Köln, 7.7.2002 - Christopher Street Day (4)
über Joseph Fischer und einige andere Aspekte am Mega-Tower West
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Bündnisgrüne Pressefreiheit

Aus einem Artikel von Emanuel Nahrstedt in 'junge Welt' vom 09.07.2002

Europride Köln: Proteste gegen Neonazis und Joseph Fischer. Restriktionen gegen linke Journalisten

Rund 50000 Lesben und Schwule haben am Sonntag an der Parade des dieses Mal in Köln veranstalteten Festivals Europride 2002 teilgenommen...

Auffällig für jeden Besucher war das dominante Auftreten von Bündnis 90/Die Grünen. Die gesamte grüne Schickeria hatte sich zum Abschluß der Parade auf der Hauptbühne am Heumarkt versammelt, um der Rede von Außenminister Joseph Fischer zu lauschen. Neben dem Bundestagsabgeordneten Volker Beck nahmen auch die Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller und die Grünen-Chefin Claudia Roth an der Veranstaltung teil.

Während Fischers Auftritt kam es zu einigen Zwischenfällen, als vornehmlich junge Antifaschisten ihn mit 'Kriegstreiber-' und 'Heuchler-Rufen' bedachten. Während der Rede wurden die akkreditierten Journalisten Eike Stedefeldt, Redakteur der vom Wissenschaftlich-humanitären Komitee (whk) herausgegebenen Zeitschrift Gigi, Claas Sudbrake (Radio Dreyeckland, Freiburg), Dirk Ruder (Pink Channel, Duisburg) und der jW-Korrespondent von privaten Sicherheitskräften und Mitarbeitern des Bundeskriminalamtes des Pressebereichs verwiesen. Die Anweisung hierzu erging klar von der Bühne herab von Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion und Bundessprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD), der unmittelbar neben dem Außenminister agierte. Pikanterweise handelt es sich bei den an der Berichterstattung Gehinderten durchweg um Personen, die derzeit zu Finanzskandalen der grünen Partei und des LSVD, deren personelle Verflechtung und ihre finanziellen Beteiligungen an Medienunternehmen recherchieren. (jW berichtete). Bereits am Samstag hatten sowohl Beck als auch eine grüne Pressesprecherin versucht, einen am Sonntag abend ausgestrahlten kritischen Beitrag des ZDF-heute-Journals zum Gesetz über die Gründung einer Magnus-Hirschfeld-Stiftung zu verhindern.

Für eine Stellungnahme zu den Vorfällen während der Fischer-Rede gegenüber jW war Volker Beck am Montag übrigens ebensowenig zu erreichen wie Jörg Ebel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Schwulenpolitik der Grünen, der den von der Pressebühne Vertriebenen gegenüber behauptet hatte, für diesen Bereich seien keine Printmedien zugelassen. Die Sicherheitskräfte setzten die Entfernung der vier durch, obwohl zwei von ihnen Rundfunkjournalisten waren.

... am Samstag protestierten mehr als 350 Antifaschisten gegen eine angemeldete Hetzkundgebung der rechtsextremen 'Bürgerbewegung Pro Köln', die jedoch kurz zuvor von deren Protagonisten Manfred Rouhs noch abgesagt worden war. In Beiträgen auf der antifaschistischen Kundgebung verurteilten sämtliche Redner, unter ihnen Eike Stedefeldt (whk) und Jörg Fischer (PDS), die von der Regierungskoalition aus SPD und Grünen beschlossenen deutschen Kriegseinsätze und forderten ein entschlossenes Eintreten gegen Neofaschisten und deren Wegbereiter aus dem bürgerlichen Lager.

Nicht wenige Teilnehmer der Kundgebung meinten, der Kölner CSD sei nur noch 'mit den Karnevalsveranstaltungen' im Rheinland vergleichbar. Eine Teilnahme aus politischen Gründen sei mittlerweile überflüssig. Nach Einschätzung eines Sprechers des whk-Ruhr haben die Organisatoren 'den deutschen Kriegsherren unter dem Deckmantel der Emanzipation und Toleranz' ein Forum geboten. Gleichzeitig seien sie in 'diktatorischer Manier gegen schwul-lesbische Kritiker dieses Kurses zu Felde gezogen'.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2002/07-09/012.php