Politische Morde und Fälle, bei denen ein politischer Mord nicht auszuschliessen ist

Alfred Herrhausen
Am 30.11.1989 durch Unbekannte ermordet

Am 30. November 1989 wird der 1930 in Essen geborene Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in seinem Wohnort Bad Homburg ermordet. Die Täter sind unbekannt.

Grabstätte von Alfred Herrhausen in Bad Homburg

Auf seltsame Weise greifen alle Sicherungsmaßnahmen ins Leere: Fahndungskonzept, Personenschutz, gepanzertes Fahrzeug, Erste-Hilfe-Maßnahmen des Begleitkommandos; über die Medien wird verbreitet (bereits eine halbe Stunde nach dem Mord ist dies klar), das Attentat sei von der 'Rote Armee Fraktion' (RAF) verübt, der Generalbundesanwalt erklärt, er wisse definitiv, wer die Täter sind.

Alfred Herrhausen geht 1952 zur Ruhrgas AG, 1955 zu VEW, 1969 zur Deutschen Bank, wird dort 1971 Vorstandsmitglied, 1985 neben F.W. Christians einer der beiden Vorstandssprecher, 1988 nach Ausscheiden von F.W. Christians alleiniger Vorstandssprecher, erreicht 1988 bezogen auf den Gesamtkonzern ein Geschäftsvolumen von 309 Milliarden DM.

Er besitzt neun Auftsichtsratsmandate, als Aufsichtsratsvorsitzender bei Daimler-Benz managt er die Fusion mit den Rüstungsbetrieben MBB, kauft die 'Banca d'America e d'Italia' in Italien, die 'Banco Commercial Transatlantico' in Spanien, gründet Auslandsstützpunkte in Frankreich, England, Japan und den USA.

Er schlägt 1987 bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF vor, über einen Schuldenerlaß für besonders verschuldete Länder der Dritten Welt nachzudenken. Britische, japanische und US-Banker wie auch die deutsche Konkurrenz sind entsetzt. Die Deutsche Bank wäre für den Fall des Schuldenerlasses weitgehend abgesichert, für die Banken der USA wäre es der Ruin. "Nimm den nächsten Hubschrauber und verlasse Washington, du wirst hier abgeschossen", schildert er selbst später sein Empfinden nach seiner Rede.

Er äußert 1989 die Absicht, zwecks Einflußnahme auf die neu entstehenden osteuropäischen Staaten, eine 'Europäische Entwicklungsbank' zu gründen, gerät damit in Konkurrenz zur US-Wirtschaft.

Er bringt am 27. November 1989 die Übernahme der britischen Investmentbank Morgan Grenfell zum Abschluß (Kaufpreis: 2,7 Milliarden DM), dringt damit in das internationale Investmentgeschäft ein, das von japanischen und vor allem von US-Banken beherrscht ist.

CIA-Direktor William Webster erklärt im September 1989: "Wirtschaftsfragen sind bereits ein Schlüsselbereich unserer Außenpolitik und unserer Aufgaben bezüglich der nationalen Sicherheit... Dazu gehören die Schulden der Dritten Welt, Handelsungleichgewichte und rasante technologische Entwicklungen."

Josef Ackermann am 13.5.2010 im ZDF

Josef Ackermann, späterer Chef der Deutschen Bank, wird am 13.5.2010 in der ZDF-Talkshow-Sendung 'Maybrit Illner' nach einer Einspielung über Herrhausens Ambitionen in Sachen Schuldenerlaß und über dessen gewaltsamen Tod - in Verbindung mit der so genannten Finanzkrise der vergangenen Jahre - gefragt: "Herr Ackermann, Sie sind auch Chef des Internationalen Bankenverbandes. Hätten Sie eine solche Forderung nicht einfach stellen können an all Ihre Kollegen, die richtig sauber aus dieser Krise herausgekommen sind?" Ackermann antwortet: "Ich glaube, es wäre mir genauso gegangen wie Herrn Herrhausen..."



Quellen:

Munzinger Archiv

Gerhard Wisnewski/Wolfgang Landgraeber/Ekkehard Sieker, Das RAF-Phantom - Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen, Knaur 1993, Seite 96ff

Hörfunkfeature 'Wir wissen definitiv, wer die Täter waren' - Das Attentat auf Alfred Herrhausen - Rekonstruktion einer Irreführung, Koproduktion DLF/SFB/SR/WDR, gesendet von WDR5 am 18.2.1997, Autor: Paul Kohl, Verantwortlicher Redakteur: Ansgar Skriver

Artikel "Ich glaube, es wäre mir genauso gegangen wie Herrn Herrhausen" von Thomas Immanuel Steinberg vom 22.7.2010 (steinbergrecherche.com/09diktatur.htm#Ackermann) - siehe auch Anhang

Video-Mitschnitt der ZDF-Sendung 'Maybrit Illner' vom 13.5.2010 (zdf.de)




Anhang

"Ich glaube, es wäre mir genauso gegangen wie Herrn Herrhausen" - Artikel von Thomas Immanuel Steinberg vom 22.7.2010

„Ich glaube, es wäre mir genauso gegangen wie Herrn Herrhausen“, antwortete Josef Ackermann auf Maybrit Illners Frage, warum er nicht für einen Schuldenerlaß bei zahlungsunfähigen Ländern plädiert habe. Alfred Herrhausen, damals Chef der Deutschen Bank wie heute Ackermann, hatte 1989 für den Erlaß zum Beispiel der mexikanischen Schulden plädiert. Er wurde am 30. November 1989 von einer Bombe zerfetzt. Die Bombenleger wurden nie ermittelt.

Illner hatte in der ZDF-Sendung vom 13. Mai 2010 Ackermann ihre Frage gestellt, unmittelbar nachdem beide, ebenso wie das Fernsehpublikum, einen vorgefertigten Bericht über Herrhausen gesehen hatten, der schließt:
    Welch Tabubruch! Beifall der Schuldnerländer, wütende Proteste seiner Bankkollegen. Doch Herrhausen läßt sich nicht beirren. Es handele sich um eine dauerhafte Zahlungsunfähigkeit. Diese kann nicht durch eine Erhöhung der Schulden gelöst werden. 1989 wird Alfred Herrhausen von Terroristen ermordet. Doch sein Plan wird später in der Argentinienkrise umgesetzt. Daimler-Chef Edzard Reuter resümiert: "Herrhausen war seiner Zeit um zehn, fünfzehn Jahre voraus."

    Video, Minute 12:36 bis 13:55, Musik bis 13:57
Darauf Illner mit der Frage:
    Herr Ackermann, Sie sind auch Chef des Internationalen Bankenverbandes. Hätten Sie eine solche Forderung nicht einfach stellen können an all Ihre Kollegen, die richtig sauber aus dieser Krise herausgekommen sind?

    Video, Minute 13:58 bis 14:07
Ackermann:
    Ja, ich glaube, es wäre mir genauso gegangen wie Herrn Herrhausen...

    Video, Minute 14:07 bis 14:10
Wer genau die Terroristen geschickt hat, das dürfte Ackermann auch nicht wissen, aber man könnte ihn wenigstens fragen. Ein Staatsanwalt zum Beispiel.

Immer mal wieder wird einer umgelegt, weil er aus der Reihe getanzt ist. So ist das halt in unserer Demokratie, in der die Bourgeoisie diktiert. Doch bislang wurde Ackermanns erhellende Erkenntnis von keinem Mainstream-Medium aufgegriffen. Das ist das eigentlich Erhellende.


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