Aus der Welt der Medien - über Pressefreiheit, Repression, Manipulation und andere Tendenzen |
Der Fall Panorama./.Wegner Über die Medienkampagne gegen Christel Wegner (DKP), Mitglied der Fraktion 'Die Linke' im niedersäschsischen Landtag, ausgelöst am 14.02.2008 durch die Sendung 'Panorama' im ARD-Fernsehprogramm 'Das Erste'
Am 14. Februar wird im ARD-Programm ein Panorama-Beitrag mit Sätzen aus einem Interview mit Christel Wegner, Mitglied der Fraktion 'Die Linke' im niedersächsischen Landtag, ausgestrahlt. Panorama legt ihr die Behauptung in den Mund, sie fordere die Wiedereinführung der Stasi. Das ist der Beginn einer Medien-Kampagne, die dazu führt, daß Christel Wegner vier Tage später aus der Fraktion 'Die Linke' ausgeschlossen wird. Der Vorgang im einzelnen:
Agenturmeldungen verbreiten sich wie die Pest Zu diesem Vorgang gibt es Stellungnahmen - auch aus den Reihen der 'Linken' - die sich die im Rahmen der Medienkampagne verbreiteten Positionen (und Unterstellungen) zu eigen machen. In einem Artikel der Tageszeitung 'Neues Deutschland' (ND) vom 22.2.2008 heißt es beispielsweise:
Oskar Lafontaine ausschließen? In diesem Zusammenhang sind folgende Fragen zu stellen:
Panorama macht Politik Christel Wegner bestreitet, das ihr Unterstellte gesagt oder gemeint zu haben. Als erwiesen kann angesehen werden, daß Christel Wegner selber Begriffe wie 'Stasi', 'Staatssicherheit' oder 'MfS' nicht in den Mund genommen hat. Träfe es zu, was über die Äußerungen Christel Wegners behauptet wird, ließe sich das anhand der kompletten Interview-Aufzeichnung nachweisen. Doch die Panorama-Redaktion weigert sich, die Aufzeichnung herauszugeben. Wir sehen: es ist Panorama über eine bezahlte Agenturmeldung gelungen, Politik zu machen - etwa nach dem Motto: "Unsere Aufgabe ist es, uns dienliche Informationen... zu verbreiten und sie an wohlüberlegte Zielgruppen weiterzuleiten... Wir werden nicht bezahlt, um zu moralisieren... es ist die erste Behauptung, die wirklich zählt. Alle Dementis sind völlig unwirksam." Wie es 1993 James Harff, Direktor der PR-Agentur Ruder Finn Global Public Affairs, formuliert hat. Ein Tipp für den Umgang mit den meinungsbeherrschenden Medien: Bei Interviews eine Ton-Aufzeichnung (unauffällig) mitlaufen lassen. So sind Manipulationen und damit verbundener Rufmord nachweisbar. Anhang Pressemeldung des NDR OTS, 14. Februar 2008 12:13 "Panorama": Niedersächsische Landtagsabgeordnete fordert Wiedereinführung der Stasi Hamburg (ots) - Christel Wegner, Fraktionsmitglied von "Die Linke" im niedersächsischen Landtag und Mitglied der DKP, hat die Wiedereinführung der Staatsicherheit gefordert. Wegner sagte gegenüber dem ARD-Politikmagazin "Panorama": "Ich denke..., wenn man eine andere Gesellschaftsform errichtet, dass man da so ein Organ wieder braucht, weil man sich auch davor schützen muss, dass andere Kräfte, reaktionäre Kräfte, die Gelegenheit nutzen und so einen Staat von innen aufweichen." ("Panorama": Donnerstag, 14. Februar, 21.45 Uhr, Das Erste.) Wegner, die als DKP-Mitglied auf der Liste der Linken kandidiert hat, setzte sich programmatisch deutlich von der Linken ab. "Die Linke möchte mit Reformen Veränderungen erreichen und wir sind der Auffassung: Das reicht nicht. Wir wollen den Umbau der Gesellschaft." Weiter sagte sie: "Die Macht des Kapitals kann nur dadurch überwunden werden, dass wir eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel bekommen." Wegner rechtfertigte neben der Staatssicherheit auch den Bau der Mauer. "Der Bau der Mauer war in jedem Fall eine Maßnahme, um zu verhindern, dass weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten. Einmal die Wirtschaft schädigen, indem sie billig eingekauft haben." Bei der anstehenden Wahl zur Hamburger Bürgerschaft kandieren mehrere DKP-Mitglieder mit ähnlich radikalen Positionen auf der Liste der Linken. Der Fraktionsvorsitzende von "Die Linke" im Bundestag, Gregor Gysi, hat gegenüber "Panorama" die westdeutschen Landesverbände dafür kritisiert, dass sie DKP-Mitglieder auf ihren Listen kandidieren lassen. "Ich hätte es anders entschieden, weil ich weiß, dass die (von der DKP, d.Red.) Positionen haben, die mit unseren nichts zu tun haben. Es gibt für uns keinen Weg zurück zur DDR. Es gibt für uns keinen Weg zur Verstaatlichung der Produktionsmittel. Und wenn einer eine andere Meinung hat und in der Fraktion ist, dann muss er eben überstimmt werden. Punkt um." Pressemeldung der Partei 'Die Linke' OTS, 14. Februar 2008 15:23 Pressestelle: Vorstand distanziert sich in aller Form Berlin (ots) - Zu den Äußerungen des auf Platz 9 der Liste der Partei DIE LINKE in den niedersächsischen Landtag gewählten DKP-Mitglieds Christel Wegner erklärt die Pressesprecherin des Parteivorstandes Alrun Nüßlein: Die Äußerungen des DKP-Mitglieds Christel Wegner sind inakzeptabel. Der Vorstand der Partei DIE LINKE distanziert sich davon in aller Form. Für DIE LINKE gilt ohne jede Einschränkung der vom Parteitag beschlossene Grundsatz: "Wir haben aus der Geschichte gelernt: Respekt vor den Ansichten Andersdenkender ist Voraussetzung von Befreiung. Wir lehnen jede Form von Diktatur ab und verurteilen den Stalinismus als verbrecherischen Missbrauch des Sozialismus. Freiheit und Gleichheit, Sozialismus und Demokratie, Menschenrechte und Gerechtigkeit sind für uns unteilbar." Auszüge (Christel Wegner betreffend) aus dem Manuskript des Beitrags "Auferstanden aus Ruinen - Die Wiedergeburt der DKP" aus der Panorama-Sendung vom 14.2.2008: [...] O-Ton Witwe Erlebach: „Ich finde das toll, dass es überhaupt noch Leute gibt, die uns wählen. Weil bisher haben wir immer 0,0 Prozent gehabt." Tatsächlich wären es wohl nur wenige Stimmen gewesen, die Christel Wegner gekriegt hätte, wenn sie in Niedersachsen mit der DKP angetreten wäre. Die Kommunistin hat es trotzdem in den Landtag geschafft. Als Mitglied der DKP kandidierte sie auf der Liste der Linken – der Deal: im Gegenzug rief die DKP zur Wahl der Linken auf - trotz klarer programmatischer Unterschiede. O-Ton Christel Wegner, DKP: „Die Linke möchte mit Reformen Veränderungen erreichen und wir sind der Auffassung: das reicht nicht. Die Macht des Kapitals kann nur dadurch überwunden werden, dass wir eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel bekommen." Zu deutsch: Enteignung der Unternehmen. Christel Wegner ist nicht das einzige DKP Mitglied, dem die Linken zu einem Mandat verholfen haben. Auf kommunaler Ebene haben es DKPler über die Liste der Linken in rund 20 Parlamente geschafft. [...] O-Ton Prof. Eckhard Jesse: „In der DKP sind die Hardliner geblieben, diejenigen, die nach wie vor der Auffassung sind, dass die DDR das Vorbild für Westdeutschland sein sollte. Die anderen haben sich zurückgezogen oder sind in die PDS, Die Linke, gegangen." So ist die Linke weiter mit der Vergangenheitsbewältigung als die DKP. In deren Parteiprogramm wird die DDR noch immer glorifiziert. So heisst es dort: „die DDR sei Teil des humanistischen Erbes in Deutschland." O-Ton Panorama: „Was haben Staatssicherheit und Mauertote mit humanistischem Erbe zu tun?"
O-Ton Christel Wegner, DKP: „Also jeder Staat versucht ja, sich sozusagen vor Angriffen von außen zu schützen."
Rechtfertigung der Stasi und der Mauer. Kein Wort zu den Opfern. Stattdessen schlägt die gewählte niedersächsische Landtagsabgeordnete die Wiedereinführung der Staatsicherheit vor, wenn nach der Revolution der Sozialismus wieder eingeführt wird.
O-Ton Christel Wegner, DKP: „Ich denke, dass wenn man eine andere Gesellschaftsform errichtet, dass man da so ein Organ wieder braucht, weil man sich auch davor schützen muss, dass andere Kräfte, reaktionäre Kräfte, die Gelegenheit nutzen, um so einen Staat von innen aufzuweichen." Wiedereinführung der Stasi, Verstaatlichung der Produktionsmittel, Solidarität mit Erich Honecker – wir konfrontieren Gregor Gysi damit, wen sich die Linke da für ein paar Stimmen mehr auf ihre Listen geholt hat. O-Ton Gregor Gysi, Fraktionsvorsitzender Die Linke: „Ich hätte es anders entschieden, weil ich weiß, dass die (von der DKP) Positionen haben, die mit unseren nichts zu tun haben. Es gibt für uns keinen Weg zurück zur DDR, es gibt für uns kein Weg zur Verstaatlichung aller Produktionsmittel, da wissen wir, wo das endet. Und wenn einer eine andere Meinung hat und in der Fraktion ist, dann muss er eben überstimmt werden. Punkt um." [...] Quelle: 'daserste.ndr.de/panorama' Persönliche Stellungnahme von Christel Wegner zur »Panorama«-Sendung vom 14.2.2008 Liebe Genoss/inn/en, liebe Freunde, zur Klarstellung und vorab in aller Deutlichkeit: Ich will nicht, wie es »Panorama« und die Presse formulieren, »die Stasi zurück«. Wer den Bericht in »Panorama« gesehen hat, hat bemerkt, es gab viele Schnitte. Meine Aussage im Interview bezog sich nicht auf die Stasi. Ich habe vielmehr gesagt, daß jeder Staat einen Geheimdienst hat und dies natürlich auch für einen sozialistischen Staat gilt. Im Anschluß hieran erfolgte dann die in »Panorama« gesendete Sequenz zum Thema »Staatssicherheit«. Ich gebe zu, ich bin in dieses Gespräch zu arglos hineingegangen. Dies tut mir leid. Auch als 60jährige Kommunistin muß man noch lernen. Es ist doch klar, daß es mir nicht darum geht, die Stasi wiederzubeleben, die Mauer neu zu bauen oder den Niedersachsen ihr Eigenheim zu enteignen. Gerade gegenwärtig mit der Werksschließung von Nokia, der Preispolitik der Energiekonzerne wird die Notwendigkeit deutlich, Konzerne dieser Größenordnung in Gemeineigentum zu überführen. Natürlich weiß ich, daß nur durch Entwicklung der Demokratie, durch das demokratische Engagement der Mehrheit der Menschen fortschrittliche Entwicklungen erreicht und gesichert werden können. Und im übrigen – die DKP hat schon immer die Auflösung der Geheimdienste gefordert. Das Ziel der Kampagne ist klar, es soll die Linke treffen, natürlich auch mich als Kommunistin. Es soll abgelenkt werden von den Skandalen um E.on, Siemens, Nokia und am Donnerstag passend Herrn Zumwinkel. Die Vereinbarung mit der Partei Die Linke war, daß ich das Landtagswahlprogramm vertrete. Daran habe ich mich gehalten und werde es auch künftig tun. Quelle: 'junge Welt' vom 20.2.2008 Erklärung des Vorsitzenden der DKP, Heinz Stehr, zum Ausschluß von Christel Wegner aus der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag: Die Landtagsfraktion 'Die Linke' in Niedersachsen hat Christel Wegner wegen ihrer Äußerungen in der TV-Sendung Panorama aus ihren Reihen ausgeschlossen. Nicht das Interview von Christel Wegner ist der Skandal. Skandalös war das zusammengestückelte antikommunistische Produkt von »Panorama«. Skandalös war, daß ihre Äußerungen auf die Versatzstücke »Stasi« und »Mauer« reduziert wurden. Denn daß weder Christel Wegner noch die DKP »Stasi« oder »Mauer« zurückhaben wollen, kann man durch einen Blick in das Programm der DKP erkennen. Für uns ist nur ein Sozialismus vorstellbar, der die breitestmögliche Entwicklung von Demokratie zur Vorraussetzung hat. Je mehr Menschen in lebendige demokratische Prozesse einbezogen sind, desto überflüssiger wird jede Form von Gängelung, Repression, Bespitzelung und Bevormundung, die mit sozialistischer Demokratie nicht zu vereinbaren ist. Nicht zuletzt deshalb bekämpfen wir alle Bestrebungen von Innenminister Schäuble, unser Land zu einem Überwachungsstaat auszubauen, demokratische Rechte zu eliminieren, Grundrechte einzuschränken und Gesinnungsjustiz zu praktizieren. Aber skandalös ist nicht nur die Berichterstattung von »Panorama«; skandalös sind auch die Reaktionen darauf. Unabhängig davon, ob die Äußerungen Christel Wegners im einzelnen richtig waren, zeigte das Folgende, daß es in diesem Land unmöglich sein soll, abweichende Positionen offen zu äußern. Wer Mitglied einer Kommunistischen Partei ist, steht von vornherein unter Verdacht, ist ein »Betonkopf«, ist »ewiggestrig«. In anderen Ländern Europas wird man den Kopf schütteln über diese »Demokratieauffassung«. Christel Wegner hat das Interview in guter Absicht gegeben. Sie hat dabei aus unserer Sicht Fehler gemacht. Sie hat sich inzwischen in einem Schreiben an den Landesvorstand der Linkspartei Niedersachsen geäußert und selbstkritisch Stellung bezogen. Von ihr wurde und wird der Rücktritt gefordert. Sie wurde jedoch in einem demokratischen Prozeß als Kandidatin aufgestellt und durch den Willen der Wählerinnen und Wähler in den Landtag gewählt. Es gab keine Täuschung der Wähler, denn sie hat nie verheimlicht, daß sie Mitglied der DKP ist. Wir ermutigen sie, das Mandat wahrzunehmen, denn die Kampagne gegen sozialistische und kommunistische Positionen und Personen ist nicht zufällig, sie wurde geplant und entsprechend gesteuert. Ich erinnere daran, daß die Linkspartei vom Verfassungsschutz der meisten Bundesländer – siehe deren Berichte – genauso bekämpft wird wie die DKP. Ich mache darauf aufmerksam. daß die CSU-nahe Hans-Seidel-Stiftung 2006 und 2007 Seminare und Analysen zur Bekämpfung der DKP durchgeführt hat und der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein seine Aschermittwoch-Show für Auseinandersetzungen mit der DKP nutzte. Bekannter ist, daß die CDU in Hessen drei Wochen vor der Wahl das Verfassungsschutzpamphlet »Das wahre Gesicht der Linkspartei« mit wahrheitswidrigen Informationen und Verleumdungen über die Partei Die Linke und die DKP veröffentlicht hat. Am 18. Februar 2008 beschloß die Fraktion »Die Linke« aufgrund des massiven Drucks der Medien und leider auch aus der Parteispitze, Christel Wegner aus der neu gebildeten Fraktion auszuschließen. Die Linke hat sich der Staatsdoktrin Antikommunismus gebeugt, doch ohne sich davon zu befreien, ist ein Politikwechsel nicht zu erreichen. Diese Entscheidung bedeutet für die Fraktion auch einen Verlust an notwendiger linker Solidarität und Souveränität. Der Fraktion ist zu wünschen, daß sie bei weiteren politischen Entscheidungen mehr politische Eigenständigkeit und mehr Stehvermögen beweist, konsequent für ihr Landtagswahlprogramm mit möglichst vielen Kräften gemeinsam einzutreten. Quelle: 'junge Welt' vom 20.2.2008 Christel Wegner im Gespräch mit Claudia Wangerin, 'junge Welt': »Mein Ausschluß stand schon vor der Ausstrahlung fest« - Nach »Panorama«-Lüge: DKP-Landtagsabgeordnete behält Mandat und sucht solidarische Zusammenarbeit mit der Linken. - Christel Wegner ist fraktionslose Abgeordnete des niedersächsischen Landtags und Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Sie wurden in den Medien als »Stasi-Fan« bezeichnet und von der Linksfraktion im niedersächsischen Landtag ausgeschlossen, weil Sie in einem Interview in der ARD-Sendung »Panorama« gesagt haben, beim Aufbau einer anderen Gesellschaftsform brauche man ein Organ zum Schutz gegen reaktionäre Kräfte. Wie lange hat dieses Interview in Echtzeit gedauert? Sicher eine Stunde. Gesendet wurden wenige Sätze. Über welche Themen außer die DDR und die Frage der Sicherheitsdienste in einer sozialistischen Zukunftsgesellschaft hatten Sie sich noch geäußert? Über die programmatischen Unterschiede der Partei Die Linke und der DKP, und warum wir trotzdem zur Wahl der Partei Die Linke aufrufen: Weil wir die tagespolitischen Forderungen in deren Sofortprogramm teilen. Niemand von uns hat die Forderung nach mehr Geheimdienst aufgestellt – weder unter dem Namen »Stasi« noch nach den Vorstellungen von Bundesinnenminister Schäuble. Eine Gesellschaft, die ganz ohne Geheimdienste auskommt, ist natürlich auch das Ideal der DKP: eine sozialistische Demokratie, in der die Menschen so in die Entscheidungsprozesse eingebunden sind, daß sich jede Form von Bevormundung erübrigt. Aber das ist eine sehr weit entfernte Gesellschaftsform, die ich nicht mehr erleben werde. Hat man Ihnen vor dem Interview gesagt, daß Sie keinen Einfluß auf den Zusammenschnitt nehmen können? Nein. Nach dem Gespräch haben mein Mann und ich darum gebeten, daß wir den Beitrag vor der Ausstrahlung sehen können. Daraufhin sagte uns die »Panorama«-Reporterin nur, es gebe ja schließlich Pressefreiheit. Gab es für Sie seitens der Partei Die Linke eine Vorbereitung auf den Umgang mit Medien, die einem nicht freundlich gesonnen sind? Nein. Darüber bin ich nachträglich schon etwas verwundert. In einer Fraktionsbesprechung hatte ich über meine Erfahrungen mit der Lokalpresse berichtet und wurde darin bestärkt, diesen Umgang zu pflegen. Auch von Leuten mit viel Medienerfahrung kam kein Einwand. Es wurde auch keine Hilfestellung angeboten. Und der Fraktionsvorsitzende Manfred Sohn wußte von dem »Panorama«-Interview. Warum haben Sie sich nach der Sendung so spät geäußert? Nach der dpa-Meldung über meinen angeblichen Ruf nach einer neuen »Stasi« wurde mir von Vertretern der Partei Die Linke geraten, mich bis zur Hamburger Bürgerschaftswahl nicht mehr öffentlich zu äußern. Daran konnte ich mich aber nicht mehr halten, als ich in der Öffentlichkeit so zerrissen wurde und Politiker der Linken noch nachgetreten haben – allen voran Gregor Gysi mit der Theorie, ich sei vom Verfassungsschutz gesteuert. Ihr ehemaliger Fraktionsvorsitzender hat Ihren Ausschluß gegenüber unserer Zeitung damit begründet, daß Sie ja Rechtsmittel gegen die »Panorama«-Sendung einlegen könnten, wenn Sie sinnentstellend zitiert worden wären. Was halten Sie davon? Über die Erfolgschancen habe ich mich informiert. Bestenfalls würde in einer »Panorama«-Sendung eine Richtigstellung in zwei Sätzen erfolgen. Das lohnt sich nicht wirklich und würde auch an meinem Fraktionsausschluß nichts ändern, denn der stand schon vor Ausstrahlung der »Panorama«-Sendung fest, als die dpa-Meldung herauskam, ich hätte eine neue »Stasi« gefordert. Da wurde mir bereits gesagt, ich solle mein Mandat zurückgeben. Sie haben Ihr Mandat behalten. Wieviel Nerven braucht man als fraktionslose Abgeordnete nach einer solchen Kampagne? Natürlich habe ich mir über die Anwürfe, die es mit Sicherheit geben wird, Gedanken gemacht. Aber das muß man erst einmal erleben, um zu sehen, wie man damit klarkommt – ich will jedenfalls den Versuch wagen, meine Arbeit im Landtag trotzdem zu machen. Was sagen Sie zum Vorwurf der Wählertäuschung durch DKP-Mitglieder auf Linkspartei-Listen? Der Vorwurf ist abwegig. In meinem Wahlkreis bin ich als Direktkandidatin aufgetreten und in der Lokalpresse als Kandidatin für Die Linke, aber auch als DKP-Mitglied vorgestellt worden. Das ist hier auch kein allzu großer Ort; und ich wohne hier in Buchholz seit Jahrzehnten. Während des Wahlkampfs kamen an den Infoständen oft Menschen vorbei, die sich über die Zusammenarbeit der Partei Die Linke mit der DKP freuten. Wird auf dem DKP-Parteitag am Wochenende über die weitere Zusammenarbeit mit der Partei Die Linke diskutiert? Das wird sicher auf dem Parteitag eine Rolle spielen. Wir bewerten getrennt, was man von der Reaktion der Parteispitze hält und wie man auf regionaler Ebene zusammenarbeiten kann. Wir wollen das weiterhin solidarisch tun. Quelle: 'junge Welt' vom 21.2.2008 Auszug aus einem Interview mit Christel Wegner (DKP), Landtagsabgeordnete in Niedersachsen, unsere zeit - Zeitung der DKP, 1. Februar 2008 UZ: In unserem letzten Gespräch hast du darauf hingewiesen, dass es fast 50 Jahre her ist, dass Kommunisten - die beiden Genossen Ludwig Landwehr und Heinz Zscherpe - im niedersächsischen Landtag saßen. Macht das nicht richtig Lust auf die Arbeit? Christel Wegner: Allerdings! Die bürgerliche Presse beißt sich ja jetzt schon genüßlich in das Thema "DKP-infiltrierte Linke" hinein, da sie natürlich nicht dafür bezahlt werden, sich inhaltlich mit uns oder der DIE LINKE auseinander zu setzen. Und ich freue mich diebisch, sie durch die öffentliche Benennung meiner Parteizugehörigkeit oder ehemaliger Parteiangehöriger gezwungen zu haben zu beweisen, dass es eben in dieser Gesellschaft auch noch die marxistische DKP in diesem Land gibt, die sie so gern totschweigen. Quelle: 'dkp-online.de/uz' Analyse von Dietmar Koschmieder: Wahrheit ist konkret - Der Fall Christel Wegner zeigt, wie aus einer Pressemitteilung eine politische Kampagne wird Daß auch professionelle Medien gelegentlich erstaunlich oberflächlich mit Themen umgehen, ist kein Privileg von Boulevardblättern. Auch die sogenannte Qualitätspresse schafft das immer wieder. So ist es eigentlich verpönt, Pressemitteilungen ungeprüft zu übernehmen. Wenn dann aber statt einer Überprüfung und Bewertung die Inhalte weiter unsachgemäß zugespitzt werden, ist das in der Regel nicht nur mangelnde Professionalität. Vielmehr steckt da oft gewollte politische Einflußnahme dahinter. Daß das wunderbar funktioniert, selbst wenn es eigentlich leicht zu durchschauen ist, zeigt das Beispiel um die Äußerungen der niedersächsischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner. Werdegang einer Meldung Am Donnerstag, 14. Februar, geht um 12.13 Uhr eine Pressemeldung der Panorama-Redaktion über die Nachrichtenbildschirme aller wichtigen Redaktionen. Die höheren Weihen einer Agenturmeldung erlangte die Mitteilung nicht aufgrund der Entscheidung eines Redaktionsteams, sondern durch Bezahlung. Es handelt sich um eine Pressemitteilung eines Fernsehsenders, der gegen Mitbewerber um Quote kämpfen muß und der deshalb für die Verbreitung seiner Meldung Geld ausgibt. Diese Meldung erscheint also auch aus Marketinggründen. Über den Inhalt solcher Tickermeldungen entscheidet derjenige, der bezahlt. Er darf auch den reißerischen Aufmacher formulieren: »Panorama: Niedersächsische Landtagsabgeordnete fordert die Wiedereinführung der Stasi«. Dann wird im Text nochmals behauptet, die Landtagsabgeordnete Christel Wegner habe die Wiedereinführung der Stasi »gefordert«. Obwohl Frau Wegner genau dies an keiner von Panorama dokumentierten Stelle gefordert hat. Bei den entscheidenden Passagen der Presseerklärung und später auch im gesendeten Panorama-Beitrag handelt es sich noch erkennbar um Interpretationen (unfreundlicher formuliert: um Unterstellungen) der Panorama-Redaktion. Erst jetzt wird Frau Wegner in der Presseerklärung zitiert: »Ich denke ... wenn man eine andere Gesellschaftsordnung errichtet, daß man da so ein Organ wieder braucht, weil man sich auch davor schützen muß, daß andere Kräfte, reaktionäre Kräfte die Gelegenheit nutzen und so einen Staat von innen aufweichen.« Nicht zitiert wird in der Mitteilung die Frage, die ihr zuvor gestellt wurde. Zudem werden diese Aussagen Wegners unvollständig bzw. aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben. So fehlt in der Presseerklärung der vorangehende einordnende Satz, der erst Stunden später im Fernsehbericht zu hören ist: »Also jeder Staat versucht ja, sich sozusagen vor Angriffen von außen zu schützen.« Dafür sind eine Reihe von Aussagen, die noch in der Presserklärung stehen, später in der Panoramasendung nicht dokumentiert. Auch mehr als zwei Drittel der »weiteren Zitate von Christel Wegner«, die vom Sender unter panorama.de der Öffentlichkeit parallel zur Presseerklärung zur Verfügung gestellt werden, finden sich nicht im gesendeten Beitrag. Auch bei diesen Zitaten werden die Fragen nicht konkret genannt, ist der Kontext des Gespräches nicht nachvollziehbar. 281 Worte werden hier von Frau Wegner zitiert, in der Sendung kommen davon lediglich 76 vor. Aber nur die gesendeten Worte sind wenigstens einigermaßen einzuordnen. In den ersten und entscheidenden Reaktionen können sich aber Medien und Politiker ausschließlich auf die Pressemitteilung und die willkürlich ausgewählte Zitatensammlung beziehen. Um den Vorgang tatsächlich abschließend bewerten zu können, müßte das komplette Interview mit Frau Wegner zur Verfügung stehen. Das aber will Panorama bis heute nicht herausgeben. Eine entsprechende Nachfrage eines Zuschauers wurde abgewimmelt mit der Begründung, »Sie müssen uns als seriösem politischen Magazin schon glauben«. Auch der Redaktion dieser Zeitung wurde das Interview auf Nachfrage nicht zur Verfügung gestellt. Der Text werde grundsätzlich nicht herausgegeben, auch nicht an den BND, nicht einmal die Fragen, teilte der Redakteur der Sendung, Ben Bolz, der jungen Welt gestern mit. Diese bezahlte Meldung wird dann wenig später von anderen Agenturen übernommen und »weiterentwickelt«: Um 13.02 Uhr meldet beispielsweise die Nachrichtenagentur ddp unter der Überschrift: »Linke-Abgeordnete fordert die Wiedereinführung der Stasi«: »Die niedersächsische Landtagsabgeordnete der Linkspartei Christel Wegner hat die Wiedereinführung der Staatssicherheitsbehörde aus DDR-Zeiten gefordert. Dem ARD-Politikmagazin Panorama sagte sie, daß man ein Organ wie die Stasi brauche, um sich gegen reaktionäre Kräfte zu schützen«. Was zuvor noch Interpretationshilfe der Panoramaredaktion war, ist nun plötzlich die Originalaussage von Frau Wegner, der in indirekter Rede unterstellt wird, sie habe die »Wiedereinführung der Stasi aus DDR-Zeiten gefordert«. Nur ein weiteres Beispiel von vielen: Die Agentur AFP meldet um 15.21 Uhr unter der Überschrift »Abgeordnete der Linksfraktion will die Stasi zurück«. In der gleichen Meldung wird berichtet, daß Petra Pau und Gregor Gysi sich von den Äußerungen distanzieren. AP informiert um 16.05 Uhr unter der Überschrift »Landtagsabgeordnete für neue Staatssicherheit«, daß die Fraktion der Linken im niedersächsischen Landtag Frau Wegner aufgefordert habe, ihr Mandat niederzulegen. »Die Linke wolle niemanden in ihren Reihen, der sich nicht zur Rechtsstaatlichkeit bekenne, begründete der niedersächsische Linke-Vorsitzende Dieter Dehm die Aufforderung zum Rücktritt.« »Es kann mit uns keinerlei Rechtfertigung für die Verbrechen der Staatssicherheit geben«, berichtet ddp um 17.16 Uhr. Dehm ist Politprofi genug um zu wissen, daß die bis dahin zugänglichen Texte eine solche Vorverurteilung von Christel Wegner nicht rechtfertigen können. Was dann die bürgerlichen Medien in den darauffolgenden Stunden und Tagen gemacht haben, konnte jeder nachvollziehen. Auch Zeitungen mit linkem Image beteiligten sich am Kesseltreiben gegen Frau Wegner. »Stasi hat doch noch Freunde«, titelt die taz, Frau Wegner fordere die Wiedereinführung der Stasi, »man brauche so eine Art Stasi«, wird sie in indirekter Rede zitiert. Am 20. Februar lobt der Chefredakteur des Neuen Deutschland, Jürgen Reents im Kommentar dann das flotte und eindeutige Reagieren der Partei Die Linke. Frau Wegner war am 18. Februar, vier Tage nach Veröffentlichung der Pressemitteilung von Panorama, einstimmig aus der Fraktion der Linken ausgeschlossen worden, ohne daß einem der Entscheider das Originalinterview vorlag. Das findet ND-Chefredakteur Reents ganz toll: Flotter sei Die Linke gewesen als die CDU »in der Affäre um die antisemitischen Äußerungen ihres Abgeordneten Martin Hohmann (...), und flotter als seinerzeit die Grünen, die (...) dem Bundestag (beinahe) ein früheres NSDAP- und SA-Mitglied als Alterspräsidenten« serviert hätten. Kein einmaliger Vorgang Daß sich niemand in der »seriösen« bürgerlichen Presse gefunden hat, den Vorgang nüchtern zu analysieren, ist leider kein einmaliger Vorgang. Erinnert sei an das sensationelle Medienecho auf die persönlichen Worte, die der seit vielen Jahren inhaftierte politische Gefangene Christian Klar zur Einschätzung der politischen Situation an die Rosa-Luxemburg-Konferenz vor einem Jahr gerichtet hat. Zum Medienhype wurden sie erst Tage nach ihrer Veröffentlichung, als sich das ARD-Nachrichtenmagazin Report aus Mainz und danach viele Medien ihrer angenommen hatten. Oder an die Berichterstattung zu den Aktionstagen rund um den G-8-Gipfel in Heiligendamm, nach der Rostock scheinbar in Schutt und Asche versank. Nachvollziehbar auch, daß die Rechten in der Linken so eine Gelegenheit nutzen, um die Pflöcke in der innerparteilichen Diskussion ordentlich nach rechts zu verschieben. Was aber ist von einer Linken zu halten, die sich von der Rechten und den Medien so vor sich hertreiben läßt und weder zu einer präzisen Analyse des Vorgangs in der Lage noch ein Mindestmaß an solidarischem Umgang zu zeigen bereit ist? Deren Vertreter die Parole ausgeben »Klappe halten bis nach der Wahl«, obwohl jeder weiß, daß nach der Wahl vor der Wahl ist? Bedenklicher ist jedoch: Bisher waren für die Verunglimpfung von Marxisten und Kommunisten vor allem Rechte und der Verfassungsschutz zuständig. Man ging mit dem sogenannten Radikalenerlaß gegen all jene vor, die es wagten, die Eigentumsverhältnisse grundsätzlich in Frage zu stellen und die in der DDR trotz ihrer Mängel und Fehler das andere, das bessere Deutschland sahen. Daß so ein Erlaß in der Partei Die Linke praktiziert werden könnte, betrifft auch diese Zeitung. Denn sie nimmt diese inkriminierten Standpunkte ebenfalls ein, weshalb ihr einige gerne auch das »Mandat« entziehen würden. Quelle: 'junge Welt' vom 23.2.2008 Angaben zu den Autoren des Panorama-Beitrags Tamara Anthony [Autorin]: Studium der Geschichtswissenschaften, Journalistik und Öffentliches Recht in Hamburg und Jerusalem. Ab 2003 freie Mitarbeiterin bei den ARD-Tagesthemen und dem ARD-Nachtmagazin. 2004 Aufbaustudium EU-Politik in Brügge/Belgien und Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Buches [Ins Land der Väter oder der Täter? Israel und die Juden in Deutschland nach der Schoah]. Nach dem NDR Volontariat seit Januar 2006 Autorin bei Panorama. Ben Bolz [Redakteur]: Studium der Volkswirtschaftlehre an der TU-Berlin, 1991 freier Mitarbeiter beim SFB-Fernsehen. 1995 Volontariat beim NDR, danach fester freier Mitarbeiter bei "Extra 3" und "Kulturjournal". 1998 Redakteur bei "Extra 3". 2001 konzeptionelle Mitentwicklung des Medienmagazins "Zapp", danach Redakteur bei "Zapp". Seit Februar 2006 Redakteur bei Panorama. Quelle: 'daserste.ndr.de/panorama' Panorama-Beiträge, an denen Tamara Anthony und/oder Ben Bolz bezeiligt sind: Verdrehen und verschweigen - der Politikstil des Oskar Lafontaine Sendung vom 26.07.2007 Er ist ein guter Redner, kann Menschen begeistern und treibt als Vorsitzender der Linkspartei die Sozialdemokraten mit Freuden vor sich her. Oskar Lafontaine. Doch wie glaubwürdig ist der Politiker, der dem kleinen Mann alles verspricht und den Sozialismus als Lösung aller Probleme propagiert? Was ist dran an seinen großen Worten, wenn er den Papst indirekt als Kronzeugen für den Sozialismus benutzt? Oder wenn er eine OECD-Studie verdreht, um Kurt Beck vorzuwerfen, Deutschland habe von allen Industriestaaten die größte Altersarmut? Oder wenn er immer wieder betont, die rot-grüne Regierung habe die Außenpolitik militarisiert - einer der Hauptgründe für seinen Rücktritt 1999. Verdrehen, verschweigen, auf dem linken Auge blind: Panorama über den Demagogen Oskar Lafontaine. Quelle: 'daserste.ndr.de/panorama' Der vergessene Streik - ver.dis absurde Aktionen Sendung vom 11.05.2006 Seit drei Monaten kämpft ver.di jetzt schon gegen die 40-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst, am Anfang noch medienwirksam und erfolgreich, beispielsweise bei Müllabfuhr und Kindertagesstätten. Doch nach der Einigung mit den kommunalen Arbeitgebern steht die Dienstleistungsgewerkschaft auf Länderebene als zahnloser Tiger da. Denn in diesen Betrieben gibt es nur wenige ver.di-Mitglieder. So streiken etwa in der Straßenmeisterei im niedersächsischen Nordhorn gerade mal zwei einsame Mitarbeiter. Im Stuttgarter Zoo sind einzelne Beschäftigte monatlich drei bis vier Tage im Ausstand. In Zwickau haben ver.di-Kämpfer ihren Arbeitskampf bei der Straßenmeisterei zunächst einmal frustriert unterbrochen. Stell Dir vor es ist Streik - und keiner merkt es. Panorama über das letzte Aufgebot von ver.di im Kampf gegen die 40-Stunden-Woche. Quelle: 'daserste.ndr.de/panorama' Hauptsache dagegen - Der Protest gegen den G8-Gipfel Sendung vom 24.05.2007 Sie fordern den "Kampf gegen die neue Weltordnung", nennen das Gipfeltreffen eine Versammlung "einiger weniger abgekapselter Tyrannen" und werben für die "Globalisierung von unten". Seit Wochen mobilisieren G8-Gegner den Protest. Doch ob Fahrrad Konvoi, Clown-Aktion oder Blockade Training - was wollen die Demonstranten wirklich? Viele wissen es anscheinend selbst nicht ganz genau - Hauptsache dagegen. Quelle: 'daserste.ndr.de/panorama' |