Berlin-München, 1.- 4.2.2002 - Polizei verhindert die Fahrt zu Veranstaltungen anläßlich des Treffens der Welt-Kriegselite - Protest dagegenBilder

Platzverweis für Antimilitaristen

Wie die Polizei die Teilnahme an Protesten in München verhindert hat

Am 1. und 2. Februar 2002 fand in München die "Sicherheitskonferenz", früher "Wehrkundetagung" genannt statt. 400 Teilnehmer aus den reichen Ländern trafen die Verabredungen, welche Kriege sie in Zukunft führen wollen. Das Aktionsforum Berlin (ein breites Bündnis der Friedensbewegung) hatte in Berlin zur Teilnahme an den Aktionen in München aufgerufen und zwei Busse organisiert.. Nachdem die Demonstration auf dem Marienplatz verboten worden war, wollten wir wenigstens an der nicht verbotenen Veranstaltung im DGB-Gewerkschaftshaus in der Schwanthaler Str. am 2.2. um 18 Uhr teilnehmen.

Durchsuchung in Berlin

Schon vor der Abfahrt aus Berlin am 1. 2. um 23. 30 Uhr wurden die Teilnehmer und die zwei Busse 45 Minuten lang durchsucht. 3 Teilnehmern wurde die Mitfahrt verboten. Bei einem war der Ausweis abgelaufen. Die Personalien aller Teilnehmer wurden in einen Computer eingegeben.

Polizeieskorte

Bei der gesamten Hinfahrt wurden die beiden Busse aus Berlin von Polizei begleitet.

Kontrollstelle 505 vor München

Auf der Autobahn 9 kurz vor München wurden die Busse am 2. 2. um 8.50 Uhr von der Polizei gestoppt. Hier hatte die 13. Hundertschaft der Polizei aus Erding (Chef Schmidt, Einsatzleiter Karl) eine Kontrollstelle eingerichtet (Foto 1). Etwa 20 Polizeifahrzeuge standen dort.

Videoaufnahmen

Zwei Polizisten betraten den Bus. Einer hatte ein Megaphon und forderte die Insassen des Busses auf, keinen Widerstand zu leisten. Währenddessen ging sein Kollege durch den Mittelgang des Busses und nahm alle mit einer Videokamera auf (Foto 2).

Verbot des Platzwechsels

Den Teilnehmern wurde verboten, ihren Sitzplatz zu wechseln.

Durchsuchung der Fahrenteilnehmer

Die Teilnehmer mussten nun Der Reihe nach einzeln nach draußen, beginnend mit der ersten Reihe von links nach rechts, wobei die Polizei dadurch irritiert war, dass die Sitze nicht nummeriert waren. Jede(r) einzelne wurde per Video aufgenommen (Foto 5), musste den Ausweis abgeben. Danach erfolgt eine Leibesvisitation (Foto 3) und Durchsuchung des Gepäcks (Foto 4). Ich sagte zu den Polizisten: "Diese Untersuchung ist doch vollkommen sinnlos. Wir wurden doch in Berlin schon untersucht und hatten bis hier hin immer eine Polizeieskorte, so dass niemand unbeaufsichtigt aus- oder einsteigen konnte oder irgend welche Waffen einschmuggeln konnte." Der Polizist fragte mich darauf hin: "Wie lange hat den die Kontrolle in Berlin gedauert?" Ich: "45 Minuten". Er: "Bei uns dauert das länger". Das stimmte. Es dauerte drei Stunden.

Einpferchung der Durchsuchten

Jeder Durchsuchte musste sich auf einen abgesperrten Platz begeben und ihm wurde verboten woandershin zu gehen.

Durchsuchung des Busses ohne Zeugen

Dann kündigte der Einsatzleiter die Untersuchung des Busses an. Er verbot den Teilnehmern den Bus in dieser Zeit zu betreten. Wir protestierten, weil er dann Dinge entwenden oder uns unterschieben könnte. Unser Protest war erfolglos. Es passierte dann auch, dass die Polizei einen Hefter mit Organisationsunterlagen ohne Ankündigung mitnahm.

Beschlagnahmung von verbotenen Gegenständen

Nach der Durchsuchung wurde uns gezeigt, was sie beschlagnahmen müssten: 1) Ein Transparent gegen die NATO (Foto 6), 2) eine Sense aus Holz, Pappe und Alu-Folie, die wir für ein geplantes Straßentheater mitgenommen hatten.

Platzverweis für München

Der Einsatzleiter erklärte dann, dass die Polizei nicht glauben würde, dass wir wie angegeben zum nicht verbotenen Treffen im Gewerkschaftshaus in der Schwanthaler Str. wollten, sondern auf die verbotenen Demonstration. Deshalb erhielten wir für 24 Stunden einen Platzverweis für München. Wir hätten uns nun nach Norden zu entfernen. Die Busfahrer wiesen darauf hin, dass nunmehr ihre Lenkzeiten überschritten sind und sie 8 Stunden Pause machen müssten. Deshalb könnten sie nun nicht weiter fahren. Darauf schrieb der Einsatzleiter eine Ausnahmegenehmigung zum Weiterfahren auf die Scheibe des Fahrtenschreibers.

Polizeieskorte nach Greding

Die Polizei zwang uns darauf hin nach Greding zu fahren liegt etwa 120 km nördlich von München, direkt an der A9. Eigentlich wollten wir nach Nürnberg und uns dort mit den anderen Mitfahrern der anderen Busse, die aus Freiburg und Leipzig unterwegs waren zu treffen. Dadurch dass wir nach Greding gezwungen wurden, war dieses Treffen nicht möglich. Die Polizei wies die Fahrer an, sich ein Hotel in Greding zu nehmen. Das war mit Extrakosten verbunden, weil die Fahrer die vorbereiteten Schlafmöglichkeiten in München nicht nutzen konnten.

Androhung der Verhaftung bei Fahrt nach Süden

In Greding erschien ein 3-Sterne-Polizist mit einem Polizeiauto aus Nürnberg und erklärte uns, dass wir keinerlei Recht hätten, uns nach Süden zu bewegen. Jeder der dabei angetroffen werde, werde sofort festgenommen und komme in Gewahrsam. So waren wir gezwungen, uns von 15 Uhr bis Mitternacht in Greding aufzuhalten und abzuwarten bis unsere Busfahrer ihre Ruhezeiten eingehalten hatten. Die ganze Zeit wurden wir von Polizisten in mindestens drei Fahrzeugen überwacht. Schließlich fuhren wir um Mitternacht nach Norden los.

Umstellung des Gewerkschaftshauses in München

Über unsere Handys erfuhren wir, dass das Gewerkschaftshaus in München von der Polizei umstellt wurde. Nach Angabe des DGB war das die erste Umzingelung nach der Nazizeit.

Platzverweis für Nürnberg

Wir wollten in Nürnberg noch jemanden mitnehmen. Die Fahrt von der Autobahn nach Nürnberg wurde uns verboten. Es wurde also ein zweiter Platzverweis ausgesprochen. Die Polizei holten den Betreffenden aus der Innenstadt ab und brachte ihn zu unserem Bus.

Enorme Kosten

Wir notierten die Kennzeichen der Polizeifahrzeuge. Alleine für die Überwachung waren das rund 30. Dazu kamen die 20 Fahrzeuge der Kontrollstelle. Zusammen mit den Berliner Polizisten waren ca. 250 Polizisten am Wochenende unseretwegen im Sondereinsatz, um unsere verfassungsmäßig gewährleistete Meinungs- und Demonstrationsfreiheit zu unterbinden.

Protest vor der bayerischen Landesvertretung in Berlin

Am 4.2.2002 demonstrierten das Aktionsforum Berlin vor der bayerischen Landesvertretung in Berlin in der Behrensstr. (Fotos 7-12).

Hans-Peter Richter, Aktionsforum Berlin und Deutscher Friedensrat e.V., Email : A-HPR@t-online.de