderen hat das Kölner Gericht in bezug auf das BGH-Urteil argumentiert, in Fragen des Schutzes von Menschenrecht und Menschenwürde sei für heutige Fälle eine andere Betrachtungsweise nötig als für Fälle aus dem Zweiten Weltkrieg.

F: Die Bundesregierung hatte versucht, die bettelarmen Kläger aus Varvarin dadurch einzuschüchtern, daß sie ihnen die hohen Anwaltskosten in Rechnung stellte. Kam auch das zur Sprache?

Auch zu diesem Aspekt gibt es Positives. Für die jetzige Instanz hat das Kölner Gericht Prozeßkostenhilfe bewilligt. Das heißt, die Klägerinnen und Kläger müssen die Kosten nicht selber tragen, weil sie mittellos sind. Die Kosten übernimmt der deutsche Staat.

F: Gesetzt den Fall, das Kölner Gericht schließt sich der Bonner Entscheidung an und Sie würden auch in der 3. Instanz, beim BGH, scheitern. Welche Möglichkeiten gäbe es noch?

Dann kann man eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Danach stünde noch die Möglichkeit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof offen. Aber das ist erst einmal Zukunftsmusik.

Quelle: www.jungewelt.de


»Das Ergebnis der Berufung ist offen«

Projektfortschrittsbericht vom 01.03.05

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde und Unterstützer,

am 24.02.2005 fand vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln die Berufungsverhandlung der Zivilklage der Varvariner NATO-Opfer gegen die BRD statt. Die 1. Instanz, das Landgericht (LG) Bonn, hatte mit Urteil vom 10.12.2003 die Klage für zulässig befunden, jedoch als unbegründet abgewiesen. Gegen die Abweisung wegen Unbegründetheit richtete sich die fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger. Die Begründung der Berufung, gefertigt von der Kanzlei Getzmann, Schaller Pinar & Hoffmann, wurde bei Einhaltung der gewährten, verlängerten Frist Ende August 2005 beim OLG Köln eingereicht. (Der Text der Berufungsbegründung ist bei www.nato-tribunal.de, dort „Varvarin“ zu finden.)

Die seitens der deutschen Regierung prozessbevollmächtigte Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs & Widmaier (weiter Kanzlei Redeker genannt) antwortete auf die Berufung nebst Begründung im Namen ihrer Mandantin mit Schriftsatz zum OLG Köln vom 08.12.2004.

Kanzlei Redeker beantragte:
1. die Berufung gegen das Urteil des LG Bonn vom 10.12.03 zurückzuweisen;
2. den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Anträge wurden begründet.

Mit diesem Bericht informiert Sie der Projektrat (PR) über den Ablauf der Verhandlung vor dem OLG Köln am 24.02.05. Die Juristen unter Ihnen mögen es uns nachsehen, dass wir als Nichtjuristen uns vielleicht nicht der für sie gewohnten, exakten Ausdrucksweise bedienen.

1. Gericht und Parteienvertretung
  • 7. Zivilsenat des OLG Köln: Vorsitzender Richter Herr Dr. Prior, 2 Beisitzer
  • Erschienen für 34 der Kläger: Frau RA Pinar und Herr RA Dr. Heinz-Jürgen Schneider
  • Erschienen für eine Klägerin: Herr RA Dost
  • Erschienen für die Beklagte: Frau Bornstett, Frau Stütz, beide Bundesverteidigungsministerium, Herr RA Dr. Brand und Herr RA Dr. Karpenstein
Die Verhandlung zum Fall Milenkovic u. a. gegen Bundesrepublik Deutschland wurde durch das Gericht um 12.20 Uhr eröffnet.

2. Verhandlung des Widerspruches gegen Versagung der PKH

Die 1. Instanz hatte die durch 32 Kläger beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) aus 3 Gründen versagt:
  • Die beantragenden Kläger hätten den Anwalt gewechselt (von Dost zu Pinar)
  • Dritte (gemeint waren PR-Mitglieder und Spender) kämen für die Prozesskosten der Kläger auf, womit diese nicht bedürftig seien,
  • Mangelnde Erfolgsaussichten der Klagesache selbst.
Das OLG führte nun aus, dass es keinesfalls die PKH mit dem Grund der mangelnden Erfolgsaussichten der Klagesache selbst ablehnen werde. Ganz im Gegenteil, es handele sich um grundsätzlich neue Rechtsanwendung, was PKH-Gewährung rechtfertige.

Der Vorsitzende befragte Frau RA Pinar hinsichtlich der Verausgabung der für die Kläger gesammelten Spendenmittel. Frau Pinar stellte klar, dass die gesammelten Mittel zuletzt durch Bezahlung der Kostenforderung der Kanzlei Redeker nahezu vollständig verausgabt seien, und dass kaum noch Spenden einträfen. Somit sei Bedürftigkeit der Antragsteller gegeben.

Hier wandte RA Dost ein, dass er Kenntnis davon habe, dass doch noch Spendenmittel vorhanden seien und weitere Geldzugänge zu verzeichnen wären (Anmerkung des PR: Herr Dost ist nicht über die Kontenführung des Spendenkontos informiert. Welchen Zweck sein Einwurf auf Basis von Unwissenheit verfolgte, ist nicht klar). Jedenfalls ging das Gericht nicht auf Dost’s Behauptung ein.

Der Vorsitzende merkte an, dass alle PKH-Anträge in serbischer Sprache abgefasst seien. Um den erheblichen Aufwand von Übersetzungen vielleicht zu sparen, wolle er später mit Frau RA Pinar noch telefonisch Rücksprache nehmen, um ein anderes, zweckdienliches Verfahren zur Anwendung zu bringen. Vielleicht kämen kurze eidesstattliche Versicherungen der Antragssteller in Frage.

Der Versagungsgrund ‚Anwaltswechsel’ spielte keine Rolle mehr. Offensichtlich wurde, dass das Gericht die PKH gewähren werde, wenn die formalen Dinge erledigt werden.

An dieser Stelle beantragte RA Dost mündlich und überraschend nun auch erstmalig PKH für seine Mandantin, Frau Ristic. Hatte er doch im April 2001 alle Kläger dazu gebracht, ihm zu unterschreiben, dass er nicht PKH-Anträge stellen solle.

3. Rechtserörterungen des Gerichtes mit den Parteien in der Hauptsache

Der Vorsitzende führte eingangs aus, dass dieses Gericht nicht die Völkerrechtskonformität oder ggf. –widrigkeit des NATO-Krieges gegen Jugoslawien als solchen klären werde. Diese Frage sei hier nicht gegenständlich und werde somit auch nicht entschieden.

Das OLG sei wie das LG Bonn der Auffassung, dass die Klage zulässig sei.

Die Anwälte der Regierung widersprachen dem. Sie trugen vor, dass kein Tatort in Deutschland ersichtlich sei. Auch hätte deutsches Militärpersonal den Angriff nicht ausgeführt. Unter den betroffenen Klägern sei auch kein deutscher Staatsbürger. Daher sei keine Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben. Mehr noch, eine Verhandlung und Entscheidung der Klage würde bedeuten, dass ein deutsches Gericht über eine internationale Organisation, die NATO, oder ggf. über einen ausländischen Staat, dessen Streitkräfte den Angriff ausführten, ein Urteil fällen wolle, was unzulässig sei.

Das Gericht ließ diese Sicht nicht gelten. Der deutsche Staat könne sehr wohl wegen Handlungen im Ausland, an denen er mitwirkte, in Deutschland von Ausländern beklagt werden. Das Gericht wolle und werde nicht über Handlungen ausländischer Regierungen oder Organisationen urteilen.

Weiter stellte der Vorsitzende eine Reihe von Erwägungen an:
  • Der Angriff auf die Varvariner Brücke könnte rechtswidrig erfolgt sein.
  • Wäre dem so und eine Beteiligung der BRD daran wäre gegeben, so könnte das Haftung der BRD zur Folge haben.
  • Die Beteiligung der BRD stelle hoheitliches Handeln des Staates dar.
  • So weit bekannt könnten folgende Handlungen der BRD hier rechtserheblich sein: Beteiligung an der Zielauswahl, Zustimmung zu Angriffen auf ausgewählte Ziele, Unterstützungshandlungen wie Zielaufklärung durch deutsche Tornados, Begleitschutz für die Angriffsflugzeuge durch deutsche Tornados und Mitwirkung bei Festlegung wann und wie Zerstörung des Zieles erfolgen sollte.
Der Vorsitzende stellte auf Urteile des BVG ab, letztlich im Falle der Entschädigungsansprüche italienischer Militärinternierter im 2. Weltkrieg, die zwar Schadensersatz / Entschädigungen versagten, aber immer die Rechtslage in diesem Krieg zur Grundlage gehabt hätten. Es gebe eine wesentliche Rechtsentwicklung seit dem, die sich mehr den Opfern zuwende.

Es sei nicht so, dass das Völkerrecht keine Individuen kenne. Vielmehr gewähre es ausdrücklich Individuen primäre Rechte. Nämlich – so wie im 1. Zusatzprotokoll (ZP 1) zur Genfer Konvention – Schutzrechte vor ungerechtfertigten Angriffen im Krieg. Daneben stellt das Völkerrecht Sekundäransprüche auf Schadenersatz bereit, wenn die primären Schutzrechte doch verletzt wurden.

So mit dem Haftungsartikel 91 des ZP 1. Nur sei die Nutzung dieses Sekundärrechtes den Individuen selbst nicht möglich. Dazu bedarf es des Handelns ihres Staates, der für sie die Ansprüche geltend machen muss. Da solches Handeln des Heimatstaates der Kläger hier nicht vorliege, entfalle auch die Möglichkeit, dass hier Haftung aus dem Völkerrecht zur Anwendung kommen könnte.

Der Vortrag der Beklagten den Tatort in Brüssel – NATO-Sitz – oder in Italien – Kommandostelle – sehen zu wollen, sei in Augen des Gerichtes nicht tragend. Obwohl hier nicht einschlägig zeige das NATO-Truppenstatut sehr wohl, dass nicht die NATO der Souverän sei, sondern die einzelnen Mitgliedsstaaten es seien.

Entgegen der Urteilsbegründung der 1. Instanz könne das Gericht bisher nicht erkennen, dass während des Krieges gegen Jugoslawien das innerstaatliche Recht der BRD durch unmittelbare Wirkung des Kriegsvölkerrechtes in der BRD überlagert und somit suspendiert gewesen wäre.

Da das BGB also in der fraglichen Zeit wohl doch wirksames innerstaatliches Recht gewesen sei, käme prinzipiell dieses als Grundlage für Haftung in Frage. Und hier – so der Vorsitzende – sei der § 839 BGB die entscheidende und auch nur einig vorstellbare Vorschrift.

Dem Vortrag der Beklagten, dass die rechtssystematische Stellung des § 839 im BGB seine Heranziehung für Haftung in Sachen Kriegsfolgeschäden ausschlösse, könne das Gericht sich nicht anschließen.

Das Gericht sei der Meinung, dass es bei Kriegsverbrechen eine nationale Haftung geben müsse.

Wenn das Verbrechen so eindeutig wäre, wie es z.B. in Distomo (2. WK) der Fall war, wäre es dem Gericht sehr schwer gefallen, in heutiger Zeit eine Haftung auszuschließen und Entschädigung zu versagen.

Das Gericht sei sich noch nicht über die Bewertung des Angriffes auf die Brücke in Varvarin im Klaren.

Vielleicht stelle dieser Angriff einen Irrtum oder eine Fahrlässigkeit dar. So sei es beim Angriff auf die chinesische Botschaft wohl auch gewesen.

Hier warf RA Dr. Schneider ein, dass Irrtum wohl ausgeschlossen sei, da am Folgetag, dem 31.05.99 der Sprecher der NATO Jamie Shea in der täglichen Pressekonferenz berichtet hatte, dass die NATO erfolgreich und in geplanter Weise die Brücke von Varvarin zerstört habe.

Jedenfalls, so das Gericht, genüge der Vortrag der Beklagten, Brücken seien im Kriege immer und ohne weiteres legitime militärische Ziele, nicht. Die Beklagte habe bisher nicht vorgetragen, was die Varvariner Brücke in ihren Augen zum militärischen Ziel gemacht habe.

Hier äußerten die Anwälte der Regierung Spekulationen, dass es sicher so gewesen sei, dass sich heimlich und bei Nacht serbische Milizen über die Varvariner Brücke in’s Kosovo geschlichen hätten.

Das Gericht reagierte mit der Aufforderung, dass dann doch die Beklagte mit neuem Schriftsatz ihre Erkenntnisse dem Gericht bekannt machen solle.

Der Vorsitzende stellte dar, dass für den Fall, dass kein Versehen mit dem Angriff vorliege und dass die Brücke kein legitimes militärisches gewesen sein sollte (1. Bedingung) und dass die deutsche Regierung dann an der Auswahl eben dieses Zieles mitgewirkt haben sollte bzw. einem Angriff zugestimmt haben sollte (2. Bedingung), das Gericht auf Haftung erkennen könnte. Es könne aber selbst dann noch Haftung feststellen, wenn die Brücke ein legitimes militärisches Ziel gewesen sein sollte, aber der Regierung eine Ein- oder Mitwirkung auf Zeitpunkt und Methode des Angriffes nachgewiesen würde. Denn Zeitpunkt und Art des Angriffes lassen es schwer fallen zu erkennen, dass alles erforderliche getan wurde, um Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden.

Auch könne Mitwirkung im Falle eines illegitimen Zieles dadurch gegeben Sein, dass Bundeswehr-Tornados im Einsatz waren, um die Luftabwehr zu unterdrücken und den Angriffsflugzeugen den Angriff auf die Brücke zu ermöglichen. Keine Haftung sei gegeben, wenn das Ziel legitim war und nur fehlerhafter Ablauf zu den Opfern führte, wenn der Ablauf ohne Beeinflussung deutscher Stellen war.

Hier warfen die Anwälte der Regierung ein, dass erstens die Bundesregierung an nichts beteiligt war, nichts wusste, denn in der NATO gelte das Prinzip „need to know“, weswegen die NATO keine Informationen an NATO-Regierungen gab, und dass darüber hinaus am 30. Mai 99 Bundeswehr-Tornados überhaupt nicht aufgestiegen seien. Somit fehle es in jedem Falle an irgendeiner deutschen Beteiligung.

Der beisitzende Richter machte darauf aufmerksam, dass aber ein Bericht vorliege, dass am Tattag mindestens 2 Tornados der BRD im Einsatz waren.

Die Regierungsanwälte meinten, dass das unerheblich sei, da deutsche Tornados nur über dem Kosovo im Einsatz gewesen seien, nie jedoch über Innerserbien.

Der beisitzende Richter bemerkte, dass selbst, wenn das stimme, immer noch eine Mitwirkung vorliegen könne, denn die von deutschen Tornados für den Angriff eventuell niederzuhaltenden Luftabwehrmittel müssen sich nicht in der Nähe des Zieles befunden haben.

Der Vorsitzende Richter zitierte aus der großen Anfrage der PDS-Fraktion im Bundestag (14. Wahlperiode) bzw. die von der Regierung gegebene Antwort (von den Klägern als Beweis vorgelegt):

Frage 42: „Inwieweit war die Bundesregierung über die Zielplanungen für die Luftangriffe informiert?

Welchen Einfluss hatte sie auf die Festlegung der Ziele?“

Antwort: „Zielplanung und Zielauswahl sind im NATO-Rahmen abgestimmt worden.“

Ihm – dem vorsitzenden Richter – falle nun ein merkwürdiger Widerspruch zwischen der Regierungsantwort an den Bundestag und der hiesigen Haltung der Regierung auf. Die Beklagte könne nicht einfach den Vortrag der Kläger mit Nichtwissen bestreiten und verlangen, dass die Kläger über von ihr selbst oder der NATO geheim gehaltene Sachverhalte Beweise vorlegen solle. Auch die Beklagte habe Pflichten. Insbesondere eine Darlegungspflicht über Sachverhalte, die nur ihr bekannt sein können.

Beide Parteien wurden aufgefordert, weitere Schriftsätze zur Untermauerung ihrer Positionen vorzulegen. Frist für die Einreichung wurde nicht gesetzt. Jedoch wurde der Termin der Verkündung des Berufungsurteils festgesetzt.

Dieser ist der
16.06.2005, 10.00 Uhr,
OLG Köln, Raum 153.

Schlussbemerkungen des PR

Unsere Freunde aus dem Bonner / Kölner Raum hatten vor dem Gericht eine Demonstration gemacht, die für einen würdigen Rahmen und Aufmerksamkeit sorgte. Dank dafür an alle, besonders an das Kölner Friedensforum.

Der Gerichtssaal war durch Freunde und Unterstützer überfüllt. Presse war kaum anwesend.

Mit diesem Verhandlungstag ist das Ergebnis der Berufung offen. Wir sammeln mit und für unsere Anwälte Material, dass a) erhärten soll, dass die Brücke kein militärisch zulässiges Ziel war oder auch nur sein konnte, dass tatsächlich keine militärische Nutzung erfolgte, und b) dass die deutsche Regierung Einfluss auf die Zielauswahl hatte bzw. dass einstimmige Zustimmung der NATO-Staaten vor einem Angriff auf ein Ziel erforderlich war.

Die hohe Wahrscheinlichkeit für alle Kläger – bis auf zwei, für die nicht beantragt wurde – PKH zu erhalten, macht uns eine Fortführung des Verfahrens wesentlich leichter.

Die PR-Mitglieder Gordana Milanovic und Harald Kampffmeyer werden am 5. und 6. März in Varvarin sein. Wir werden den Klägern den aktuellen Stand berichten und weitere Entscheidungen mit ihnen treffen.

Der Projektrat hält Sie auf dem laufenden. Danke für die vielfältige Unterstützung, Solidarität mit den Varvarinern und auch uns, dem PR gegenüber.

Im Auftrag des Projektrates Harald Kampffmeyer