Köln/Aachen, 22.9.2001, Demonstration gegen rassistische BahnhofskontrollenHintergrund-Information

Grenzenlos - Hunger
Grenzenlos - Krieg
Grenzenlos - Flucht

Pressemitteilung des Komitee gegen amtlichen Rassimus (KogamRa) zur Demonstrationskarawane gegen rassistische Bahnhofskontrollen

Wir sind alle Menschen, denen die gleichen Bürger- und Menschenrechte zustehen.

Aktionen gegen Ausländerkontrollen des Bundesgrenzschutzes in NRW: Aachen, Dortmund, Essen, Iserlohn, Köln, Oberhausen


Grenzenlos - Hunger. Grenzenlos - Krieg. Grenzenlos - Flucht. "Infinifte Justice" - Grenzenlose Gerechtigkeit. Danke Nato! Mit diesem Transparent bezog das "Komitee gegen amtlichen Rassismus", KogamRa, Stellung zu den geplanten militärischen Aktionen der USA und der Nato. "Angesichts der krisenhaften Lage ist es gerade jetzt wichtig, sich gegen den um sich greifenden Rassismus einzusetzen", sagte Susanne Kurz von KogamRa, "vielleicht sind auch deshalb so viele Leute zu unserer Aktion im Hauptbahnhof gekommen."

Rund 300 Kölner und Kölnerinnen protestierten am Samstag mittag gegen die "rassistischen Kontrollen" des Bundesgrenzschutzes im Kölner Hauptbahnhof.

Zuvor hatte KogamRa der Presse einen Zwischenbericht seiner Beobachtungen während der letzten neun Monate vorgestellt. Danach werden tagtäglich Menschen, die anders aussehen als der durchschnittliche Europäer von BGS BeamtInnen auf demütigende Weise kontrolliert. Diese staatlich verordnete Diskriminierung wird nicht selten verstärkt durch unhöfliche Verhaltensweisen einzelner BGS-BeamtInnen. Bei Kontrollen müssen sich Betroffene Sprüche anhören wie: "Hände aus den Hosentaschen, wenn ich mit Dir rede."

Mit Musik des Trios "Magic Street Voices" und Trillepfeifen zogen Demonstranten auf das Gleis acht. Dort empfingen sie Mitglieder von "The Voice"aus Iserlohn und Dortmund. Heute mussten sie keine Kontrollen durch den BGS befürchten. Statt dessen wurden sie mit Sekt und Solidaritätsbekundungen begrüßt.

Der Kölner Kabarettist Heinrich Pachl verurteilte in einem Redebeitrag die herrschende Praxis des BGS als menschenverachtend. Mitglieder der Flüchtlingsorganisation "The Voice" berichteten von ihren Erfahrungen an Bahnhöfen. "Ständig muss ich Kontrollen befürchten - das ist psychische Schikane", sagte Cornelius Youfenyi. "Wir nehmen das nicht länger hin und übertreten demonstrativ die Verordnung über die Residenzpflicht," ergänzte Cho Lucas von "The Voice", "es gibt keine Weißen und Schwarzen. Wir sind alle Menschen, denen die gleichen Menschen- und Bürgerrechte zustehen.". Nach §56 Asylverfahrensgesetz begeht ein Flüchtling eine Ordnungswidrigkeit wenn er den Aufenthaltsort verläßt, den ihm eine zentrale staatliche stelle zugewiesen hat. Im Wiederholungsfalle wird der Flüchtling mit Haft belegt. Das ist ein deutsche Spezialität, einzig in der gesamten Festung Europa.

Um 14 Uhr fuhren Flüchtlinge und UnterstützerInnen weiter nach Aachen. Dort empfingen sie die Inititative "Bürger beobachten den BGS". Hermann Josef Diepers forderte die Passanten in de Bahnhofshalle auf, bei rassistischen Kontrollen einzugreifen und der Kriminalisierung der Flüchtlinge entgegenzutreten. Als BGS Beamte versuchten, die Kundgebung zu stoppen, kam es zu körperlichen Übergriffen. BGS Beamte versuchten, einen Sprecher von THE VOICE das Megaphon zu entreißen. Die Kundgebung wurde auf dem Vorplatz fortgesetzt. Dort zeichnete Bundesinnenminister Otto Schily in einem Sketch des BB dem BGS-Beamten Reiner Blick aus. Wegen besonderer Verdienste, weil er eine nach Deutschland ausgereiste Afghanin ohne gültige Ausweispapiere erfolgreich aufgegriffen und der Abschiebung zugeführt habe. Die an der Aktion beteiligten Initiativen kündigten weitere Beobachtungen und Aktionen an.

Birgit Morgenrath (für das Komitee gegen amtlichen Rassismus)


Handgreiflichkeiten gegen Flüchtlingskarawane

Presseinformation von 'BürgerInnen beobachten den Bundesgrenzschutz', Initiative des Flüchtlingsplenums Aachen, 25. September 2001

Konsequenzen und Entschuldigung vom Aachener BGS gefordert

BGS-Beamte störten am vergangenen Wochenende den Empfang einer Flüchtlingskarawane durch die Initiative "BBB BürgerInnen beobachten den Bundesgrenzschutz".

Aachen war Endpunkt einer Demonstrationskarawane gegen rassistische Bahnhofskontrollen und Residenzpflicht durch ganz NRW - von Iserlohn über Dortmund und Köln. Die zumeist afrikanischen Flüchtlinge protestierten gegen die "verdachtsunabhängigen" Kontrollen des Bundesgrenzschutzes, die vor allem Menschen dunkler Hautfarbe trifft und denen oft Abschiebungen folgen. Der Protest richtete sich auch gegen die sogenannte Residenzpflicht, die AsylbewerberInnen bei Androhung von Strafen das Verlassen ihres Landkreises untersagt - defacto ein Reiseverbot, das durch die BGS-Kontrollen umgesetzt wird. Studien der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer PolizistInnen bezeichnen diese Kontrollen als "staatlich geförderten Rassismus" sowie "strukturelle Gewalt" mit "polizeistaatlichen Methoden".

In Köln hießen Mitglieder des "Komitees gegen staatlichen Rassismus" mit rotem Teppich, politischer und kultureller Unterstützung die Flüchtlinge freundlich willkommen.

In Aachen wurden die Flüchtlinge und ihre UnterstützerInnen am Bahngleis von einer 20-köpfigen Delegation der "BürgerInnen beobachten den Bundesgrenzschutz" begrüßt. Die versammelten ca. 70 Menschen entschlossen sich zum Weitergang in Richtung Bahnhofshalle/ Ausgang und stießen hierbei bereits auf eine Hundeführerin des BGS, die ihren Schäferhund kaum unter Kontrolle hatte. Entschlossen defensives Verhalten der DemonstrantInnen Bei einem Zwischenstopp beim Informationspunkt der Deutschen Bahn wurde von uns die diskriminierende Situation und das Risiko der Kontrollen dargestellt.

Ein junger BGSler verlor seine Kontrolle als ein Sprecher der Flüchtlinge das Megaphon übernahm und eindringlich das Ende der BGS-Kontrollen forderte. Der Beamte versuchte ihm das Megaphon zu entreissen und sich durch schützend umstehende Menschen durchzudrängen. Das entschlossen defensive Verhalten der Protestierenden zum Schutz der Flüchtlinge und koordiniertes Weitergehen bis zum Bahnhofsvorplatz verhinderte eine Eskalation der Situation und das Andauern von Provokationen. Offensichtlich überfordert waren die BGS- BeamtInnen mit der Situation des Protests. Redebeiträge und ein Sketch wurden daher auf dem Bahnhofsvorplatz fortgeführt.

Wir fordern den Bundesgrenzschutz auf,
  • sich zu den Vorfallen zu äußern und sich gegenüber den afrikanischen Flüchtlingen von "The Voice" zu entschuldigen, denen als Bahnkunden und als unseren Gästen in Aachen übel mitgespielt wurde.
  • sich der Kritik von BürgerInnen und Flüchtlingen an den diskriminierenden BGS- Kontrollen zu stellen und diese zu unterlassen. Diese Aufforderung richtet sich ebenso an den Dienstherrn des BGS, Innenminister Schily (SPD).
Fotoreportagen und weitere Presseerklärungen zur Demonstrationskarawane
http://www.arbeiterfotografie.com/galerie/reportage

Die Aktion BBB ruft Bürgerinnen und Bürger auf, BGS-Kontrollen zu dokumentieren und sich auf die Seite der Betroffenen zu stellen. Berichte an fluep@gmx.de

Fluechtlingsplenum Aachen c/o Rotes Buero
Aachen, Charlottenstr. 6, 52070 Aachen
Tel 0241/5152476 Fax 0241/5152478
email: fluep@gmx.de


Bundesgrenzschutz in Worten gegen rechts, in Taten gegen AusländerInnen

Information zur Demonstrationskarawane gegen rassistische Bahnhofskontrollen von Dortmund über Köln nach Aachen, Samstag, 22. September 2001

Am 22.Mai 2001 wurden acht Flüchtlinge auf ihrer Bahnreise von Hamburg und Bremen nach Bonn von BundesgrenzschutzbeamtInnen im Zug kontrolliert. Auf dem Bahnhof in Münster wurden sie von zehn BGS-BeamtInnen erwartet und verhaftet. Sie wurden erkennungsdienstlich behandelt: man fotografierte sie und nahm ihre Fingerabdrücke. Alle haben Anzeigen wegen Verstoßes gegen die"Residenzpflicht" zu erwarten.

Täglich kontrollieren BGS-BeamtInnen zusammen mit dem privaten Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn (BSG) auf bundesdeutschen Bahnhöfen nicht nur Obdachlose, Punks und Junkies, sondern vor allem Reisende, die nicht "nordeuropäisch" aussehen. Sie überprüfen "verdachtsunabhängig" und selektiv nach Kriterien von Hautfarbe, Aussehen, Sprache. MigrantInnen müssen dabei immer wieder die Erfahrung machen, "bei jeder Kontrolle dabei zu sein, selbst im vollbesetzten Reisezug, und zwar ausschließlich aufgrund eines genetischen Merkmals", schreibt die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer PolizistInnen in einer Studie und nennt diese Kontrollen "staatlich geförderten Rassismus" sowie "strukturelle Gewalt" mit "polizeistaatlichen Methoden".

Auch in Köln kontrolliert der BGS bevorzugt Züge aus dem Ausland auf der Suche nach "illegal" eingereisten Menschen. Außerdem sucht der BGS nach MigrantInnen, die keine Aufenthaltsgenehmigung besitzen und solche, die keine amtliche Genehmigung besitzen, ihren Aufenthaltsort zu verlassen und damit ihre sogenannte "Residenzpflicht" verletzen.

Das Kölner "Komitee gegen amtlichen Rassismus" (KogamRa) beobachtet seit Mitte März das willkürliche Verhalten der BGS-KontrolleurInnen. Auch in Oberhausen, Dortmund und Aachen beobachten AntirassistInnen den BGS. Sie wollen durch Öffentlichkeit und Protest verhindern, dass Flüchtlinge gedemütigt, verunsichert, kriminalisiert, verhaftet und abgeschoben werden. Einzig und allein deshalb, weil sie keine "Papiere" besitzen.


KogamRa - Komitee gegen amtlichen Rassismus

Deutscher Text des mehrsprachigen Faltblatts

Sehr geehrte Bahnhofsbenutzerinnen und -benutzer!

Sicherlich nutzen Sie als ReisendeR oder PassantIn mehr oder weniger regelmäßig den Kölner Hauptbahnhof. Er ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt unserer weltoffenen Domstadt. Damit sich Menschen hier 'sicher' fühlen, werden sie von Dutzenden von Videokameras ständig überwacht. Zudem sollen BeamtInnen des Bundesgrenzschutz (BGS) für Sicherheit und Ordnung sorgen. Aber welche Aufgaben nimmt der BGS hier am Bahnhof wirklich wahr?

Häufig ist zu beobachten, daß BGS-BeamtInnen im Bahnhof gegen 'fremd' bzw. 'ausländisch' aussehende Menschen vorgehen. Demnach werden MitbürgerInnen sowie Gäste unserer Stadt willkürlich belästigt und verunsichert.

Inzwischen ist es dem BGS erlaubt, sogenannte 'verdachtsunabhängige Personenkontrollen' in Bahnhöfen durchzuführen. Täglich ist hier im Hauptbahnhof zu erleben, daß der BGS gezielt Menschen nach Kriterien wie Hautfarbe, Aussehen und Sprache zur Kontrolle herausgreift. Das bedeutet, daß Menschen, die in unserer Gesellschaft leider ohnehin schon dem gesellschaftlichen Rassismus ausgesetzt sind, zusätzlich auch noch durch diese Bundespolizei ins Visier genommen werden. Flüchtlinge, die in der BRD Zuflucht vor Folter, Krieg und Hunger suchen, werden durch spezielle Gesetze zu Kriminellen erklärt. In Bahnhöfen lauern ihnen BGS-BeamtInnen auf, um sie zu kontrollieren und ihre Abschiebung zu ermöglichen. Der BGS handelt im staatlichen Auftrag. Er setzt die von PolitikerInnen erlassenen Gesetze und Verordnungen vor Ort durch. So wird Gewalt gegen 'Fremde' und 'AusländerInnen' nicht nur von Rechtsextremisten verübt, sondern auch von staatlicher Seite, staatlicher Rassismus.

Um dieses willkürliche Verhalten von BGS-BeamtInnen zu beobachten und zu dokumentieren wurde das Komitee gegen amtlichen Rassismus gegründet.

Namhafte PolitikerInnen haben uns zu dieser Arbeit gegen Rassismus bestärkt, etwa Bundespräsident Johannes Rau, der am 9. November 2000 in Berlin sagte:

"Wir wollen, daß jeder Mann und jede Frau überall in Deutschland sicher sein kann vor Einschüchterung und Gewalt."

Wir wollen verhindern, daß Menschen, die hier ihren Lebenmittelpunkt haben oder hier zu Gast sind, aufgrund ihrer Hautfarbe und Aussehens durch Kontrollen verunsichert und verfolgt werden. Wir wollen verhindern, daß Menschen deren einziges 'Vergehen' es ist, keine gültigen Aufenthalts-Papiere zu besitzen, zu Unrecht kriminalisiert, verhaftet und abgeschoben werden.

Wir möchten Sie daher bitten, mit offenen Augen durch den Bahnhof zu gehen, auf rassistische Kontrollen zu achten und sich gegebenenfalls einzumischen, zumindest aber solche Vorfälle an die untenstehende Telefon-Nummer des Komitees weiterzugeben.

Wir werden diese Vorfälle sammeln und zu einem Bericht zusammentragen. Verschiedene Abgeordnete des Europaparlaments wollen sich dafür einsetzen, daß dieser Bericht gegebenenfalls beispielhaft für 'amtlichen Rassismus' im Parlament behandelt wird. Ferner soll diese Dokumentation auch an das UN-Flüchtlingskommissariat weitergeleitet werden, um einen Einblick in die Behandlung von Flüchtlingen in der BRD zu ermöglichen.

Unterstützen Sie uns bitte in unserem Vorhaben!

Setzen Sie sich mit uns in Verbindung, wenn Sie Zeuge oder Zeugin eines Übergriffs seitens Beamtinnen und Beamten des BGS werden!

Tel: 0221/5101847

Schauen sie den BeamtInnen des BGS auf die Finger! Zeigen Sie Zivilcourage und lassen Sie ihre Mitmenschen nicht allein! Machen Sie deutlich, daß sie rassistische Ausgrenzung und Gewalt durch wen auch immer nicht hinnehmen. Denn:

"Hier ist ein Punkt erreicht, wo die sonst schweigende Mehrheit der Bevölkerung nicht länger schweigen darf!" (Joschka Fischer, Bundesaußenminister)

Beirat:
Hilmar Ankerstein, Runder Tisch für Ausländerfreundlichkeit
Dr. Wolf-Dietrich Bukow, Professor
Jürgen Crummenerl, Rechtsanwalt
Gabi Gillen, Journalistin
Gabriele Metzner, Öffentlichkeit gegen Gewalt
Hanswerner Odendahl, Rechtsanwalt
Heinrich Pachl, Kabarettist
Dr. Louis Peters, Rechtsanwalt
Kurt-Werner Pick, Pfarrer, Antoniterkirche Köln
K.H. Pütz, Manager und Ratsmitglied der Stadt Köln
Rheinisches Journalistenbüro Köln
Dr. Klaus Riekenbrauk, Professor
Wilfried Schmickler, Kabarettist
Martin Stankowski, Journalist
Eckart Schubert, Pfarrer i. R.

Komitee gegen amtlichen Rassismus
Tel: 0221/5101847
Treffpunkt: jeden 1. Dienstag im Monat, 19 Uhr, Allerweltshaus Köln


Die Kontrollen des Bundesgrenzschutz auf dem Kölner Hauptbahnhof

KogamRa-Zwischenbericht - Beobachtungen von März bis September 2001

1. Die Arbeit des Komitees

Im März 2001 nahm das Komitee gegen amtlichen Rassismus mit einer Veranstaltung am Kölner Hauptbahnhof offiziell seine Arbeit auf. Das Komitee hat sich zum Ziel gesetzt, die Tätigkeit des Bundesgrenzschutzes (BGS) auf dem Kölner Hauptbahnhof zu beobachten und zu dokumentieren. Im Rahmen einer "Ordnungspartnerschaft" zwischen dem Ministerium für Inneres und der Deutschen Bahn AG führt der BGS sogenannte "verdachtsunabhängige Personenkontrollen" auf deutschen Bahnhöfen durch. Menschen werden ohne besonderen Verdacht eine Straftat begangen zu haben aus der Menge der Bahnhofsbesucher herausgegriffen und einer Personenkontrolle unterworfen.

Dabei richtet sich das Interesse des BGS auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen: Arme, Drogenabhängige, Flüchtlinge und MigrantInnen müssen jederzeit damit rechnen, vom BGS angesprochen zu werden. Das Komitee focussiert seine Arbeit auf die Kontrollen, die von vielen MitbürgerInnen und Gästen der Stadt Köln als staatlich verordneter Rassismus erlebt werden. Der nun vorliegende Bericht ist eine Zusammenfassung unserer Beobachtungen, die - wie auch die angeführten Zitate - in detaillierten "Beobachtungsprotokollen" festgehalten sind. Zu diesem Zweck wurde ein Faltblatt erstellt, das über Sinn und Zweck des Komitees aufklärt und dazu auffordert, bei Kontrollen des Bundesgrenzschutzes nicht wegzuschauen.

Das Faltblatt ist in neun Sprachen abgefaßt und enthält eine Telefonnummer, bei der sich Betroffene und Beobachtende solcher Kontrollen melden können. Es wurden ca. 2500 dieser Faltblätter auf dem Kölner Hauptbahnhof verteilt, die weitere Verteilung konnte jedoch nicht fortgesetzt werden. Seit Ende März 2001 bis heute gehen in regelmäßigen Abständen verschiedene Gruppen (Flüchtlingsgruppen, UnterstützerInnengruppen, antirassistische Initiativen , VertreterInnen von Beratungsstellen etc.) beobachtend durch den Hauptbahnhof; teilweise erkennbar durch Anstecker. Für jede Woche erklärte sich eine Gruppe bereit, für eine bestimmte Stundenanzahl (mindestens acht bis zehn Stunden) den BGS zu beobachten. Daß sich für diesen Zeitraum immer genügend Leute zur Verfügung stellen, macht deutlich, dass die Vorgänge auf dem Hauptbahnhof für viele KölnerInnen, schon lange bekannt und von hohem politischen Interesse sind.

Diese Beobachtungsgänge konnten nicht regelmäßig und nicht rund um die Uhr durchgeführt werden. Über die exakte Anzahl dieser Kontrollen können wir daher keine Aussage machen. Die über die Beobachtungsgänge angelegten Protokolle legen jedoch nahe, dass solche Kontrollen täglich mehrmals stattfinden. Außerdem konnten wir gewisse Muster feststellen, nach denen die Kontrollen des Bundesgrenzschutzes ablaufen und deren Wirkung auf Betroffene und Unbeteiligte wahrnehmen. Allerdings mussten wir feststellen, dass es schwierig ist, mit Kontrollierten in Kontakt zu kommen, da diesen nicht direkt klar sein kann, wer wir sind und sie die Kontrollsituation ohnehin meistens sehr verunsichert.

2. Die Kontrollen des BGS

Begründet werden die Kontrollen mit Verstößen gegen das Ausländerrecht. Gesucht wird nach Leuten, die gegen das Ausländergesetz verstoßen, wie z.B. gegen die sogenannte Residenzpflicht (Asylsuchende unterliegen der Residenzpflicht, d.h. sie dürfen sich nur in dem Landkreis aufhalten, in dem sie gemeldet sind.) . Gesucht wird auch nach MigrantInnen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, nach Illegalisierten. Die meisten Kontrollen zielen auf die Ankunft bestimmter Züge, die der Bundesgrenzschutz als "Schwerpunktzüge" bezeichnet. Besonders häufig wurden und werden Züge aus Paris, Oostende, Venlo und Amsterdam kontrolliert. Die mit Abstand meisten Kontrollen konnten wir beim "Thalys" aus Paris beobachten.

Aber auch in den Zügen selbst wird kontrolliert. So berichtete uns ein Fahrgast, der regelmäßig auf der Strecke Paris - Köln - Brüssel - unterwegs ist: " Ich bin Franzose nigerianischer Abstammung und bin auf dieser Strecke regelmäßig unterwegs. Häufig werde ich von US-amerikanischen Touristen schwarzer Hautfarbe angesprochen, wie es denn jetzt in Deutschland mit den Nazis sei, ob sie Angst haben müssten. Ich beruhige sie dann und sage, dass sie sich zumindest in Köln sicher fühlen könnten. Und dann, kommt der BGS und kontrolliert sie, nur weil sie Schwarze sind. Die Leute fühlen sich diskriminiert und bekommen Angst vor Deutschland. Das ist das Besondere an deutschen Kontrollen: Die Belgier suchen nach Drogen und nicht nach Menschen, die Franzosen kontrollieren ohne Unterschied jeden Fahrgast, nur die Deutschen kontrollieren nach Aussehen und suchen gezielt nach Leuten, bei denen mit den Papieren etwas nicht in Ordnung sein könnte. Die werden dann sofort festgenommen".

Auf dem Bahnhof warten die BGS-BeamtInnen in der Regel an den Ausgängen des betreffenden Gleises in Richtung Hauptgang und "picken" sich bestimmte Leute heraus. Die Kontrollen treffen aber auch Leute, die einfach durch den Bahnhof gehen oder irgendwo stehen und warten. Einige beobachteten Kontrollen legen nahe, daß die Kontrollierten per Kamera ausgesucht und daraufhin gezielt eine Streife losgeschickt wurde. Für die BGS-BeamtInnen werden Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe oder auffälligen Kleidung "kontrollwürdig".

In einem Gerichtsprozeß, den der BGS gegen einen Bürger in Köln anstrengte, der sich in eine ihrer Kontrollen einmischte, wurde deutlich, daß nicht einzelne BeamtInnen rassistische Kriterien anlegen, sondern daß es hier um eine Praxis geht, die "von oben" angeordnet ist. Ein BGS-Beamter sagte vor Gericht aus, daß die Kontrollen, die er tatsächlich aufgrund der Hautfarbe vornehme im Einklang mit den sogenannten "Lagebildern" stünden. Andere BGS- BeamtInnen berichteten, diese Lagebilder seien schriftlich fixiert und beinhalteten nicht nur Merkmale auffälligen Aussehens, sondern auch Beschreibungen von Verhaltensweisen, die auf Verstöße gegen das Ausländergesetz hinweisen.

Die Prozedur der Kontrollen läuft meistens nach einem bestimmten Schema ab: Der Mensch mit auffälliger Hautfarbe oder untypischer Kleidung wird entweder aus der Menge herausgegriffen und im Hauptgang oder direkt auf dem Bahngleis von zwei BeamtInnen umringt. Sie fragen nach Papieren, halten diese in der Hand und überprüfen sie über Funk. Der ganze Vorgang dauert einige Minuten, währenddessen die kontrollierte Person mmer von den Uniformierten umringt wird, während die PassantInnen an dieser Szene in der Regel nur einen kurzen Blick auf das Geschehen werfen und dann vorbeisehen bzw. vorbeigehen. Oft muss der/die Kontrollierte noch eine Befragung über sich ergehen lassen, wo er/sie hinwolle etc.. Nach der Überprüfung über Funk wird bei besonderem Verdacht oder einer Komplikation der/die Betroffene, zumeist in Handschellen - auch wenn sie sich nicht wehrt, mit auf die Wache geführt.

Stellen die BeamtInnen keine Besonderheiten fest, geben sie die Papiere zurück und setzen ihre Kontrollgänge fort. Wir haben davon gehört, daß BGS-BeamtInnen, wenn sie bei Reisenden keine Ausweispapiere vorgefunden haben, die Leute nicht zur Wache geführt, sondern den Weg zum Amt erklärt haben, wo sie einen Asylantrag stellen können. Das scheint eine Ausnahme zu sein, da wir ansonsten nur über Verhaftungen und Inhaftierungen informiert wurden. Ein solches Vorgehen macht aber deutlich, dass ein anderer Umgang durchaus möglich wäre. Dieses Bild der Uniformierten, die einen offensichtlich ausländisch aussehenden Menschen in ihrer Mitte stehen haben, dessen Papiere halten und ins Funkgerät sprechen, ist auf dem Kölner Hauptbahnhof ein so vertrautes Bild geworden, das für die BeamtInnen, die Kontrollierten und auch die Umstehenden einen bestimmten Inhalt transportiert. Nach unseren Beobachtungen gibt es BGS-BeamtInnen, die ihre Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit gegenüber Bahnhofsbesuchern unterschiedlich einsetzen: Menschen anderer Hautfarbe werden von ihnen nicht als Mitbürger höflich angesprochen sondern mit Sprüchen provoziert, wie: "Nimm die Hände aus den Hosentaschen, wenn ich mit dir rede!"

Ein anderes Beispiel ist der Kommentar eines BGS-Beamten zu einem Bürger, der gegen die Kontrolle eines Migranten protestierte: " Sie können ihn ja mit nach Hause nehmen und durchfüttern."

3. Die Kontrollierten

Kontrolliert werden - wie auch häufig von BGS-BeamtInnen beteuert - nicht nur Leute mit anderer Hautfarbe. Sie richten sich verschiedene gesellschaftlich ausgegrenzte Gruppen. "Kontrollwürdig" scheint dem BGS auch ein auf Armut schließendes Äußeres zu sein. Es wurde mehrmals beobachtet, wie Leute von BGS-BeamtInnen ohne ersichtlichen Grund aus dem Bahnhof verwiesen wurden, obwohl neben den Betroffenen zahlreiche andere Leute standen, die sich nur durch bessere Kleidung von diesen abhoben. Diejenigen, die nicht dem Bild des "anständigen" Bahnhofbesuchers entsprechen, werden mit einem Platzverweis des Bahnhofes verwiesen. Wer sich gegen diese Behandlung auflehnt, wird - wie vom Komitee mehrfach beobachtet, mit der Verhängung von Bahnhofsverboten bis zu einem Jahr vom BGS bestraft.

Drogenkontrollen laufen für die Betroffenen ebenfalls meistens demütigend ab. So wurden zwei Männer so lautstark von BGS-Beamten gefragt, ob sie Drogen dabei hätten, dass alle Umstehenden mithören konnten. Letztendlich wurde die beiden nach dieser Bloßstellung nicht weiter nach Drogen durchsucht oder befragt, es lag anscheinend gar kein besonderer Verdacht vor. Das Komitee gegen amtlichen Rassismus steht aufgrund dieser Erfahrungen im Austausch mit entsprechenden Initiativen und Lobbyorganisationen, die gegen den Ausschluss von den oben genannten Gruppen aus dem öffentlichen Raum Bahnhof protestieren.

Die Kontrollen senden von offizieller Seite das Signal aus, dass in unserer Gesellschaft nicht alle 'gleich' und integriert sind. Viele MigrantInnen oder auch Deutsche mit anderer Hautfarbe müssen sich häufig, auch außerhalb des Bahnhofes, einer Passkontrolle unterziehen. In Gesprächen, die wir im Anschluss an Kontrollen mit Flüchtlingen und MigrantInnen führten, thematisierten diese immer wieder die als zutiefst ungerecht empfundene Selektivität der Kontrollen. Wiederholt wurde auch das unverschämte Auftreten/Behandlung der BGS-BeamtInnen beklagt, auf das sie immer nur mit hilfloser Wut reagieren können. Einige der Betroffenen zeigten schon während der Kontrolle deutlich, daß sie sich diskriminiert fühlen und fragten die BeamtInnen, warum gerade sie kontrolliert würden. Sie bedauerten außerdem, keinerlei Möglichkeit zu haben, gegen die legalen "verdachtsunabhängigen Personenkontrollen" vorzugehen zu können. Sie seien ohnehin vom gesellschaftlichen Rassismus betroffen und würden hier von Amts wegen nach den gleichen Kriterien, die auch Neo-Nazis anlegen, herausgegriffen und zusätzlich verunsichert. Die Kontrollen im Hauptbahnhof verstärkten nach ihrer Aussage das Gefühl, ständig im Visier der Polizei zu stehen, ständig darauf vorbereitet sein zu müssen, in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt zu werden.

Immer wieder beschwerten sich Betroffene bei unserem Komitee darüber, dass sie seit Jahren diese Kontrollen über sich ergehen lassen müssen. Darüber hinaus baten sie uns, unsere Aktivitäten auch auf solche staatlichen Ämter auszudehnen, wo sie gehäuft rassistische Übergriffe bzw. Umgangsformen erleben.

4. Beispiele der Einmischung

Die meisten Bahnhofsgäste werfen nur einen kurzen Blick auf die oben beschriebene Szene. Das Bild der "kriminellen Ausländer", das jahrelang von dem Medien gezeichnet und in der Politik breitgetreten wurde, ist zwar durch die öffentlichen Diskussionen über Rassismus in Verruf geraten, wird jedoch mit jeder Kontrolle von offizieller Seite neu belebt. Bei Nachfragen an BeamtInnen während einer Kontrolle begründeten diese auch prompt ihr Tun mit dem Hinweis auf die "verstärkte Ausländerkriminalität". Ein Beschäftigter der Bahn nannte als ein Beispiel für "Ausländerkriminalität" die Verletzung der Residenzpflicht, deren Verletzung der BGS schwerpunktmäßig verfolgte.

Eine Bürgerin schilderte uns eine nach unseren Erfahrungen nicht untypische Situation: "Ich stehe auf dem Bahngleis, als zwei BGS-Beamte auf einen Reisenden zulaufen. Ein Beamter ordert im Laufen aufgeregt über ein Sprechgerät Verstärkung an, die dann auch innerhalb von einer oder zwei Minuten ebenfalls auf das Gleis und die "verdächtige Person" zu rannten. Aus Neugierde stellte ich mich zu der Personengruppe und sah, dass der Reisende schon seine Ausweispapiere an die ihn umzingelnden Beamten übergeben hatte. Der Mann war sichtlich desorientiert bzw. verunsichert, zitterte aus Angst am ganzen Körper und hielt seine Fahrkarte und einen Zettel mit Städtenamen in der Hand. Er nahm sofort zu mir Blickkontakt auf und hielt mir hilfesuchend den Zettel hin. Einer der Beamten forderte mich daraufhin auf, wegzugehen, hier läge eine nicht zu überblickende gefährliche Situation vor. Als ich einwandte, dass ich nicht den Eindruck habe, dass der Mann gefährlich sondern allenfalls desorientiert sei und Hilfe bräuchte, meinte der Beamte, ich solle machen, dass ich wegkomme, ich gehöre wohl auch zu den Leuten, denen man alles dreimal erklären müsse und die es dann immer noch nicht kapierten. Der Mann habe schließlich den Verdacht auf sich gezogen, weil er sich so oft umgesehen habe. Um die Situation nicht eskalieren zu lassen und den Mann nicht noch mehr zu verunsichern, zog ich mich zurück. Als die Passkontrolle abgeschlossen war und der Pass dem Mann wortlos zurückgegeben war, bin ich wieder auf den Mann zugegangen und habe den Grund seiner Desorientierung erfahren: Er musste - von Brüssel kommend - über Köln in Richtung Stuttgart umsteigen und suchte das richtige Bahngleis. Er stammte aus der Ukraine, lebte in Belgien und war zum erstenmal in Deutschland unterwegs um Familienangehörige zu besuchen."

Ein Mann, der nach eigenen Angaben im Anschluß an eine Kontrolle gesagt hatte, wenn sie den Betroffenen nur wegen der Hautfarbe kontrolliert hätten, sei ihr Verhalten rassistisch, wurde prompt von eben diesen BGS-Beamten angezeigt und in erster Instanz zu 30 Tagessätzen wegen Beamtenbeleidigung verurteilt. Die Beamten sagten vor Gericht - im Gegensatz zum Angeklagten - aus, sie seien als Rassisten beschimpft worden.

Ähnlich erging es einem Besucher aus Paris, der Zeuge einer rassistische Kontrolle wurde und sich darüber empörte. Die BeamtInnen schreckten nicht vor körperlicher Gewalt zurück. Der protestierende Bürger wurde vom BGS mit auf dem Rücken verdrehten Arm auf die Wache geführt, mußte sich dort nackt ausziehen und wurde unter demütigenden Bedingungen "durchsucht". Gegen ihn erstattete der BGS Strafanzeige. Auch hier sagten die BeamtInnen im Nachhinein aus, sie seien beschimpft worden, was der in Paris lebende Deutsche nachdrücklich abstreitet. Dass dieser Fall überhaupt bekannt wurde, ist eher ungewöhnlich und liegt wohl nur daran, daß der Betroffene sich nicht einschüchtern ließ: Er verfaßte eine Dienstaufsichtsbeschwerde, wandte sich an das Komitee gegen amtlichen Rassismus und sorgte dafür, daß auch in der Presse über den Fall berichtet wurde. Gegen Mitglieder des Komitees gegen amtlichen Rassismus werden nach Angaben von BGS-BeamtInnen Prozesse angestrebt.

5. Reaktion des BGS auf KogamRa

Die Gründung des Komitees gegen amtlichen Rassismus in Köln blieb beim BGS nicht unbemerkt. Die Reaktionen der einzelnen BeamtInnen waren unterschiedlich. Es läßt sich aber ganz deutlich ein Wandel in der Reaktion auf uns beobachten. Das anfangs meist freundliche Verhalten der BeamtInnen und die - vielleicht zähneknirschende - Akzeptanz unserer Kampagne, sowie das Verteilen der Faltblätter, wurde zunächst nicht behindert, - änderte sich fast schlagartig, aus uns unbekannten Gründen, gegen Ende Juni. Während sich anfangs BeamtInnen noch bemüht hatten auf unsere Nachfragen ihre Kontrollen zu begründen bzw. als nicht rassistisch zu verteidigen, werden unsere Nachfragen nun bestenfalls ignoriert. Die BeamtInnen drehen uns häufig demonstrativ den Rücken zu und ignorieren unsere Fragen.

Überhört wird gelegentlich auch die Nachfrage nach dem Dienstausweis oder der Dienstnummer, selbst wenn mehrmals danach gefragt wird. Das Verteilen der Faltblätter wurde plötzlich mit Bußgeldern belegt, die Verteilenden selbst kontrolliert und ihre Personalien festgestellt. Dabei spielt es auch keine Rolle mehr, ob im Hauptgang des Bahnhofes verteilt wird, oder ob gezielt Leute angesprochen werden und ihnen dann im Anschluß ein Faltblatt gegeben wird. Neuerdings verhängt der BGS Platzverweise, und wegen dem Verteilen der Faltblätter Bahnhofsverbote, bis zu einem halben Jahr. Mitglieder des Komitees, die der Aufforderung des BGS, selbst ihre Papiere vorzuzeigen, nicht nachkamen, wurden festgenommen, auf die Wache geführt und erhielten ein Bußgeldbescheid von 180,00 DM. Beamte des BGS kündigten auch an, daß der BGS gerichtlich gegen einzelne Mitglieder des Komitees vorgehen will. "Zweimal hintereinander verhängte Bahnhofsverbote ergäben eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch", rechnete ein BGS-Beamter Mitgliedern des Komitees vor. Außerdem sind Prozesse wegen Beamtenbeleidigungen zu befürchten, sobald der Begriff Rassismus erwähnt wird.

Den Kontrollierten gegenüber stellten Vertreter des BGS die Mitglieder des Komitees als "Verrückte" dar, wie uns ein Migrant berichtete. In Gesprächen am Bahnhof wurde uns von BGS-BeamtInnen deutlich gemacht, dass die Bundesbahn das Komitee am Bahnhof nicht haben will. Ob das nur der "vorauseilende Gehorsam" dieser BeamtInnen ist, oder ob es tatsächlich eine Anweisung der Bahn A.G. in Bezug auf das Komitee gibt, ist noch unklar. Das Thema "rassistische Kontrollen an Bahnhöfen" wird mittlerweile nicht nur in Köln verfolgt. Zeitgleich haben sich in anderen Städten unabhängig voneinander ähnliche Initiativen gegründet, u.a. in Aachen, Dortmund, Oberhausen und Düsseldorf. Es erreichten uns auch Berichte von rassistischen Kontrollen aus noch anderen Städten (z.B. Nürnberg, Bremen, Berlin, ...). Diese Tatsachen, sowie die Berichte von MigrantInnen zeigen deutlich, dass dieses Problem nicht auf Köln beschränkt ist.

6. Fazit

Unsere Beobachtungen und die uns zugeleiteten Berichte belegen, dass es zutreffend ist, bei den Kontrollen des Bundesgrenzschutzes auf dem Kölner Hauptbahnhof von rassistischen Kontrollen zu sprechen! Menschen werden systematisch allein aufgrund ihrer Hauptfarbe und anderen Merkmalen, die auf eine nichtdeutsche Herkunft hinweisen könnten, verdächtigt, prinzipiell Straftaten zu begehen bzw. begangen zu haben. Diese Ungleichbehandlung basiert auf einem rassistischen Konzept, das staatliche Kontrollorgane zu verantworten haben. Das Komitee gegen amtlichen Rassismus wird es sich auch in Zukunft zur Aufgabe machen, diesen Rassismus zu benennen und in Solidarität mit Flüchtlingen und MigrantInnen die Abschaffung dieser menschenverachtenden Praxis einzufordern.


Fatale Gesichtskontrollen

Artikel von Michael Klarmann, Aachen, in 'junge Welt' vom 24.09.2001

Bürger beobachten BGS: Protestaktion gegen Rassismus bei verdachtsunabhängigen Überprüfungen

Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen (NRW), Fritz B., würdigte am Sonnabend vor dem Aachener Hauptbahnhof mit dem Ehrenpreis der Landesregierung, silbernen Handschellen und einem Lehrgang als Polizeihund in einer Kadettenschule des Bundesgrenzschutzes (BGS) einen gewissen Reiner Blick. Der mit Kinderhelm, alter BGS-Joppe und Mülltonnendeckel als Schild gerüstete "Beamte" versicherte, er werde weiter seine Pflicht tun und garantiere täglich vier Festnahmen von "Illegalen". Die der Zeremonie beiwohnenden 80 Demonstranten jubelten, der BGS fand den Sketch zum Abschluß einer quer durch NRW führenden Karawane weniger unterhaltsam.

Die Protestreise war vom Kölner Komitee gegen amtlichen Rassismus (KogamRa) organisiert worden. Mitglieder der Flüchtlings-Selbstorganisation "The Voice" hatten sich morgens in Iserlohn und Dortmund per Zug in Richtung Domstadt aufgemacht. Dort wurden sie mittags von 300 Menschen mit Sekt empfangen, ehe man gemeinsam im Kölner Hauptbahnhof zur Musik der "Magic Street Voices" gegen die "rassistischen Kontrollen" des BGS protestierte. Gegen 15 Uhr wurde der Troß dann in Aachen von der Aktion "Bürger beobachten den Bundesgrenzschutz" (BBB) empfangen. Auf eine Demo durch den Bahnhof folgte eine Kundgebung in der Vorhalle. Nach kurzer Rangelei mit dem BGS, der die unangemeldete Aktion untersagte, mußten die Handschellen vor dem Bahnhof verliehen werden.

KogamRa, BBB, Gruppen in Oberhausen und Dortmund protestieren seit dem Frühjahr gegen Schleierfahndung und "verdachtsunabhängige" Kontrollen des BGS an Bahnhöfen und Grenzübergängen. Darunter leiden laut KogamRa, das die Kontrollen seit März beobachtet und dokumentiert, "tagtäglich" Bahnhofsbesucher, "die anders aussehen als der durchschnittliche Europäer". Daher wies man Reisende wiederholt mit Flugblättern und Plakaten auf die oft "demütigenden" Kontrollen durch die "Menschenjäger vom BGS" hin - so die Aktion BBB. Der BGS in Aachen fühlt sich von der harschen Kritik "diffamiert".

Aachen war nicht zufällig Endstation der Aktion. Die Grenzstadt gilt als Hochburg von BGS-Kontrollen, da "Illegale" die Fernzüge aus Frankreich und Belgien zur Einreise nutzen. Nahm die Bundespolizei letztes Jahr im Bereich Aachen insgesamt 1 600 Illegalisierte fest, wurden laut BGS allein in der ersten Hälfte 2001 schon 1 700 "Illegale bei der Einreise erwischt". Auch Asylbewerber, die gegen die Residenzpflicht verstoßen und die ihnen von den Ausländerbehörden zugewiesenen Aufenthaltsorte verlassen, haben unter den Kontrollen zu leiden. Die Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei/CILIP stellte zur Auswertung von "ereignisunabhängigen Zugkontrollen 1997/98 in Bayern" fest, daß drei Viertel der Festgenommenen "Flüchtlinge im Asylverfahren oder Geduldete" waren, die gegen die Residenzpflicht verstoßen hatten.

Blieben sie anfangs noch gelassen, so KogamRa gegenüber jW, kontrollieren BGS-Beamte nun auch Mitarbeiter des Komitees und reagieren beim Rassismus- Vorwurf mit Androhung von Bußgeldern wegen Beamtenbeleidigung. Und die Bahn AG in Köln untersagte unlängst das Verteilen von Infomaterial auf ihrem Gelände.


Links

Kein Mensch ist illegal - Kölner Netzwerk
The VOICE e.V. Africa Forum, Human Rights Groups
Kein Mensch ist illegal - Forschungsstelle Flucht und Migration e.V., Berlin
Kein Mensch ist illegal - Wien
D.I.R. - Dokumentations- und Informationszentrum für Rassismusforschung, Marburg
Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.
Antirassistische Initiative Berlin e.V.
Antirassismusbüro Bremen
Büro antirassistischer Initiativen Kassel
Bürgerinitiative Asyl Regensburg
Verein für politische Flüchtlinge Münster
Zürcher Komitee zur Unterstützung der sans-papiers